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Roepell, Richard: Polen um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Gotha, 1876.

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und östreichischen und auch russischen Deserteure Waffen und
Uniformen abkauften. Der Edelmann aber bekam für seine
Lieferungen nur selten baares Geld, meistentheils vielmehr nur
Verschreibungen auf die Zukunft. Dazu wurde das Land mit
schlechter Münze, welche Friedrich II. in Dresden mit polnisch-
sächsischem Stempel prägen ließ, überschwemmt; die gute ward
von den Juden ausgeführt, und beides zusammen trieb die
Preise aller Lebensmittel und Waaren auf eine bis dahin un-
bekannte Höhe. Der Schatzmeister der Krone, Wessel, suchte
durch eine zweimalige Reduction der schlechten Münze, gemäß
ihres Werthes, der Großmarschall Bielinski durch eine Taxe
für alle Waaren zu helfen (October 1761 und März 1762).
Sie riefen aber hiedurch nur einen offnen Widerstand der
Käufer wie der Verkäufer, und zahlreiche Bitten des Adels an
den König, auch die schlechte Münze nach ihrem Nennwerth
cursiren zu lassen, hervor.

Von der andern Seite achtete natürlich auch Friedrich II.
die Neutralität der Republik nicht. Ende Februar 1759 sandte
er den General Wobersno mit 5000 Mann und 5 Geschützen
von Glogau aus nach Großpolen. Am 24. Februar hob dieser
den Fürsten Sulkowski, den frühern Minister und Günstling
August III., der auf eigne Hand Truppen gegen Friedrich ge-
worben und die Russen auf jede Weise gefördert hatte, in
seinem Schloß Reisen auf und zerstörte dann die großen Ma-
gazine, welche die Russen in Posen und an andern Orten er-
richtet hatten. In einem Manifest vom 2. März erklärte der
König der Republik, es sei nicht seine Absicht, gegen sie als
Feind aufzutreten, aber er müsse den Absichten seiner Feinde
zuvorkommen und würde alle diejenigen, welche den Russen
Beistand leisteten, als seine Feinde ansehen. Demgemäß ver-
fuhr er mehrmals im weitern Verlaufe des Krieges. Ende
Juni und Anfang Juli 1759 drang sein General Graf Dohna
bis Posen vor, zerstörte die russischen Magazine in Bromberg
und andern Orten, trieb Lieferungen aller Art ohne Bezahlung
ein und stellte eine Menge polnischer Bauern als Rekruten in
seine Truppen ein. Einen gleichen Zug durch Großpolen

und öſtreichiſchen und auch ruſſiſchen Deſerteure Waffen und
Uniformen abkauften. Der Edelmann aber bekam für ſeine
Lieferungen nur ſelten baares Geld, meiſtentheils vielmehr nur
Verſchreibungen auf die Zukunft. Dazu wurde das Land mit
ſchlechter Münze, welche Friedrich II. in Dresden mit polniſch-
ſächſiſchem Stempel prägen ließ, überſchwemmt; die gute ward
von den Juden ausgeführt, und beides zuſammen trieb die
Preiſe aller Lebensmittel und Waaren auf eine bis dahin un-
bekannte Höhe. Der Schatzmeiſter der Krone, Weſſel, ſuchte
durch eine zweimalige Reduction der ſchlechten Münze, gemäß
ihres Werthes, der Großmarſchall Bielinski durch eine Taxe
für alle Waaren zu helfen (October 1761 und März 1762).
Sie riefen aber hiedurch nur einen offnen Widerſtand der
Käufer wie der Verkäufer, und zahlreiche Bitten des Adels an
den König, auch die ſchlechte Münze nach ihrem Nennwerth
curſiren zu laſſen, hervor.

