Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Roepell, Richard: Polen um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Gotha, 1876.

Bild:
<< vorherige Seite

mit Glatz für Maria Theresia wiedererobert und der König
von Preußen noch weiter eingeschränkt worden sei. Dann
sollte August das Herzogthum Magdeburg mit dem Saal-
kreise, das Fürstenthum Crossen u. a. als Beute davontragen.
Allein die Hoffnungen auf Sieg erfüllten sich nicht. Friedrich
schlug die Sachsen wie die Östreicher und zwang beide zum
Frieden von Dresden (25. December 1745). Statt des ge-
hofften Ländererwerbes mußte August III. an Preußen eine
Million Thaler bezahlen. Seitdem nahm er an dem öst-
reichischen Erbfolgekriege keinen Antheil mehr, sondern trat
vielmehr in eine engere Verbindung mit Frankreich. Im Früh-
jahr 1746 schloß er mit diesem einen Subsidientractat auf drei
Jahre und verheirathete im folgenden Jahre seine Tochter mit
dem Dauphin, einem Enkel Stanislaw Leszczynski's, seinen Sohn,
den Erbpinzen, mit einer Tochter Kaiser Karl VII. (Februar
und Juni 1747). Es schien eine Zeitlang, als ob sich Sachsen
von Östreich gänzlich lossagen wolle; in der Stille aber setzte
Brühl seine Politik des Doppelspieles fort. Als Östreich und
Rußland ihn aufforderten, ihrem Bündniß vom 2. Juni 1746,
dessen Spitze gegen Preußen gerichtet war, und welches der Aus-
gangspunkt des 7jährigen Krieges ward, beizutreten, lehnte er
nicht geradezu ab, sondern verschob nur den Beitritt und unter-
handelte fort und fort mit beiden Mächten, um für Sachsen
die Versicherung eines größeren Antheils an den von Preußen
zu machenden Eroberungen zu erhalten.

In Polen aber ward inzwischen der Gegensatz der Czarto-
ryski und Potocki von Jahr zu Jahr schärfer und entwickelte
einen immer gewaltthätigern Character. In zwei Linien, die
silberne und die goldene getheilt, übertrafen die Potocki durch
ihren Grundbesitz, ihre Verwandtschaft und ihren alten Ruhm
die Gegner. Sie besaßen in der Ukraine, Podolien, Rußland
und Kleinpolen zahllose Güter und hatten ihre fürstlichen Pa-
läste, der Großhetman Joseph in Niemirow und Stanislawow,
der Woiwode von Volhynien Michael in Sedziszow, Franz
Salezy, später Woiwode von Kiew in Krystynopol, Georg
Starost von Grabowiec in Podhaice. Ihr Hofstaat war dem

mit Glatz für Maria Thereſia wiedererobert und der König
von Preußen noch weiter eingeſchränkt worden ſei. Dann
ſollte Auguſt das Herzogthum Magdeburg mit dem Saal-
kreiſe, das Fürſtenthum Croſſen u. a. als Beute davontragen.
Allein die Hoffnungen auf Sieg erfüllten ſich nicht. Friedrich
ſchlug die Sachſen wie die Öſtreicher und zwang beide zum
Frieden von Dresden (25. December 1745). Statt des ge-
hofften Ländererwerbes mußte Auguſt III. an Preußen eine
Million Thaler bezahlen. Seitdem nahm er an dem öſt-
reichiſchen Erbfolgekriege keinen Antheil mehr, ſondern trat
vielmehr in eine engere Verbindung mit Frankreich. Im Früh-
jahr 1746 ſchloß er mit dieſem einen Subſidientractat auf drei
Jahre und verheirathete im folgenden Jahre ſeine Tochter mit
dem Dauphin, einem Enkel Stanislaw Leszczynski’s, ſeinen Sohn,
den Erbpinzen, mit einer Tochter Kaiſer Karl VII. (Februar
und Juni 1747). Es ſchien eine Zeitlang, als ob ſich Sachſen
von Öſtreich gänzlich losſagen wolle; in der Stille aber ſetzte
Brühl ſeine Politik des Doppelſpieles fort. Als Öſtreich und
Rußland ihn aufforderten, ihrem Bündniß vom 2. Juni 1746,
deſſen Spitze gegen Preußen gerichtet war, und welches der Aus-
gangspunkt des 7jährigen Krieges ward, beizutreten, lehnte er
nicht geradezu ab, ſondern verſchob nur den Beitritt und unter-
handelte fort und fort mit beiden Mächten, um für Sachſen
die Verſicherung eines größeren Antheils an den von Preußen
zu machenden Eroberungen zu erhalten.

