Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rössig, Carl Gottlob: Versuch einer pragmatischen Geschichte der Ökonomie- Polizey- und Cameralwissenschaften. Deutschland. Bd. 1. Leipzig, 1781.

Bild:
<< vorherige Seite

beruhet, daß die Hälfte der Revenüen aus dem
Viehstande, die andere Hälfte aus dem Acker-
baue kommt. Da die Holsteinische Viehzucht
ein besonder System in diesem Nahrungsge-
schäft ausmacht, so will ich die Hauptgrundsä-
tze derselben hier einrücken, weil es in eine
pragmatische Geschichte der Oekonomie ge-
hört. Sie lassen die neugebornen Kälber nicht
an der Mutter, dennoch bekommt das Kalb
die erste Milch. Erst nach dem fünften mal
Melken wird die Milch für Menschen, und der
Rahm zum Buttern genommen. Das Kalb
wird in einem andern Stalle, und also getrennt
von der Mutter angebunden, bekommt 3 Wo-
chen reine süsse Milch, nachher die Butter-
oder Kernmilch, ohne einigen Gemang von
Wasser, Mehl oder Brod. In den Hollän-
dereyen bekommt es gar kein Mehl. In den
letztern bekommt es täglich 2 mal Milch, Mor-
gens und Nachmittags um 4 Uhr. Dieses
dauert 3 Wochen, nach diesem bekommt es
Butter- oder Kernmilch; ist es 6 Wochen alt,
so erhält es Molken, welcher von der Milch
beym Käsemachen abfält, und dann ein wenig
Heu, das nicht zu grob noch zu hart seyn darf.
Auf unterschiedlichen Holländereyen pflegt man
das Kalb, wenn es ein vierteljahr alt ist, ins
Gras oder Grummet zu bringen. Allein ge-
wöhnlich geschiehet es nicht, sondern es be-
kömmt bey den Molken, oder wie sie es nennen,
Watyen, des Morgens ein wenig Heu, um 9

Uhr
Q 5

beruhet, daß die Haͤlfte der Revenuͤen aus dem
Viehſtande, die andere Haͤlfte aus dem Acker-
baue kommt. Da die Holſteiniſche Viehzucht
ein beſonder Syſtem in dieſem Nahrungsge-
ſchaͤft ausmacht, ſo will ich die Hauptgrundſaͤ-
tze derſelben hier einruͤcken, weil es in eine
pragmatiſche Geſchichte der Oekonomie ge-
hoͤrt. Sie laſſen die neugebornen Kaͤlber nicht
an der Mutter, dennoch bekommt das Kalb
die erſte Milch. Erſt nach dem fuͤnften mal
Melken wird die Milch fuͤr Menſchen, und der
Rahm zum Buttern genommen. Das Kalb
wird in einem andern Stalle, und alſo getrennt
von der Mutter angebunden, bekommt 3 Wo-
chen reine ſuͤſſe Milch, nachher die Butter-
oder Kernmilch, ohne einigen Gemang von
Waſſer, Mehl oder Brod. In den Hollaͤn-
dereyen bekommt es gar kein Mehl. In den
letztern bekommt es taͤglich 2 mal Milch, Mor-
gens und Nachmittags um 4 Uhr. Dieſes
dauert 3 Wochen, nach dieſem bekommt es
Butter- oder Kernmilch; iſt es 6 Wochen alt,
ſo erhaͤlt es Molken, welcher von der Milch
beym Kaͤſemachen abfaͤlt, und dann ein wenig
Heu, das nicht zu grob noch zu hart ſeyn darf.
Auf unterſchiedlichen Hollaͤndereyen pflegt man
das Kalb, wenn es ein vierteljahr alt iſt, ins
Gras oder Grummet zu bringen. Allein ge-
woͤhnlich geſchiehet es nicht, ſondern es be-
koͤmmt bey den Molken, oder wie ſie es nennen,
Watyen, des Morgens ein wenig Heu, um 9

