Roepell, Richard: Polen um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Gotha, 1876.könnten Privatleute solche colossalen Ausgaben aus ihrem eignen Und dies war nicht nur die Auffassung der Czartoryski. 1) Nach Szczebalski schrieben sowohl der Primas Komorowski,
als der Kronkanzler Malachowski in demselben Sinne nach Petersburg. Letzterer sagte von Peter dem Großen in einem Briefe vom 17. Dezember 1756: "Dieser Herrscher, dessen Gedächtniß immer gerühmt werden wird, hat durch seine Mediation die Ordnung in Polen wiederhergestellt." Wie die Polen aller Partheien sich zur Erlangung von Ämtern und Würden der Republik um Empfehlungen nach Petersburg wandten, dort um rus- sische Orden sich bewarben, wissen wir schon aus Herrmanns Geschichte von Rußland (V, 228. 231 u. f.); auch hiefür giebt Szczebalski neue ur- kundliche Belege. könnten Privatleute ſolche coloſſalen Ausgaben aus ihrem eignen Und dies war nicht nur die Auffaſſung der Czartoryski. 1) Nach Szczebalski ſchrieben ſowohl der Primas Komorowski,
als der Kronkanzler Malachowski in demſelben Sinne nach Petersburg. Letzterer ſagte von Peter dem Großen in einem Briefe vom 17. Dezember 1756: „Dieſer Herrſcher, deſſen Gedächtniß immer gerühmt werden wird, hat durch ſeine Mediation die Ordnung in Polen wiederhergeſtellt.“ Wie die Polen aller Partheien ſich zur Erlangung von Ämtern und Würden der Republik um Empfehlungen nach Petersburg wandten, dort um ruſ- ſiſche Orden ſich bewarben, wiſſen wir ſchon aus Herrmanns Geſchichte von Rußland (V, 228. 231 u. f.); auch hiefür giebt Szczebalski neue ur- kundliche Belege. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0130" n="116"/> könnten Privatleute ſolche coloſſalen Ausgaben aus ihrem eignen<lb/> Vermögen beſtreiten, und es ſei daher durchaus nothwendig,<lb/> daß die Kaiſerin eine beſtimmte Summe für dieſe Zwecke be-<lb/> ſtimme. Befragt über die Höhe dieſer Summe, meinte dann<lb/> der Kanzler, zuweilen werde ſie höher ſein müſſen, zuweilen<lb/> kleiner ſein können. In dieſem Augenblick wären unumgänglich<lb/> 100,000 Albertsthaler nothwendig; in den nächſten Jahren<lb/> könnten 25- bis 50,000 poln. Gulden genug ſein. Dieſe Summen<lb/> müßten aber ein- für allemal zur Dispoſition des ruſſiſchen<lb/> Geſandten ſtehen, ſo daß er, der Kanzler, zu jeder Zeit je<lb/> nach Maßgabe des Bedürfniſſes aus dieſem Fonds ſchöpfen,<lb/> und die einzelnen Summen nicht nur nach ſeinem Ermeſſen,<lb/> ſondern auch im Namen der „Familie“ vertheilen könne; das<lb/> letztere, damit die Empfänger nicht erführen, daß das Geld<lb/> vom ruſſiſchen Hofe käme, weil ſie entgegengeſetzten Falls, viel-<lb/> leicht — — mehr fordern dürften!</p><lb/> <p>Und dies war nicht nur die Auffaſſung der Czartoryski.<lb/> Als General Weymarn am 1. October beim Fürſten Auguſt<lb/> den Primas, den Kronkanzler Malachowski, den alten Ponia-<lb/> towski, deſſen Sohn Stanislaw u. a. traf, waren ſie alle ein-<lb/> ſtimmig darin, daß Geld und ein nachdrückliches Halten auf<lb/> die Conſtitutionen von 1716—1717 von Seiten Rußlands<lb/> durchaus nothwendig wären <note place="foot" n="1)">Nach <hi rendition="#g">Szczebalski</hi> ſchrieben ſowohl der Primas Komorowski,<lb/> als der Kronkanzler Malachowski in demſelben Sinne nach Petersburg.