In Polen aber ward inzwiſchen der Gegenſatz der Czarto-
ryski und Potocki von Jahr zu Jahr ſchärfer und entwickelte
einen immer gewaltthätigern Character. In zwei Linien, die
ſilberne und die goldene getheilt, übertrafen die Potocki durch
ihren Grundbeſitz, ihre Verwandtſchaft und ihren alten Ruhm
die Gegner. Sie beſaßen in der Ukraine, Podolien, Rußland
und Kleinpolen zahlloſe Güter und hatten ihre fürſtlichen Pa-
läſte, der Großhetman Joſeph in Niemirow und Stanislawow,
der Woiwode von Volhynien Michael in Sędziszów, Franz
Salezy, ſpäter Woiwode von Kiew in Kryſtynopol, Georg
Staroſt von Grabowiec in Podhaice. Ihr Hofſtaat war dem

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0087" n="73"/>
mit Glatz für Maria There&#x017F;ia wiedererobert und der König<lb/>
von Preußen noch weiter einge&#x017F;chränkt worden &#x017F;ei. Dann<lb/>
&#x017F;ollte Augu&#x017F;t das Herzogthum Magdeburg mit dem Saal-<lb/>
krei&#x017F;e, das Für&#x017F;tenthum Cro&#x017F;&#x017F;en u. a. als Beute davontragen.<lb/>
Allein die Hoffnungen auf Sieg erfüllten &#x017F;ich nicht. Friedrich<lb/>
&#x017F;chlug die Sach&#x017F;en wie die Ö&#x017F;treicher und zwang beide zum<lb/>
Frieden von Dresden (25. December 1745). Statt des ge-<lb/>
hofften Ländererwerbes mußte Augu&#x017F;t <hi rendition="#aq">III.</hi> an Preußen eine<lb/>
Million Thaler bezahlen. Seitdem nahm er an dem ö&#x017F;t-<lb/>
reichi&#x017F;chen Erbfolgekriege keinen Antheil mehr, &#x017F;ondern trat<lb/>
vielmehr in eine engere Verbindung mit Frankreich. Im Früh-<lb/>
jahr 1746 &#x017F;chloß er mit die&#x017F;em einen Sub&#x017F;idientractat auf drei<lb/>
Jahre und verheirathete im folgenden Jahre &#x017F;eine Tochter mit<lb/>
dem Dauphin, einem Enkel Stanislaw Leszczynski&#x2019;s, &#x017F;einen Sohn,<lb/>
den Erbpinzen, mit einer Tochter Kai&#x017F;er Karl <hi rendition="#aq">VII.</hi> (Februar<lb/>
und Juni 1747). Es &#x017F;chien eine Zeitlang, als ob &#x017F;ich Sach&#x017F;en<lb/>
von Ö&#x017F;treich gänzlich los&#x017F;agen wolle; in der Stille aber &#x017F;etzte<lb/>
Brühl &#x017F;eine Politik des Doppel&#x017F;pieles fort. Als Ö&#x017F;treich und<lb/>
Rußland ihn aufforderten, ihrem Bündniß vom 2. Juni 1746,<lb/>
de&#x017F;&#x017F;en Spitze gegen Preußen gerichtet war, und welches der Aus-<lb/>
gangspunkt des 7jährigen Krieges ward, beizutreten, lehnte er<lb/>
nicht geradezu ab, &#x017F;ondern ver&#x017F;chob nur den Beitritt und unter-<lb/>
handelte fort und fort mit beiden Mächten, um für Sach&#x017F;en<lb/>
die Ver&#x017F;icherung eines größeren Antheils an den von Preußen<lb/>
zu machenden Eroberungen zu erhalten.</p><lb/>
        <p>In Polen aber ward inzwi&#x017F;chen der Gegen&#x017F;atz der Czarto-<lb/>
ryski und Potocki von Jahr zu Jahr &#x017F;chärfer und entwickelte<lb/>
einen immer gewaltthätigern Character. In zwei Linien, die<lb/>
&#x017F;ilberne und die goldene getheilt, übertrafen die Potocki durch<lb/>
ihren Grundbe&#x017F;itz, ihre Verwandt&#x017F;chaft und ihren alten Ruhm<lb/>
