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Roepell, Richard: Polen um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Gotha, 1876.

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aus deren Gegnern eine neue Hofparthei zu bilden bemüht
war. In der That näherte sich die bisherige Opposition, die
Rzewuski, Malachowski, Krasinski, Wielopolski, Zaluski, und
in Lithauen die Radzivil, Sapieha, Oginski dem Hofe, und
Brühl berücksichtigte sie je länger je mehr bei der Austheilung
der Gnaden des Königs. Die bisweilen schroffe, sarkastische
Weise des lithauischen Kanzlers hatte ihn schon lange verstimmt;
vollends erbittert aber soll er gegen die "Familie" dadurch
geworden sein, daß sie eine Familienverbindung mit ihm, die
er wünschte, mit wenig verdecktem Stolz ablehnte 1). Den
offnen Bruch führte ein Streit über das Ordinat (Majorat)
von Ostrog herbei, der mehrere Jahre hindurch die gesamte
Republik in Spannung und Aufregung hielt. Der polnische
Adel hat die Errichtung von Majoraten zu keiner Zeit geliebt;
sie schienen seiner Rechtsgleichheit gefährlich, und es gehörte eine
Bewilligung des Reichstags zu ihrer Gründung. Eine solche
hatte der Fürst Janusz Ostrogski im Jahre 1609 erlangt.
Aus altrussischem, griechisch gläubigem Geschlecht, war er in
seiner Jugend zum Katholicismus übergetreten und stand später
als Kastellan von Krakau und seines colossalen Reichthums
wegen in hohem Ansehen. Er soll bei seinem Tode außer
einem reichen Schatz von goldnen und silbernen Geräthen,
Kleinodien, Perlen u. dgl. in baarem Golde an 300,000 un-
garische Dukaten hinterlassen haben 2); seine zahllosen Güter
aber, deren Hauptmasse in Volhynien und den andern russi-
schen Landschaften lag, hinterließ er vereinigt als Ordinat von
Ostrog, mit der Verpflichtung des jedesmaligen Besitzers, eine
Kriegsschaar von 600 Mann auf seine Kosten zur Verthei-
digung der Republik jeden Augenblick bereit zu halten. Im
Falle des Aussterbens des Mannsstammes der Ostrogski sollte
das Ordinat auf den Mannsstamm seiner an einen Fürsten
Zaslawski verheiratheten Tochter, und nach dessen Aussterben
auf den von seiner Schwester stammenden Mannsstamm der

1) Szujski IV, 334. Rulhiere I, 205.
2) Siarczynski, Obraz panowania Zygmunta III. Lwow 1828.
II,
43. Er beruft sich auf Piasecki.

aus deren Gegnern eine neue Hofparthei zu bilden bemüht
war. In der That näherte ſich die bisherige Oppoſition, die
Rzewuski, Malachowski, Kraſinski, Wielopolski, Zaluski, und
in Lithauen die Radzivil, Sapieha, Oginski dem Hofe, und
Brühl berückſichtigte ſie je länger je mehr bei der Austheilung
der Gnaden des Königs. Die bisweilen ſchroffe, ſarkaſtiſche
Weiſe des lithauiſchen Kanzlers hatte ihn ſchon lange verſtimmt;
vollends erbittert aber ſoll er gegen die „Familie“ dadurch
geworden ſein, daß ſie eine Familienverbindung mit ihm, die
er wünſchte, mit wenig verdecktem Stolz ablehnte 1). Den
offnen Bruch führte ein Streit über das Ordinat (Majorat)
von Oſtrog herbei, der mehrere Jahre hindurch die geſamte
Republik in Spannung und Aufregung hielt. Der polniſche
Adel hat die Errichtung von Majoraten zu keiner Zeit geliebt;
ſie ſchienen ſeiner Rechtsgleichheit gefährlich, und es gehörte eine
Bewilligung des Reichstags zu ihrer Gründung. Eine ſolche
hatte der Fürſt Janusz Oſtrogski im Jahre 1609 erlangt.
Aus altruſſiſchem, griechiſch gläubigem Geſchlecht, war er in
ſeiner Jugend zum Katholicismus übergetreten und ſtand ſpäter
als Kaſtellan von Krakau und ſeines coloſſalen Reichthums
wegen in hohem Anſehen. Er ſoll bei ſeinem Tode außer
einem reichen Schatz von goldnen und ſilbernen Geräthen,
Kleinodien, Perlen u. dgl. in baarem Golde an 300,000 un-
gariſche Dukaten hinterlaſſen haben 2); ſeine zahlloſen Güter
aber, deren Hauptmaſſe in Volhynien und den andern ruſſi-
ſchen Landſchaften lag, hinterließ er vereinigt als Ordinat von
Oſtrog, mit der Verpflichtung des jedesmaligen Beſitzers, eine
Kriegsſchaar von 600 Mann auf ſeine Koſten zur Verthei-
digung der Republik jeden Augenblick bereit zu halten. Im
Falle des Ausſterbens des Mannsſtammes der Oſtrogski ſollte
das Ordinat auf den Mannsſtamm ſeiner an einen Fürſten
Zaslawski verheiratheten Tochter, und nach deſſen Ausſterben
auf den von ſeiner Schweſter ſtammenden Mannsſtamm der

