Roepell, Richard: Polen um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Gotha, 1876.einstimmung mit Rußland die Thronfolge des Kurprinzen durch Allein der Hof trieb es nicht so weit, als die Opposition 1) Benoit, Berichte vom 20. März, 1. u. 21. April 1761. 2) Desgl. vom 25. u. 29. April und 2. Mai. Das Manifest unter-
schrieben unter andern: Lubomirski, Straznik; Rzewuski, Pisarz; Ponia- towski, Stolnik; Siemienski, referendarz; Adam Czartoryski, Humiecki, Ossolinski, Malachowski, Mokranowski, Oskierka. einſtimmung mit Rußland die Thronfolge des Kurprinzen durch Allein der Hof trieb es nicht ſo weit, als die Oppoſition 1) Benoit, Berichte vom 20. März, 1. u. 21. April 1761. 2) Desgl. vom 25. u. 29. April und 2. Mai. Das Manifeſt unter-
ſchrieben unter andern: Lubomirski, Straz̀nik; Rzewuski, Pisarz; Ponia- towski, Stolnik; Siemienski, referendarz; Adam Czartoryski, Humiecki, Ossolinski, Malachowski, Mokranowski, Oskierka. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0154" n="140"/> einſtimmung mit Rußland die Thronfolge des Kurprinzen durch<lb/> dieſen Reichstag wolle durchſetzen laſſen, und die Oppoſition<lb/> hegte, als Anfang April ſich ruſſiſche Truppen in der Nähe<lb/> von Warſchau zuſammenzogen, die lebhafteſte Beſorgniß, daß<lb/> es auf Gewaltſchritte abgeſehen ſei. Selbſt die Muthigſten er-<lb/> klärten dem preußiſchen Reſidenten, daß ſie nicht im Stande<lb/> ſein würden, Gewalt mit Gewalt zu vertreiben, weil ſie von<lb/> jeder auswärtigen Macht verlaſſen, von den Ruſſen unterdrückt<lb/> wären, welche ihnen das Meſſer an der Kehle hielten und, bei<lb/> den erſten Anzeichen eines Widerſtandes von Seiten der Pa-<lb/> trioten, dieſe alle „ecraſiren“ würden. Nur wenn der König<lb/> von Preußen ſolche Erhebung gegen die Ruſſen durch den Ein-<lb/> marſch einer ſeiner Armeen unterſtütze, könnte Polen gerettet<lb/> werden <note place="foot" n="1)"><hi rendition="#g">Benoit</hi>, Berichte vom 20. März, 1. u. 21. April 1761.</note>.</p><lb/> <p>Allein der Hof trieb es nicht ſo weit, als die Oppoſition<lb/> gefürchtet hatte; ſei es, daß er früher gefaßte Pläne von ſelbſt<lb/> fallen ließ, ſei es, daß Rußland auf ſie nicht eingehen wollte.<lb/> Nach der Mitte April zogen die ruſſiſchen Truppen ab nach<lb/> Großpolen, und der ruſſiſche Geſandte erklärte, daß ſein Hof<lb/> ſich in die Thronfolgefrage nicht miſchen wolle, und es ſchien,<lb/> als der Reichstag am 27. April begann, daß in der ihm vor-<lb/> liegenden Hauptfrage, der Münzregulirung, die Partheien ſich<lb/> verſtändigen würden. Allein bereits wenige Tage nach der<lb/> Eröffnung, noch vor der Wahl des Marſchalls ward dennoch<lb/> der Reichstag und zwar auf eine ungewöhnliche, ſolenne Weiſe<lb/> zerriſſen. Mehr als 40 Landboten, und unter ihnen Mit-<lb/> glieder der erſten Familien, unterzeichneten in Gegenwart der<lb/> beiden Kanzler, ſowie der beiden Feldherren der Krone und<lb/> Lithauens ein Manifeſt gegen die Gültigkeit jedes Beſchluſſes,<lb/> weil der Reichstag ohne verhergehenden Beſchluß des Senats<lb/> von der Krone allein berufen ſei <note place="foot" n="2)">Desgl. vom 25. u. 29. April und 2. Mai. Das Manifeſt unter-<lb/> ſchrieben unter andern: <hi rendition="#aq">Lubomirski, Straz̀nik; Rzewuski, Pisarz; Ponia-<lb/> towski, Stolnik; Siemienski, referendarz; Adam Czartoryski, Humiecki,<lb/> Ossolinski, Malachowski, Mokranowski, Oskierka.</hi></note>. Beide Partheien der<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [140/0154]
einſtimmung mit Rußland die Thronfolge des Kurprinzen durch
dieſen Reichstag wolle durchſetzen laſſen, und die Oppoſition
hegte, als Anfang April ſich ruſſiſche Truppen in der Nähe
von Warſchau zuſammenzogen, die lebhafteſte Beſorgniß, daß
es auf Gewaltſchritte abgeſehen ſei. Selbſt die Muthigſten er-
klärten dem preußiſchen Reſidenten, daß ſie nicht im Stande
ſein würden, Gewalt mit Gewalt zu vertreiben, weil ſie von
jeder auswärtigen Macht verlaſſen, von den Ruſſen unterdrückt
wären, welche ihnen das Meſſer an der Kehle hielten und, bei
den erſten Anzeichen eines Widerſtandes von Seiten der Pa-
trioten, dieſe alle „ecraſiren“ würden. Nur wenn der König
von Preußen ſolche Erhebung gegen die Ruſſen durch den Ein-
marſch einer ſeiner Armeen unterſtütze, könnte Polen gerettet
werden 1).
Allein der Hof trieb es nicht ſo weit, als die Oppoſition
gefürchtet hatte; ſei es, daß er früher gefaßte Pläne von ſelbſt
fallen ließ, ſei es, daß Rußland auf ſie nicht eingehen wollte.
Nach der Mitte April zogen die ruſſiſchen Truppen ab nach
Großpolen, und der ruſſiſche Geſandte erklärte, daß ſein Hof
ſich in die Thronfolgefrage nicht miſchen wolle, und es ſchien,
als der Reichstag am 27. April begann, daß in der ihm vor-
liegenden Hauptfrage, der Münzregulirung, die Partheien ſich
verſtändigen würden. Allein bereits wenige Tage nach der
Eröffnung, noch vor der Wahl des Marſchalls ward dennoch
der Reichstag und zwar auf eine ungewöhnliche, ſolenne Weiſe
zerriſſen. Mehr als 40 Landboten, und unter ihnen Mit-
glieder der erſten Familien, unterzeichneten in Gegenwart der
beiden Kanzler, ſowie der beiden Feldherren der Krone und
Lithauens ein Manifeſt gegen die Gültigkeit jedes Beſchluſſes,
weil der Reichstag ohne verhergehenden Beſchluß des Senats
von der Krone allein berufen ſei 2). Beide Partheien der
1) Benoit, Berichte vom 20. März, 1. u. 21. April 1761.
2) Desgl. vom 25. u. 29. April und 2. Mai. Das Manifeſt unter-
ſchrieben unter andern: Lubomirski, Straz̀nik; Rzewuski, Pisarz; Ponia-
towski, Stolnik; Siemienski, referendarz; Adam Czartoryski, Humiecki,
Ossolinski, Malachowski, Mokranowski, Oskierka.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |