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Roepell, Richard: Polen um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Gotha, 1876.

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der Hof und die Generale drängten, und als eine Bitte des
Primas von Polen um den Schutz Frankreichs für die Wahl-
freiheit der Nation, eingetroffen war 1), entschied sich Ludwig XV.
Am 11. März las der Kardinal in Person den fremden Ge-
sandten in Paris eine Declaration vor, daß Frankreich das
freie Wahlrecht der Polen in seinen Schutz nehmen, und jede
Unternehmung gegen dasselbe als einen Angriff auf die Ruhe
Europa's betrachten werde. Als ihn darauf die Prinzen und
der Hof mit Jubel begrüßten, sagte er: "Sie haben den Krieg
gewollt, da ist er" 2).

Auf der anderen Seite blieben die Ostmächte wohl einig
darin, Leszczynski in keinem Fall auf den Thron gelangen zu
lassen; aber nicht einig blieben sie in Betreff der früher gleich-
falls ins Auge gefaßten Ausschließung des Kurprinzen. Daß
er die pragmatische Sanction Karl VI., deren Durchsetzung der
Mittelpunkt der damaligen Wiener Politik war, anzuerkennen
sich erbot, gab dort die Entscheidung für ihn. Rußland ge-
wann er dadurch, daß er dem einflußreichsten Mann des Hofes
von Petersburg, dem Grafen Biron, die Belehnung mit dem
Herzogthum Kurland versprach. Beide Mächte bemühten sich
dann auch Preußen für ihn zu gewinnen, aber vergebens. Der
Dresdner Hof ließ sich nicht darauf ein, auch nur eine der
Forderungen, welche Friedrich Wilhelm I. in seinem Interesse
stellte, zu bewilligen. "Wenn Sachsen nicht andere Saiten auf-
zieht", sagte er Anfang Juni, "so bleibe ich neutral." 3)
Hiebei blieb er stehen. Östreich schloß seinen Tractat mit
dem Kurprinzen am 16. Juli allein ab, in welchem dieser
neben der Anerkennung der pragmatischen Sanction auch noch
die Verpflichtung übernahm mit Östreich und Rußland in
ewiger Alliance zu bleiben 4). Der russische Hof trat diesem
Vertrage sofort bei. Man sieht, es war ein hoher Preis, den
der Kurprinz für den Thron Polens zahlte, ein Preis, der,

1) Martin, Histoire de France. Paris 1851. XVII, p. 368.
2) Droysen, Geschichte der preuß. Politik IV, 3. S. 198.
3) Ebendas., S. 200.
4) Ebendas., S. 206.

der Hof und die Generale drängten, und als eine Bitte des
Primas von Polen um den Schutz Frankreichs für die Wahl-
freiheit der Nation, eingetroffen war 1), entſchied ſich Ludwig XV.
Am 11. März las der Kardinal in Perſon den fremden Ge-
ſandten in Paris eine Declaration vor, daß Frankreich das
freie Wahlrecht der Polen in ſeinen Schutz nehmen, und jede
Unternehmung gegen daſſelbe als einen Angriff auf die Ruhe
Europa’s betrachten werde. Als ihn darauf die Prinzen und
der Hof mit Jubel begrüßten, ſagte er: „Sie haben den Krieg
gewollt, da iſt er“ 2).