die Gegner. Sie be&#x017F;aßen in der Ukraine, Podolien, Rußland<lb/>
und Kleinpolen zahllo&#x017F;e Güter und hatten ihre für&#x017F;tlichen Pa-<lb/>&#x017F;te, der Großhetman Jo&#x017F;eph in Niemirow und Stanislawow,<lb/>
der Woiwode von Volhynien Michael in S&#x0119;dziszów, Franz<lb/>
Salezy, &#x017F;päter Woiwode von Kiew in Kry&#x017F;tynopol, Georg<lb/>
Staro&#x017F;t von Grabowiec in Podhaice. Ihr Hof&#x017F;taat war dem<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[73/0087] mit Glatz für Maria Thereſia wiedererobert und der König von Preußen noch weiter eingeſchränkt worden ſei. Dann ſollte Auguſt das Herzogthum Magdeburg mit dem Saal- kreiſe, das Fürſtenthum Croſſen u. a. als Beute davontragen. Allein die Hoffnungen auf Sieg erfüllten ſich nicht. Friedrich ſchlug die Sachſen wie die Öſtreicher und zwang beide zum Frieden von Dresden (25. December 1745). Statt des ge- hofften Ländererwerbes mußte Auguſt III. an Preußen eine Million Thaler bezahlen. Seitdem nahm er an dem öſt- reichiſchen Erbfolgekriege keinen Antheil mehr, ſondern trat vielmehr in eine engere Verbindung mit Frankreich. Im Früh- jahr 1746 ſchloß er mit dieſem einen Subſidientractat auf drei Jahre und verheirathete im folgenden Jahre ſeine Tochter mit dem Dauphin, einem Enkel Stanislaw Leszczynski’s, ſeinen Sohn, den Erbpinzen, mit einer Tochter Kaiſer Karl VII. (Februar und Juni 1747). Es ſchien eine Zeitlang, als ob ſich Sachſen von Öſtreich gänzlich losſagen wolle; in der Stille aber ſetzte Brühl ſeine Politik des Doppelſpieles fort. Als Öſtreich und Rußland ihn aufforderten, ihrem Bündniß vom 2. Juni 1746, deſſen Spitze gegen Preußen gerichtet war, und welches der Aus- gangspunkt des 7jährigen Krieges ward, beizutreten, lehnte er nicht geradezu ab, ſondern verſchob nur den Beitritt und unter- handelte fort und fort mit beiden Mächten, um für Sachſen die Verſicherung eines größeren Antheils an den von Preußen zu machenden Eroberungen zu erhalten. In Polen aber ward inzwiſchen der Gegenſatz der Czarto- ryski und Potocki von Jahr zu Jahr ſchärfer und entwickelte einen immer gewaltthätigern Character. In zwei Linien, die ſilberne und die goldene getheilt, übertrafen die Potocki durch ihren Grundbeſitz, ihre Verwandtſchaft und ihren alten Ruhm die Gegner. Sie beſaßen in der Ukraine, Podolien, Rußland und Kleinpolen zahlloſe Güter und hatten ihre fürſtlichen Pa- läſte, der Großhetman Joſeph in Niemirow und Stanislawow, der Woiwode von Volhynien Michael in Sędziszów, Franz Salezy, ſpäter Woiwode von Kiew in Kryſtynopol, Georg Staroſt von Grabowiec in Podhaice. Ihr Hofſtaat war dem

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/roepell_polen_1876
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/roepell_polen_1876/87
Zitationshilfe: Roepell, Richard: Polen um die Mitte des 18. Jahrhunderts. Gotha, 1876, S. 73. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roepell_polen_1876/87>, abgerufen am 23.11.2024.