<lb/> Letzterer ſagte von Peter dem Großen in einem Briefe vom 17. Dezember<lb/> 1756: „Dieſer Herrſcher, deſſen Gedächtniß immer gerühmt werden wird,<lb/> hat durch ſeine Mediation die Ordnung in Polen wiederhergeſtellt.“ Wie<lb/> die Polen aller Partheien ſich zur Erlangung von Ämtern und Würden<lb/> der Republik um Empfehlungen nach Petersburg wandten, dort um ruſ-<lb/> ſiſche Orden ſich bewarben, wiſſen wir ſchon aus <hi rendition="#g">Herrmanns</hi> Geſchichte<lb/> von Rußland (<hi rendition="#aq">V,</hi> 228. 231 u. f.); auch hiefür giebt Szczebalski neue ur-<lb/> kundliche Belege.</note>. Mehr Geld und mehr Energie,<lb/> das war die Forderung, die Weymarn von allen Seiten ver-<lb/> nahm. Mahnte er ſie, ſeiner Inſtruction gemäß, den Hof<lb/> nicht zu reizen, ſondern ſich ihm zu nähern, dem Könige Zeichen<lb/> der größtmöglichſten Verehrung zu geben und den Anhängern<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [116/0130]
könnten Privatleute ſolche coloſſalen Ausgaben aus ihrem eignen
Vermögen beſtreiten, und es ſei daher durchaus nothwendig,
daß die Kaiſerin eine beſtimmte Summe für dieſe Zwecke be-
ſtimme. Befragt über die Höhe dieſer Summe, meinte dann
der Kanzler, zuweilen werde ſie höher ſein müſſen, zuweilen
kleiner ſein können. In dieſem Augenblick wären unumgänglich
100,000 Albertsthaler nothwendig; in den nächſten Jahren
könnten 25- bis 50,000 poln. Gulden genug ſein. Dieſe Summen
müßten aber ein- für allemal zur Dispoſition des ruſſiſchen
Geſandten ſtehen, ſo daß er, der Kanzler, zu jeder Zeit je
nach Maßgabe des Bedürfniſſes aus dieſem Fonds ſchöpfen,
und die einzelnen Summen nicht nur nach ſeinem Ermeſſen,
ſondern auch im Namen der „Familie“ vertheilen könne; das
letztere, damit die Empfänger nicht erführen, daß das Geld
vom ruſſiſchen Hofe käme, weil ſie entgegengeſetzten Falls, viel-
leicht — — mehr fordern dürften!
Und dies war nicht nur die Auffaſſung der Czartoryski.
Als General Weymarn am 1. October beim Fürſten Auguſt
den Primas, den Kronkanzler Malachowski, den alten Ponia-
towski, deſſen Sohn Stanislaw u. a. traf, waren ſie alle ein-
ſtimmig darin, daß Geld und ein nachdrückliches Halten auf
die Conſtitutionen von 1716—1717 von Seiten Rußlands
durchaus nothwendig wären 1). Mehr Geld und mehr Energie,
das war die Forderung, die Weymarn von allen Seiten ver-
nahm. Mahnte er ſie, ſeiner Inſtruction gemäß, den Hof
nicht zu reizen, ſondern ſich ihm zu nähern, dem Könige Zeichen
der größtmöglichſten Verehrung zu geben und den Anhängern
1) Nach Szczebalski ſchrieben ſowohl der Primas Komorowski,
als der Kronkanzler Malachowski in demſelben Sinne nach Petersburg.
Letzterer ſagte von Peter dem Großen in einem Briefe vom 17. Dezember
1756: „Dieſer Herrſcher, deſſen Gedächtniß immer gerühmt werden wird,
hat durch ſeine Mediation die Ordnung in Polen wiederhergeſtellt.“ Wie
die Polen aller Partheien ſich zur Erlangung von Ämtern und Würden
der Republik um Empfehlungen nach Petersburg wandten, dort um ruſ-
ſiſche Orden ſich bewarben, wiſſen wir ſchon aus Herrmanns Geſchichte
von Rußland (V, 228. 231 u. f.); auch hiefür giebt Szczebalski neue ur-
kundliche Belege.
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