Uhr
Q 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0275" n="249"/>
beruhet, daß die Ha&#x0364;lfte der Revenu&#x0364;en aus dem<lb/>
Vieh&#x017F;tande, die andere Ha&#x0364;lfte aus dem Acker-<lb/>
baue kommt. Da die Hol&#x017F;teini&#x017F;che Viehzucht<lb/>
ein be&#x017F;onder Sy&#x017F;tem in die&#x017F;em Nahrungsge-<lb/>
&#x017F;cha&#x0364;ft ausmacht, &#x017F;o will ich die Hauptgrund&#x017F;a&#x0364;-<lb/>
tze der&#x017F;elben hier einru&#x0364;cken, weil es in eine<lb/>
pragmati&#x017F;che Ge&#x017F;chichte der Oekonomie ge-<lb/>
ho&#x0364;rt. Sie la&#x017F;&#x017F;en die neugebornen Ka&#x0364;lber nicht<lb/>
an der Mutter, dennoch bekommt das Kalb<lb/>
die er&#x017F;te Milch. Er&#x017F;t nach dem fu&#x0364;nften mal<lb/>
Melken wird die Milch fu&#x0364;r Men&#x017F;chen, und der<lb/>
Rahm zum Buttern genommen. Das Kalb<lb/>
wird in einem andern Stalle, und al&#x017F;o getrennt<lb/>
von der Mutter angebunden, bekommt 3 Wo-<lb/>
chen reine &#x017F;u&#x0364;&#x017F;&#x017F;e Milch, nachher die Butter-<lb/>
oder Kernmilch, ohne einigen Gemang von<lb/>
Wa&#x017F;&#x017F;er, Mehl oder Brod. In den Holla&#x0364;n-<lb/>
dereyen bekommt es gar kein Mehl. In den<lb/>
letztern bekommt es ta&#x0364;glich 2 mal Milch, Mor-<lb/>
gens und Nachmittags um 4 Uhr. Die&#x017F;es<lb/>
dauert 3 Wochen, nach die&#x017F;em bekommt es<lb/>
Butter- oder Kernmilch; i&#x017F;t es 6 Wochen alt,<lb/>
&#x017F;o erha&#x0364;lt es Molken, welcher von der Milch<lb/>
beym Ka&#x0364;&#x017F;emachen abfa&#x0364;lt, und dann ein wenig<lb/>
Heu, das nicht zu grob noch zu hart &#x017F;eyn darf.<lb/>
Auf unter&#x017F;chiedlichen Holla&#x0364;ndereyen pflegt man<lb/>
das Kalb, wenn es ein vierteljahr alt i&#x017F;t, ins<lb/>
Gras oder Grummet zu bringen. Allein ge-<lb/>
wo&#x0364;hnlich ge&#x017F;chiehet es nicht, &#x017F;ondern es be-<lb/>
ko&#x0364;mmt bey den Molken, oder wie &#x017F;ie es nennen,<lb/>
Watyen, des Morgens ein wenig Heu, um 9<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Q 5</fw><fw place="bottom" type="catch">Uhr</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[249/0275] beruhet, daß die Haͤlfte der Revenuͤen aus dem Viehſtande, die andere Haͤlfte aus dem Acker- baue kommt. Da die Holſteiniſche Viehzucht ein beſonder Syſtem in dieſem Nahrungsge- ſchaͤft ausmacht, ſo will ich die Hauptgrundſaͤ- tze derſelben hier einruͤcken, weil es in eine pragmatiſche Geſchichte der Oekonomie ge- hoͤrt. Sie laſſen die neugebornen Kaͤlber nicht an der Mutter, dennoch bekommt das Kalb die erſte Milch. Erſt nach dem fuͤnften mal Melken wird die Milch fuͤr Menſchen, und der Rahm zum Buttern genommen. Das Kalb wird in einem andern Stalle, und alſo getrennt von der Mutter angebunden, bekommt 3 Wo- chen reine ſuͤſſe Milch, nachher die Butter- oder Kernmilch, ohne einigen Gemang von Waſſer, Mehl oder Brod. In den Hollaͤn- dereyen bekommt es gar kein Mehl. In den letztern bekommt es taͤglich 2 mal Milch, Mor- gens und Nachmittags um 4 Uhr. Dieſes dauert 3 Wochen, nach dieſem bekommt es Butter- oder Kernmilch; iſt es 6 Wochen alt, ſo erhaͤlt es Molken, welcher von der Milch beym Kaͤſemachen abfaͤlt, und dann ein wenig Heu, das nicht zu grob noch zu hart ſeyn darf. Auf unterſchiedlichen Hollaͤndereyen pflegt man das Kalb, wenn es ein vierteljahr alt iſt, ins Gras oder Grummet zu bringen. Allein ge- woͤhnlich geſchiehet es nicht, ſondern es be- koͤmmt bey den Molken, oder wie ſie es nennen, Watyen, des Morgens ein wenig Heu, um 9 Uhr Q 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/roessig_oekonomie01_1781
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/roessig_oekonomie01_1781/275
Zitationshilfe: Rössig, Carl Gottlob: Versuch einer pragmatischen Geschichte der Ökonomie- Polizey- und Cameralwissenschaften. Deutschland. Bd. 1. Leipzig, 1781, S. 249. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roessig_oekonomie01_1781/275>, abgerufen am 22.11.2024.