Roepell, Richard: Polen um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Gotha, 1876.beider Staaten merklich abgenommen habe, und daß dies wahr- In Betreff der Mittel aber, welche der Hof von Peters- 8*
beider Staaten merklich abgenommen habe, und daß dies wahr- In Betreff der Mittel aber, welche der Hof von Peters- 8*
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0129" n="115"/> beider Staaten merklich abgenommen habe, und daß dies wahr-<lb/> ſcheinlich ſeinen Grund nur in einer mangelhaften Information<lb/> der Kaiſerin in Betreff der polniſchen Dinge fände. Es ſei<lb/> zur Beſſerung vor allem nothwendig, von neuem die Conſti-<lb/> tutionen von 1717 nachdrücklich zur Anwendung zu bringen,<lb/> welche Polen Peter dem Großen verdanke und auf deren Er-<lb/> haltung die Ruhe, Freiheit und Wohlfahrt der Republik be-<lb/> ruhe. „Unſer Vaterland“, fuhren die Czartoryski fort, „würde<lb/> die Kaiſerin preiſen, wenn ſie das Beſtehen deſſelben mit den<lb/> wirklichen Intereſſen ihres Reiches ſo feſt verbände, daß keine<lb/> Veränderung in der Republik ohne Einverſtändniß mit Ruß-<lb/> land ſtattfinden könnte.“ Sie ſchilderten dann, wie Brühl und<lb/> Mniszek im Beſitz des unbegränzten Vertrauens des Königs,<lb/> den Einfluß aller andern ſo weit zurückgedrängt hätten, daß,<lb/> wer ſich nicht ihnen anſchließe, gleichſam in der Acht lebe.<lb/> Der Senat ſei verachtet, der größere Theil ſeiner Mitglieder<lb/> neige ſich auf die Seite, von welcher der Wind wehe; es ſei<lb/> mit einem Wort kein Gegengewicht mehr gegen die Parthei<lb/> vorhanden, welche ſich unter dem Einfluß Frankreichs durch die<lb/> Verbindung der Feldherren mit der Krone gebildet habe. Auf<lb/> einem der letzten Reichstage wären gegen 100,000 poln. Gulden<lb/> durch den franzöſiſchen Geſandten vertheilt worden, ganz abge-<lb/> ſehen noch von den Penſionen, welche eine große Zahl einfluß-<lb/> reicher Perſonen aus derſelben Quelle bezögen. Es ſei daher<lb/> ſowohl im Intereſſe Rußlands, wie in dem der Republik<lb/> dringend nothwendig, daß die Kaiſerin jenem einſeitigen Treiben<lb/> kräftig entgegenwirke, wozu ſie nach den Verträgen, in welchen<lb/> ſie mit der Republik ſtehe, ein volles Recht beſitze.</p><lb/> <p>In Betreff der Mittel aber, welche der Hof von Peters-<lb/> burg zur Kräftigung ſeines Einfluſſes anzuwenden habe, kamen<lb/> die Czartoryski in allen Unterredungen immer darauf zurück,<lb/> daß „wie in allen Freiſtaaten, ſo insbeſondere in Polen ohne<lb/> Geld nichts zu machen ſei“. Im Verlaufe zweier Jahre, ſagte<lb/> der Kanzler, hätten ſein Bruder und ſeine Schwiegerſöhne<lb/> Sapieha und Flemming über 100,000 Albertusthaler geopfert,<lb/> um den Intriguen Frankreichs entgegenzuwirken; unmöglich<lb/> <fw place="bottom" type="sig">8*</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [115/0129]
beider Staaten merklich abgenommen habe, und daß dies wahr-
ſcheinlich ſeinen Grund nur in einer mangelhaften Information
der Kaiſerin in Betreff der polniſchen Dinge fände. Es ſei
zur Beſſerung vor allem nothwendig, von neuem die Conſti-
tutionen von 1717 nachdrücklich zur Anwendung zu bringen,
welche Polen Peter dem Großen verdanke und auf deren Er-
haltung die Ruhe, Freiheit und Wohlfahrt der Republik be-
ruhe. „Unſer Vaterland“, fuhren die Czartoryski fort, „würde
die Kaiſerin preiſen, wenn ſie das Beſtehen deſſelben mit den
wirklichen Intereſſen ihres Reiches ſo feſt verbände, daß keine
Veränderung in der Republik ohne Einverſtändniß mit Ruß-
land ſtattfinden könnte.“ Sie ſchilderten dann, wie Brühl und
Mniszek im Beſitz des unbegränzten Vertrauens des Königs,
den Einfluß aller andern ſo weit zurückgedrängt hätten, daß,
wer ſich nicht ihnen anſchließe, gleichſam in der Acht lebe.
Der Senat ſei verachtet, der größere Theil ſeiner Mitglieder
neige ſich auf die Seite, von welcher der Wind wehe; es ſei
mit einem Wort kein Gegengewicht mehr gegen die Parthei
vorhanden, welche ſich unter dem Einfluß Frankreichs durch die
Verbindung der Feldherren mit der Krone gebildet habe. Auf
einem der letzten Reichstage wären gegen 100,000 poln. Gulden
durch den franzöſiſchen Geſandten vertheilt worden, ganz abge-
ſehen noch von den Penſionen, welche eine große Zahl einfluß-
reicher Perſonen aus derſelben Quelle bezögen. Es ſei daher
ſowohl im Intereſſe Rußlands, wie in dem der Republik
dringend nothwendig, daß die Kaiſerin jenem einſeitigen Treiben
kräftig entgegenwirke, wozu ſie nach den Verträgen, in welchen
ſie mit der Republik ſtehe, ein volles Recht beſitze.
In Betreff der Mittel aber, welche der Hof von Peters-
burg zur Kräftigung ſeines Einfluſſes anzuwenden habe, kamen
die Czartoryski in allen Unterredungen immer darauf zurück,
daß „wie in allen Freiſtaaten, ſo insbeſondere in Polen ohne
Geld nichts zu machen ſei“. Im Verlaufe zweier Jahre, ſagte
der Kanzler, hätten ſein Bruder und ſeine Schwiegerſöhne
Sapieha und Flemming über 100,000 Albertusthaler geopfert,
um den Intriguen Frankreichs entgegenzuwirken; unmöglich
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