1) Szujski IV, 334. Rulhiere I, 205.
2) Siarczynski, Obraz panowania Zygmunta III. Lwow 1828.
II,
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[98/0112] aus deren Gegnern eine neue Hofparthei zu bilden bemüht war. In der That näherte ſich die bisherige Oppoſition, die Rzewuski, Malachowski, Kraſinski, Wielopolski, Zaluski, und in Lithauen die Radzivil, Sapieha, Oginski dem Hofe, und Brühl berückſichtigte ſie je länger je mehr bei der Austheilung der Gnaden des Königs. Die bisweilen ſchroffe, ſarkaſtiſche Weiſe des lithauiſchen Kanzlers hatte ihn ſchon lange verſtimmt; vollends erbittert aber ſoll er gegen die „Familie“ dadurch geworden ſein, daß ſie eine Familienverbindung mit ihm, die er wünſchte, mit wenig verdecktem Stolz ablehnte 1). Den offnen Bruch führte ein Streit über das Ordinat (Majorat) von Oſtrog herbei, der mehrere Jahre hindurch die geſamte Republik in Spannung und Aufregung hielt. Der polniſche Adel hat die Errichtung von Majoraten zu keiner Zeit geliebt; ſie ſchienen ſeiner Rechtsgleichheit gefährlich, und es gehörte eine Bewilligung des Reichstags zu ihrer Gründung. Eine ſolche hatte der Fürſt Janusz Oſtrogski im Jahre 1609 erlangt. Aus altruſſiſchem, griechiſch gläubigem Geſchlecht, war er in ſeiner Jugend zum Katholicismus übergetreten und ſtand ſpäter als Kaſtellan von Krakau und ſeines coloſſalen Reichthums wegen in hohem Anſehen. Er ſoll bei ſeinem Tode außer einem reichen Schatz von goldnen und ſilbernen Geräthen, Kleinodien, Perlen u. dgl. in baarem Golde an 300,000 un- gariſche Dukaten hinterlaſſen haben 2); ſeine zahlloſen Güter aber, deren Hauptmaſſe in Volhynien und den andern ruſſi- ſchen Landſchaften lag, hinterließ er vereinigt als Ordinat von Oſtrog, mit der Verpflichtung des jedesmaligen Beſitzers, eine Kriegsſchaar von 600 Mann auf ſeine Koſten zur Verthei- digung der Republik jeden Augenblick bereit zu halten. Im Falle des Ausſterbens des Mannsſtammes der Oſtrogski ſollte das Ordinat auf den Mannsſtamm ſeiner an einen Fürſten Zaslawski verheiratheten Tochter, und nach deſſen Ausſterben auf den von ſeiner Schweſter ſtammenden Mannsſtamm der 1) Szujski IV, 334. Rulhiere I, 205. 2) Siarczynski, Obraz panowania Zygmunta III. Lwow 1828. II, 43. Er beruft ſich auf Piaſecki.

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Zitationshilfe: Roepell, Richard: Polen um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Gotha, 1876, S. 98. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roepell_polen_1876/112>, abgerufen am 21.11.2024.