Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rössig, Carl Gottlob: Versuch einer pragmatischen Geschichte der Ökonomie- Polizey- und Cameralwissenschaften. Deutschland. Bd. 1. Leipzig, 1781.

Bild:
<< vorherige Seite

Beuten wohl gereiniget, und mit dieser Schmin-
ke bestrichen sind, so erwartet man mit Verlan-
gen die Schwärme. Ehe der Schwarm selbst
auszieht, schickt er wohl einige Tage zuvor sei-
ne Fourierschützen, die Spurbienen, voraus.
Diese gehen denn, durch den starken und an-
genehmen Geruch der Bienenschminke gereizt,
von einer Beute zur andern, und suchen für ih-
re vortreffliche Monarchinn zur Errichtung eines
neuen Staats einen bequemen Palast aus.
Sie wählen vor andern gern die weichen und
körnichten Bäume. Hier geschieht es oft, daß
die Spurbienen von verschiedenen Schwärmen
zusammen treffen, die für ihre edle Gebieterinn
eben diese bequeme Wohnung in Besitz nehmen
wollen. Da kommt es denn unter diesen mu-
thigen Heldinnen allemal zu großen Scharmü-
zeln und hitzigen Gefechten, und die schwä-
chern müssen oft mit blutigen Köpfen abziehen.
Ueberhaupt ist zu der Zeit der ganze Wald ein
Kriegstheater. Haben die Spurbienen nun
eine neue Wohnung in Besitz genommen, so
schicken sie eine Parthie wieder zurück zu dem
abzuziehenden Schwarm, und das Fliegen hin
und her währet so lange, bis endlich der ganze
Schwarm unter der Anführung ihrer weisen
Königinn ausziehet. Ist die Reise weit, so
lagern sie sich eine Zeit lang auf andere Bäume,
damit ihre Regentinn unterdessen ausruhen kann.
Hier werden sie oft von dem Zeidler aufgefaßt,
weil er befürchten muß, sie mögten sonst wohl

gar

Beuten wohl gereiniget, und mit dieſer Schmin-
ke beſtrichen ſind, ſo erwartet man mit Verlan-
gen die Schwaͤrme. Ehe der Schwarm ſelbſt
auszieht, ſchickt er wohl einige Tage zuvor ſei-
ne Fourierſchuͤtzen, die Spurbienen, voraus.
Dieſe gehen denn, durch den ſtarken und an-
genehmen Geruch der Bienenſchminke gereizt,
von einer Beute zur andern, und ſuchen fuͤr ih-
re vortreffliche Monarchinn zur Errichtung eines
neuen Staats einen bequemen Palaſt aus.
Sie waͤhlen vor andern gern die weichen und
koͤrnichten Baͤume. Hier geſchieht es oft, daß
die Spurbienen von verſchiedenen Schwaͤrmen
zuſammen treffen, die fuͤr ihre edle Gebieterinn
eben dieſe bequeme Wohnung in Beſitz nehmen
wollen. Da kommt es denn unter dieſen mu-
thigen Heldinnen allemal zu großen Scharmuͤ-
zeln und hitzigen Gefechten, und die ſchwaͤ-
chern muͤſſen oft mit blutigen Koͤpfen abziehen.
Ueberhaupt iſt zu der Zeit der ganze Wald ein
Kriegstheater. Haben die Spurbienen nun
eine neue Wohnung in Beſitz genommen, ſo
ſchicken ſie eine Parthie wieder zuruͤck zu dem
abzuziehenden Schwarm, und das Fliegen hin
und her waͤhret ſo lange, bis endlich der ganze
Schwarm unter der Anfuͤhrung ihrer weiſen
Koͤniginn ausziehet. Iſt die Reiſe weit, ſo
lagern ſie ſich eine Zeit lang auf andere Baͤume,
damit ihre Regentinn unterdeſſen ausruhen kann.
Hier werden ſie oft von dem Zeidler aufgefaßt,
weil er befuͤrchten muß, ſie moͤgten ſonſt wohl

