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Roepell, Richard: Polen um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Gotha, 1876.

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tage gesandt hatte, mit ihren polnischen Freunden überein,
daß ein Landbote den Zutritt der Republik zu dem Peters-
burger Vertrage fordern, ein andrer dem Antrage widersprechen
und die Activität des Reichstages dadurch hemmen solle. Für
diese Rollen waren die betreffenden Landboten bereits gefunden,
als unerwartet der Gesandte Rußlands öffentlich erklärte, er
habe keine Instruction, über ein Bündniß mit der Republik
zu verhandeln. Die Opposition hielt auch diese Erklärung für
ein Scheimanoeuvre der Czartoryski, mußte aber nun ihren
Schlachtplan ändern 1). Schon vorher, am 16. Oct., hatten
die Landboten Swidzenski und Chajecki die Activität des
Reichstages gehemmt, indem sie verschiedene Klagen gegen
den König vorbrachten, namentlich in Betreff der Ver-
leihung der Warschauer Starostei an Brühls Sohn, der
als Protestant von diesem Amt gesetzlich ausgeschlossen sei: am
24. Oct. aber sprengte der Landbote von Sochaczew, Morski,
den Reichstag durch ein im Grod eingereichtes Manifest,
in welchem er den König persönlich die Ursache alles Übels in
der Republik nannte und ihn offen des Bruches der Pacta
conventa
beschuldigte 2).

Allein die Czartoryski und ihre Freunde waren bereits für
diesen Ausgang des Reichstages gerüstet 3). Sie hatten ganz
in der Stille und im Einverständniß mit den Gesandten Ruß-
lands und Englands ein Manifest vorbereitet, welches ihnen den
Weg zu einer Conföderation bahnen sollte. In diesem Manifest,
dessen Eingang und Schluß in Form und Styl an eine Conföde-

1) Maltzahn, Bericht vom 26. und 30. Septbr., 10., 21. und
24. October.
2) Das polnische Staatsrecht unterschied die Hemmung der Activität des
Reichstages von der Zerreißung. Die erstere wurde durch die Erklärung
eines Mitgliedes, es gäbe die fernere Berathung nicht zu, so lange nicht die von
ihm in Anregung gebrachte Frage entschieden sei, herbeigeführt, hob aber nicht
die früher gefaßten Beschlüsse auf, und konnte jederzeit wieder beseitigt
werden. Die Zerreißung erfolgte erst durch die ausdrückliche Erklärung
eines oder mehrerer Landboten, daß sie gegen die Gültigkeit aller Be-
schlüsse, der vorausgegangenen so wie der etwa noch folgenden protestirten.
3) Stanislaw August, Pam., p. 78.

tage geſandt hatte, mit ihren polniſchen Freunden überein,
daß ein Landbote den Zutritt der Republik zu dem Peters-
burger Vertrage fordern, ein andrer dem Antrage widerſprechen
und die Activität des Reichstages dadurch hemmen ſolle. Für
dieſe Rollen waren die betreffenden Landboten bereits gefunden,
als unerwartet der Geſandte Rußlands öffentlich erklärte, er
habe keine Inſtruction, über ein Bündniß mit der Republik
zu verhandeln. Die Oppoſition hielt auch dieſe Erklärung für
ein Scheimanoeuvre der Czartoryski, mußte aber nun ihren
Schlachtplan ändern 1). Schon vorher, am 16. Oct., hatten
die Landboten Swidzenski und Chajecki die Activität des
Reichstages gehemmt, indem ſie verſchiedene Klagen gegen
den König vorbrachten, namentlich in Betreff der Ver-
leihung der Warſchauer Staroſtei an Brühls Sohn, der
als Proteſtant von dieſem Amt geſetzlich ausgeſchloſſen ſei: am
24. Oct. aber ſprengte der Landbote von Sochaczew, Morski,
den Reichstag durch ein im Grod eingereichtes Manifeſt,
in welchem er den König perſönlich die Urſache alles Übels in
der Republik nannte und ihn offen des Bruches der Pacta
conventa
beſchuldigte 2).

Allein die Czartoryski und ihre Freunde waren bereits für
dieſen Ausgang des Reichstages gerüſtet 3). Sie hatten ganz
in der Stille und im Einverſtändniß mit den Geſandten Ruß-
lands und Englands ein Manifeſt vorbereitet, welches ihnen den
Weg zu einer Conföderation bahnen ſollte. In dieſem Manifeſt,
deſſen Eingang und Schluß in Form und Styl an eine Conföde-

1) Maltzahn, Bericht vom 26. und 30. Septbr., 10., 21. und
24. October.
2) Das polniſche Staatsrecht unterſchied die Hemmung der Activität des
Reichstages von der Zerreißung. Die erſtere wurde durch die Erklärung
eines Mitgliedes, es gäbe die fernere Berathung nicht zu, ſo lange nicht die von
ihm in Anregung gebrachte Frage entſchieden ſei, herbeigeführt, hob aber nicht
die früher gefaßten Beſchlüſſe auf, und konnte jederzeit wieder beſeitigt
werden. Die Zerreißung erfolgte erſt durch die ausdrückliche Erklärung
eines oder mehrerer Landboten, daß ſie gegen die Gültigkeit aller Be-
ſchlüſſe, der vorausgegangenen ſo wie der etwa noch folgenden proteſtirten.
3) Stanislaw August, Pam., p. 78.
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[93/0107] tage geſandt hatte, mit ihren polniſchen Freunden überein, daß ein Landbote den Zutritt der Republik zu dem Peters- burger Vertrage fordern, ein andrer dem Antrage widerſprechen und die Activität des Reichstages dadurch hemmen ſolle. Für dieſe Rollen waren die betreffenden Landboten bereits gefunden, als unerwartet der Geſandte Rußlands öffentlich erklärte, er habe keine Inſtruction, über ein Bündniß mit der Republik zu verhandeln. Die Oppoſition hielt auch dieſe Erklärung für ein Scheimanoeuvre der Czartoryski, mußte aber nun ihren Schlachtplan ändern 1). Schon vorher, am 16. Oct., hatten die Landboten Swidzenski und Chajecki die Activität des Reichstages gehemmt, indem ſie verſchiedene Klagen gegen den König vorbrachten, namentlich in Betreff der Ver- leihung der Warſchauer Staroſtei an Brühls Sohn, der als Proteſtant von dieſem Amt geſetzlich ausgeſchloſſen ſei: am 24. Oct. aber ſprengte der Landbote von Sochaczew, Morski, den Reichstag durch ein im Grod eingereichtes Manifeſt, in welchem er den König perſönlich die Urſache alles Übels in der Republik nannte und ihn offen des Bruches der Pacta conventa beſchuldigte 2). Allein die Czartoryski und ihre Freunde waren bereits für dieſen Ausgang des Reichstages gerüſtet 3). Sie hatten ganz in der Stille und im Einverſtändniß mit den Geſandten Ruß- lands und Englands ein Manifeſt vorbereitet, welches ihnen den Weg zu einer Conföderation bahnen ſollte. In dieſem Manifeſt, deſſen Eingang und Schluß in Form und Styl an eine Conföde- 1) Maltzahn, Bericht vom 26. und 30. Septbr., 10., 21. und 24. October. 2) Das polniſche Staatsrecht unterſchied die Hemmung der Activität des Reichstages von der Zerreißung. Die erſtere wurde durch die Erklärung eines Mitgliedes, es gäbe die fernere Berathung nicht zu, ſo lange nicht die von ihm in Anregung gebrachte Frage entſchieden ſei, herbeigeführt, hob aber nicht die früher gefaßten Beſchlüſſe auf, und konnte jederzeit wieder beſeitigt werden. Die Zerreißung erfolgte erſt durch die ausdrückliche Erklärung eines oder mehrerer Landboten, daß ſie gegen die Gültigkeit aller Be- ſchlüſſe, der vorausgegangenen ſo wie der etwa noch folgenden proteſtirten. 3) Stanislaw August, Pam., p. 78.

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Zitationshilfe: Roepell, Richard: Polen um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Gotha, 1876, S. 93. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roepell_polen_1876/107>, abgerufen am 21.11.2024.