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Roepell, Richard: Polen um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Gotha, 1876.

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könnten Privatleute solche colossalen Ausgaben aus ihrem eignen
Vermögen bestreiten, und es sei daher durchaus nothwendig,
daß die Kaiserin eine bestimmte Summe für diese Zwecke be-
stimme. Befragt über die Höhe dieser Summe, meinte dann
der Kanzler, zuweilen werde sie höher sein müssen, zuweilen
kleiner sein können. In diesem Augenblick wären unumgänglich
100,000 Albertsthaler nothwendig; in den nächsten Jahren
könnten 25- bis 50,000 poln. Gulden genug sein. Diese Summen
müßten aber ein- für allemal zur Disposition des russischen
Gesandten stehen, so daß er, der Kanzler, zu jeder Zeit je
nach Maßgabe des Bedürfnisses aus diesem Fonds schöpfen,
und die einzelnen Summen nicht nur nach seinem Ermessen,
sondern auch im Namen der "Familie" vertheilen könne; das
letztere, damit die Empfänger nicht erführen, daß das Geld
vom russischen Hofe käme, weil sie entgegengesetzten Falls, viel-
leicht -- -- mehr fordern dürften!

Und dies war nicht nur die Auffassung der Czartoryski.
Als General Weymarn am 1. October beim Fürsten August
den Primas, den Kronkanzler Malachowski, den alten Ponia-
towski, dessen Sohn Stanislaw u. a. traf, waren sie alle ein-
stimmig darin, daß Geld und ein nachdrückliches Halten auf
die Constitutionen von 1716--1717 von Seiten Rußlands
durchaus nothwendig wären 1). Mehr Geld und mehr Energie,
das war die Forderung, die Weymarn von allen Seiten ver-
nahm. Mahnte er sie, seiner Instruction gemäß, den Hof
nicht zu reizen, sondern sich ihm zu nähern, dem Könige Zeichen
der größtmöglichsten Verehrung zu geben und den Anhängern

1) Nach Szczebalski schrieben sowohl der Primas Komorowski,
als der Kronkanzler Malachowski in demselben Sinne nach Petersburg.
Letzterer sagte von Peter dem Großen in einem Briefe vom 17. Dezember
1756: "Dieser Herrscher, dessen Gedächtniß immer gerühmt werden wird,
hat durch seine Mediation die Ordnung in Polen wiederhergestellt." Wie
die Polen aller Partheien sich zur Erlangung von Ämtern und Würden
der Republik um Empfehlungen nach Petersburg wandten, dort um rus-
sische Orden sich bewarben, wissen wir schon aus Herrmanns Geschichte
von Rußland (V, 228. 231 u. f.); auch hiefür giebt Szczebalski neue ur-
kundliche Belege.

könnten Privatleute ſolche coloſſalen Ausgaben aus ihrem eignen
Vermögen beſtreiten, und es ſei daher durchaus nothwendig,
daß die Kaiſerin eine beſtimmte Summe für dieſe Zwecke be-
ſtimme. Befragt über die Höhe dieſer Summe, meinte dann
der Kanzler, zuweilen werde ſie höher ſein müſſen, zuweilen
kleiner ſein können. In dieſem Augenblick wären unumgänglich
100,000 Albertsthaler nothwendig; in den nächſten Jahren
könnten 25- bis 50,000 poln. Gulden genug ſein. Dieſe Summen
müßten aber ein- für allemal zur Dispoſition des ruſſiſchen
Geſandten ſtehen, ſo daß er, der Kanzler, zu jeder Zeit je
nach Maßgabe des Bedürfniſſes aus dieſem Fonds ſchöpfen,
und die einzelnen Summen nicht nur nach ſeinem Ermeſſen,
ſondern auch im Namen der „Familie“ vertheilen könne; das
letztere, damit die Empfänger nicht erführen, daß das Geld
vom ruſſiſchen Hofe käme, weil ſie entgegengeſetzten Falls, viel-
leicht — — mehr fordern dürften!

