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Roepell, Richard: Polen um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Gotha, 1876.

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nach der Hochzeit verlieh ihm August den Orden des weißen
Adler und erhob ihn ein paar Monate darauf zum Woiwoden
von Rußland (11. November 1731), in welcher Landschaft die
Mehrzahl der Güter der Frau lag 1).

Solchergestalt nahm die "Familie" -- mit welchem Aus-
druck man sehr bald die Czartoryski, Poniatowski und deren
nähere Verwandten zu bezeichnen anfing -- bereits in dem
letzten Jahrzehnt der Regierung August II. eine sehr bedeutende
Stellung ein. Poniatowski galt gegenüber der Opposition der
Potocki, Radzivil, Sapieha u. a. als das Haupt der Parthei
des Königs, und soll nebst seinem Schwager, dem lithauischen
Unterkanzler, als Dank für die Unterstützung, welche August II.
der Familie bei der Heirath August Czartoryski's geleistet hatte,
dem Könige das Versprechen gegeben haben, bei der nächsten
Königswahl für seinen ältesten Sohn zu stimmen und zu
wirken 2). In wie fern sie aber auf die weiteren Pläne des
Königs, sich zum "Erbkönig" in Polen zu machen, eingegangen
sind, wissen wir bis jetzt mit Sicherheit nicht 3). An und für
sich wäre es grade nicht unwahrscheinlich. Denn Poniatowski,
damals der politische Führer der "Familie", war als treuer
Diener und Freund Karl XII. unzweifelhaft auch ein Freund
eines starken Königthums; die Czartoryski aber aufgewachsen
unter dem Einfluß einer Mutter, welche Ludwig XIV. auf das
lebhafteste verehrte und alles polnische Wesen verachtete, haben
gewiß von früher Jugend an die Reformidee in sich aufge-
nommen, deren Durchführung die Arbeit ihres Lebens ward.
Von dem jüngern, August, wissen wir bestimmt, daß ihm, be-
reits als er noch ein junger Mann war, die altväterlichen

1) Bartoszewicz in der Encycl. powsz.
2) Szujski IV, p. 284.
3) Bartoszewicz in seinen Znakamici mezowie III, p. 170 drückt
sich sehr vorsichtig hierüber aus, indem er schreibt: "vielleicht gingen sie
in die Pläne des Kurfürsten ein, und wollten ihn thätig bei einer Ver-
änderung der Verfassung unterstützen." In der Encycl. powsz. dagegen
spricht er sehr bestimmt von "Verpflichtungen", welche der Kanzler "sogar
schriftlich" dem Könige gegenüber eingegangen sei, ohne doch deren Inhalt
anzugeben.

nach der Hochzeit verlieh ihm Auguſt den Orden des weißen
Adler und erhob ihn ein paar Monate darauf zum Woiwoden
von Rußland (11. November 1731), in welcher Landſchaft die
Mehrzahl der Güter der Frau lag 1).

Solchergeſtalt nahm die „Familie“ — mit welchem Aus-
druck man ſehr bald die Czartoryski, Poniatowski und deren
nähere Verwandten zu bezeichnen anfing — bereits in dem
letzten Jahrzehnt der Regierung Auguſt II. eine ſehr bedeutende
Stellung ein. Poniatowski galt gegenüber der Oppoſition der
Potocki, Radzivil, Sapieha u. a. als das Haupt der Parthei
des Königs, und ſoll nebſt ſeinem Schwager, dem lithauiſchen
Unterkanzler, als Dank für die Unterſtützung, welche Auguſt II.
der Familie bei der Heirath Auguſt Czartoryski’s geleiſtet hatte,
dem Könige das Verſprechen gegeben haben, bei der nächſten
Königswahl für ſeinen älteſten Sohn zu ſtimmen und zu
wirken 2). In wie fern ſie aber auf die weiteren Pläne des
Königs, ſich zum „Erbkönig“ in Polen zu machen, eingegangen
ſind, wiſſen wir bis jetzt mit Sicherheit nicht 3). An und für
ſich wäre es grade nicht unwahrſcheinlich. Denn Poniatowski,
damals der politiſche Führer der „Familie“, war als treuer
Diener und Freund Karl XII. unzweifelhaft auch ein Freund
eines ſtarken Königthums; die Czartoryski aber aufgewachſen
unter dem Einfluß einer Mutter, welche Ludwig XIV. auf das
lebhafteſte verehrte und alles polniſche Weſen verachtete, haben
gewiß von früher Jugend an die Reformidee in ſich aufge-
nommen, deren Durchführung die Arbeit ihres Lebens ward.
Von dem jüngern, Auguſt, wiſſen wir beſtimmt, daß ihm, be-
reits als er noch ein junger Mann war, die altväterlichen

1) Bartoszewicz in der Encycl. powsz.
2) Szujski IV, p. 284.
3) Bartoszewicz in ſeinen Znakamici męz̀owie III, p. 170 drückt
ſich ſehr vorſichtig hierüber aus, indem er ſchreibt: „vielleicht gingen ſie
in die Pläne des Kurfürſten ein, und wollten ihn thätig bei einer Ver-
änderung der Verfaſſung unterſtützen.“ In der Encycl. powsz. dagegen
ſpricht er ſehr beſtimmt von „Verpflichtungen“, welche der Kanzler „ſogar
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[37/0051] nach der Hochzeit verlieh ihm Auguſt den Orden des weißen Adler und erhob ihn ein paar Monate darauf zum Woiwoden von Rußland (11. November 1731), in welcher Landſchaft die Mehrzahl der Güter der Frau lag 1). Solchergeſtalt nahm die „Familie“ — mit welchem Aus- druck man ſehr bald die Czartoryski, Poniatowski und deren nähere Verwandten zu bezeichnen anfing — bereits in dem letzten Jahrzehnt der Regierung Auguſt II. eine ſehr bedeutende Stellung ein. Poniatowski galt gegenüber der Oppoſition der Potocki, Radzivil, Sapieha u. a. als das Haupt der Parthei des Königs, und ſoll nebſt ſeinem Schwager, dem lithauiſchen Unterkanzler, als Dank für die Unterſtützung, welche Auguſt II. der Familie bei der Heirath Auguſt Czartoryski’s geleiſtet hatte, dem Könige das Verſprechen gegeben haben, bei der nächſten Königswahl für ſeinen älteſten Sohn zu ſtimmen und zu wirken 2). In wie fern ſie aber auf die weiteren Pläne des Königs, ſich zum „Erbkönig“ in Polen zu machen, eingegangen ſind, wiſſen wir bis jetzt mit Sicherheit nicht 3). An und für ſich wäre es grade nicht unwahrſcheinlich. Denn Poniatowski, damals der politiſche Führer der „Familie“, war als treuer Diener und Freund Karl XII. unzweifelhaft auch ein Freund eines ſtarken Königthums; die Czartoryski aber aufgewachſen unter dem Einfluß einer Mutter, welche Ludwig XIV. auf das lebhafteſte verehrte und alles polniſche Weſen verachtete, haben gewiß von früher Jugend an die Reformidee in ſich aufge- nommen, deren Durchführung die Arbeit ihres Lebens ward. Von dem jüngern, Auguſt, wiſſen wir beſtimmt, daß ihm, be- reits als er noch ein junger Mann war, die altväterlichen 1) Bartoszewicz in der Encycl. powsz. 2) Szujski IV, p. 284. 3) Bartoszewicz in ſeinen Znakamici męz̀owie III, p. 170 drückt ſich ſehr vorſichtig hierüber aus, indem er ſchreibt: „vielleicht gingen ſie in die Pläne des Kurfürſten ein, und wollten ihn thätig bei einer Ver- änderung der Verfaſſung unterſtützen.“ In der Encycl. powsz. dagegen ſpricht er ſehr beſtimmt von „Verpflichtungen“, welche der Kanzler „ſogar ſchriftlich“ dem Könige gegenüber eingegangen ſei, ohne doch deren Inhalt anzugeben.

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Zitationshilfe: Roepell, Richard: Polen um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Gotha, 1876, S. 37. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roepell_polen_1876/51>, abgerufen am 27.11.2024.