Auf der anderen Seite blieben die Oſtmächte wohl einig
darin, Leszczynski in keinem Fall auf den Thron gelangen zu
laſſen; aber nicht einig blieben ſie in Betreff der früher gleich-
falls ins Auge gefaßten Ausſchließung des Kurprinzen. Daß
er die pragmatiſche Sanction Karl VI., deren Durchſetzung der
Mittelpunkt der damaligen Wiener Politik war, anzuerkennen
ſich erbot, gab dort die Entſcheidung für ihn. Rußland ge-
wann er dadurch, daß er dem einflußreichſten Mann des Hofes
von Petersburg, dem Grafen Biron, die Belehnung mit dem
Herzogthum Kurland verſprach. Beide Mächte bemühten ſich
dann auch Preußen für ihn zu gewinnen, aber vergebens. Der
Dresdner Hof ließ ſich nicht darauf ein, auch nur eine der
Forderungen, welche Friedrich Wilhelm I. in ſeinem Intereſſe
ſtellte, zu bewilligen. „Wenn Sachſen nicht andere Saiten auf-
zieht“, ſagte er Anfang Juni, „ſo bleibe ich neutral.“ 3)
Hiebei blieb er ſtehen. Öſtreich ſchloß ſeinen Tractat mit
dem Kurprinzen am 16. Juli allein ab, in welchem dieſer
neben der Anerkennung der pragmatiſchen Sanction auch noch
die Verpflichtung übernahm mit Öſtreich und Rußland in
ewiger Alliance zu bleiben 4). Der ruſſiſche Hof trat dieſem
Vertrage ſofort bei. Man ſieht, es war ein hoher Preis, den
der Kurprinz für den Thron Polens zahlte, ein Preis, der,

1) Martin, Histoire de France. Paris 1851. XVII, p. 368.
2) Droyſen, Geſchichte der preuß. Politik IV, 3. S. 198.
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[41/0055] der Hof und die Generale drängten, und als eine Bitte des Primas von Polen um den Schutz Frankreichs für die Wahl- freiheit der Nation, eingetroffen war 1), entſchied ſich Ludwig XV. Am 11. März las der Kardinal in Perſon den fremden Ge- ſandten in Paris eine Declaration vor, daß Frankreich das freie Wahlrecht der Polen in ſeinen Schutz nehmen, und jede Unternehmung gegen daſſelbe als einen Angriff auf die Ruhe Europa’s betrachten werde. Als ihn darauf die Prinzen und der Hof mit Jubel begrüßten, ſagte er: „Sie haben den Krieg gewollt, da iſt er“ 2). Auf der anderen Seite blieben die Oſtmächte wohl einig darin, Leszczynski in keinem Fall auf den Thron gelangen zu laſſen; aber nicht einig blieben ſie in Betreff der früher gleich- falls ins Auge gefaßten Ausſchließung des Kurprinzen. Daß er die pragmatiſche Sanction Karl VI., deren Durchſetzung der Mittelpunkt der damaligen Wiener Politik war, anzuerkennen ſich erbot, gab dort die Entſcheidung für ihn. Rußland ge- wann er dadurch, daß er dem einflußreichſten Mann des Hofes von Petersburg, dem Grafen Biron, die Belehnung mit dem Herzogthum Kurland verſprach. Beide Mächte bemühten ſich dann auch Preußen für ihn zu gewinnen, aber vergebens. Der Dresdner Hof ließ ſich nicht darauf ein, auch nur eine der Forderungen, welche Friedrich Wilhelm I. in ſeinem Intereſſe ſtellte, zu bewilligen. „Wenn Sachſen nicht andere Saiten auf- zieht“, ſagte er Anfang Juni, „ſo bleibe ich neutral.“ 3) Hiebei blieb er ſtehen. Öſtreich ſchloß ſeinen Tractat mit dem Kurprinzen am 16. Juli allein ab, in welchem dieſer neben der Anerkennung der pragmatiſchen Sanction auch noch die Verpflichtung übernahm mit Öſtreich und Rußland in ewiger Alliance zu bleiben 4). Der ruſſiſche Hof trat dieſem Vertrage ſofort bei. Man ſieht, es war ein hoher Preis, den der Kurprinz für den Thron Polens zahlte, ein Preis, der, 1) Martin, Histoire de France. Paris 1851. XVII, p. 368. 2) Droyſen, Geſchichte der preuß. Politik IV, 3. S. 198. 3) Ebendaſ., S. 200. 4) Ebendaſ., S. 206.

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Zitationshilfe: Roepell, Richard: Polen um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Gotha, 1876, S. 41. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roepell_polen_1876/55>, abgerufen am 27.11.2024.