Und dies war nicht nur die Auffaſſung der Czartoryski.
Als General Weymarn am 1. October beim Fürſten Auguſt
den Primas, den Kronkanzler Malachowski, den alten Ponia-
towski, deſſen Sohn Stanislaw u. a. traf, waren ſie alle ein-
ſtimmig darin, daß Geld und ein nachdrückliches Halten auf
die Conſtitutionen von 1716—1717 von Seiten Rußlands
durchaus nothwendig wären 1). Mehr Geld und mehr Energie,
das war die Forderung, die Weymarn von allen Seiten ver-
nahm. Mahnte er ſie, ſeiner Inſtruction gemäß, den Hof
nicht zu reizen, ſondern ſich ihm zu nähern, dem Könige Zeichen
der größtmöglichſten Verehrung zu geben und den Anhängern

1) Nach Szczebalski ſchrieben ſowohl der Primas Komorowski,
als der Kronkanzler Malachowski in demſelben Sinne nach Petersburg.
Letzterer ſagte von Peter dem Großen in einem Briefe vom 17. Dezember
1756: „Dieſer Herrſcher, deſſen Gedächtniß immer gerühmt werden wird,
hat durch ſeine Mediation die Ordnung in Polen wiederhergeſtellt.“ Wie
die Polen aller Partheien ſich zur Erlangung von Ämtern und Würden
der Republik um Empfehlungen nach Petersburg wandten, dort um ruſ-
ſiſche Orden ſich bewarben, wiſſen wir ſchon aus Herrmanns Geſchichte
von Rußland (V, 228. 231 u. f.); auch hiefür giebt Szczebalski neue ur-
kundliche Belege.
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[116/0130] könnten Privatleute ſolche coloſſalen Ausgaben aus ihrem eignen Vermögen beſtreiten, und es ſei daher durchaus nothwendig, daß die Kaiſerin eine beſtimmte Summe für dieſe Zwecke be- ſtimme. Befragt über die Höhe dieſer Summe, meinte dann der Kanzler, zuweilen werde ſie höher ſein müſſen, zuweilen kleiner ſein können. In dieſem Augenblick wären unumgänglich 100,000 Albertsthaler nothwendig; in den nächſten Jahren könnten 25- bis 50,000 poln. Gulden genug ſein. Dieſe Summen müßten aber ein- für allemal zur Dispoſition des ruſſiſchen Geſandten ſtehen, ſo daß er, der Kanzler, zu jeder Zeit je nach Maßgabe des Bedürfniſſes aus dieſem Fonds ſchöpfen, und die einzelnen Summen nicht nur nach ſeinem Ermeſſen, ſondern auch im Namen der „Familie“ vertheilen könne; das letztere, damit die Empfänger nicht erführen, daß das Geld vom ruſſiſchen Hofe käme, weil ſie entgegengeſetzten Falls, viel- leicht — — mehr fordern dürften! Und dies war nicht nur die Auffaſſung der Czartoryski. Als General Weymarn am 1. October beim Fürſten Auguſt den Primas, den Kronkanzler Malachowski, den alten Ponia- towski, deſſen Sohn Stanislaw u. a. traf, waren ſie alle ein- ſtimmig darin, daß Geld und ein nachdrückliches Halten auf die Conſtitutionen von 1716—1717 von Seiten Rußlands durchaus nothwendig wären 1). Mehr Geld und mehr Energie, das war die Forderung, die Weymarn von allen Seiten ver- nahm. Mahnte er ſie, ſeiner Inſtruction gemäß, den Hof nicht zu reizen, ſondern ſich ihm zu nähern, dem Könige Zeichen der größtmöglichſten Verehrung zu geben und den Anhängern 1) Nach Szczebalski ſchrieben ſowohl der Primas Komorowski, als der Kronkanzler Malachowski in demſelben Sinne nach Petersburg. Letzterer ſagte von Peter dem Großen in einem Briefe vom 17. Dezember 1756: „Dieſer Herrſcher, deſſen Gedächtniß immer gerühmt werden wird, hat durch ſeine Mediation die Ordnung in Polen wiederhergeſtellt.“ Wie die Polen aller Partheien ſich zur Erlangung von Ämtern und Würden der Republik um Empfehlungen nach Petersburg wandten, dort um ruſ- ſiſche Orden ſich bewarben, wiſſen wir ſchon aus Herrmanns Geſchichte von Rußland (V, 228. 231 u. f.); auch hiefür giebt Szczebalski neue ur- kundliche Belege.

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Zitationshilfe: Roepell, Richard: Polen um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Gotha, 1876, S. 116. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roepell_polen_1876/130>, abgerufen am 21.11.2024.