Von der andern Seite achtete natürlich auch Friedrich II.
die Neutralität der Republik nicht. Ende Februar 1759 ſandte
er den General Wobersno mit 5000 Mann und 5 Geſchützen
von Glogau aus nach Großpolen. Am 24. Februar hob dieſer
den Fürſten Sulkowski, den frühern Miniſter und Günſtling
Auguſt III., der auf eigne Hand Truppen gegen Friedrich ge-
worben und die Ruſſen auf jede Weiſe gefördert hatte, in
ſeinem Schloß Reiſen auf und zerſtörte dann die großen Ma-
gazine, welche die Ruſſen in Poſen und an andern Orten er-
richtet hatten. In einem Manifeſt vom 2. März erklärte der
König der Republik, es ſei nicht ſeine Abſicht, gegen ſie als
Feind aufzutreten, aber er müſſe den Abſichten ſeiner Feinde
zuvorkommen und würde alle diejenigen, welche den Ruſſen
Beiſtand leiſteten, als ſeine Feinde anſehen. Demgemäß ver-
fuhr er mehrmals im weitern Verlaufe des Krieges. Ende
Juni und Anfang Juli 1759 drang ſein General Graf Dohna
bis Poſen vor, zerſtörte die ruſſiſchen Magazine in Bromberg
und andern Orten, trieb Lieferungen aller Art ohne Bezahlung
ein und ſtellte eine Menge polniſcher Bauern als Rekruten in
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[130/0144] und öſtreichiſchen und auch ruſſiſchen Deſerteure Waffen und Uniformen abkauften. Der Edelmann aber bekam für ſeine Lieferungen nur ſelten baares Geld, meiſtentheils vielmehr nur Verſchreibungen auf die Zukunft. Dazu wurde das Land mit ſchlechter Münze, welche Friedrich II. in Dresden mit polniſch- ſächſiſchem Stempel prägen ließ, überſchwemmt; die gute ward von den Juden ausgeführt, und beides zuſammen trieb die Preiſe aller Lebensmittel und Waaren auf eine bis dahin un- bekannte Höhe. Der Schatzmeiſter der Krone, Weſſel, ſuchte durch eine zweimalige Reduction der ſchlechten Münze, gemäß ihres Werthes, der Großmarſchall Bielinski durch eine Taxe für alle Waaren zu helfen (October 1761 und März 1762). Sie riefen aber hiedurch nur einen offnen Widerſtand der Käufer wie der Verkäufer, und zahlreiche Bitten des Adels an den König, auch die ſchlechte Münze nach ihrem Nennwerth curſiren zu laſſen, hervor. Von der andern Seite achtete natürlich auch Friedrich II. die Neutralität der Republik nicht. Ende Februar 1759 ſandte er den General Wobersno mit 5000 Mann und 5 Geſchützen von Glogau aus nach Großpolen. Am 24. Februar hob dieſer den Fürſten Sulkowski, den frühern Miniſter und Günſtling Auguſt III., der auf eigne Hand Truppen gegen Friedrich ge- worben und die Ruſſen auf jede Weiſe gefördert hatte, in ſeinem Schloß Reiſen auf und zerſtörte dann die großen Ma- gazine, welche die Ruſſen in Poſen und an andern Orten er- richtet hatten. In einem Manifeſt vom 2. März erklärte der König der Republik, es ſei nicht ſeine Abſicht, gegen ſie als Feind aufzutreten, aber er müſſe den Abſichten ſeiner Feinde zuvorkommen und würde alle diejenigen, welche den Ruſſen Beiſtand leiſteten, als ſeine Feinde anſehen. Demgemäß ver- fuhr er mehrmals im weitern Verlaufe des Krieges. Ende Juni und Anfang Juli 1759 drang ſein General Graf Dohna bis Poſen vor, zerſtörte die ruſſiſchen Magazine in Bromberg und andern Orten, trieb Lieferungen aller Art ohne Bezahlung ein und ſtellte eine Menge polniſcher Bauern als Rekruten in ſeine Truppen ein. Einen gleichen Zug durch Großpolen

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Zitationshilfe: Roepell, Richard: Polen um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Gotha, 1876, S. 130. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roepell_polen_1876/144>, abgerufen am 21.11.2024.