gar
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0377" n="351"/>
Beuten wohl gereiniget, und mit die&#x017F;er Schmin-<lb/>
ke be&#x017F;trichen &#x017F;ind, &#x017F;o erwartet man mit Verlan-<lb/>
gen die Schwa&#x0364;rme. Ehe der Schwarm &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
auszieht, &#x017F;chickt er wohl einige Tage zuvor &#x017F;ei-<lb/>
ne Fourier&#x017F;chu&#x0364;tzen, die Spurbienen, voraus.<lb/>
Die&#x017F;e gehen denn, durch den &#x017F;tarken und an-<lb/>
genehmen Geruch der Bienen&#x017F;chminke gereizt,<lb/>
von einer Beute zur andern, und &#x017F;uchen fu&#x0364;r ih-<lb/>
re vortreffliche Monarchinn zur Errichtung eines<lb/>
neuen Staats einen bequemen Pala&#x017F;t aus.<lb/>
Sie wa&#x0364;hlen vor andern gern die weichen und<lb/>
ko&#x0364;rnichten Ba&#x0364;ume. Hier ge&#x017F;chieht es oft, daß<lb/>
die Spurbienen von ver&#x017F;chiedenen Schwa&#x0364;rmen<lb/>
zu&#x017F;ammen treffen, die fu&#x0364;r ihre edle Gebieterinn<lb/>
eben die&#x017F;e bequeme Wohnung in Be&#x017F;itz nehmen<lb/>
wollen. Da kommt es denn unter die&#x017F;en mu-<lb/>
thigen Heldinnen allemal zu großen Scharmu&#x0364;-<lb/>
zeln und hitzigen Gefechten, und die &#x017F;chwa&#x0364;-<lb/>
chern mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en oft mit blutigen Ko&#x0364;pfen abziehen.<lb/>
Ueberhaupt i&#x017F;t zu der Zeit der ganze Wald ein<lb/>
Kriegstheater. Haben die Spurbienen nun<lb/>
eine neue Wohnung in Be&#x017F;itz genommen, &#x017F;o<lb/>
&#x017F;chicken &#x017F;ie eine Parthie wieder zuru&#x0364;ck zu dem<lb/>
abzuziehenden Schwarm, und das Fliegen hin<lb/>
und her wa&#x0364;hret &#x017F;o lange, bis endlich der ganze<lb/>
Schwarm unter der Anfu&#x0364;hrung ihrer wei&#x017F;en<lb/>
Ko&#x0364;niginn ausziehet. I&#x017F;t die Rei&#x017F;e weit, &#x017F;o<lb/>
lagern &#x017F;ie &#x017F;ich eine Zeit lang auf andere Ba&#x0364;ume,<lb/>
damit ihre Regentinn unterde&#x017F;&#x017F;en ausruhen kann.<lb/>
Hier werden &#x017F;ie oft von dem Zeidler aufgefaßt,<lb/>
weil er befu&#x0364;rchten muß, &#x017F;ie mo&#x0364;gten &#x017F;on&#x017F;t wohl<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">gar</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[351/0377] Beuten wohl gereiniget, und mit dieſer Schmin- ke beſtrichen ſind, ſo erwartet man mit Verlan- gen die Schwaͤrme. Ehe der Schwarm ſelbſt auszieht, ſchickt er wohl einige Tage zuvor ſei- ne Fourierſchuͤtzen, die Spurbienen, voraus. Dieſe gehen denn, durch den ſtarken und an- genehmen Geruch der Bienenſchminke gereizt, von einer Beute zur andern, und ſuchen fuͤr ih- re vortreffliche Monarchinn zur Errichtung eines neuen Staats einen bequemen Palaſt aus. Sie waͤhlen vor andern gern die weichen und koͤrnichten Baͤume. Hier geſchieht es oft, daß die Spurbienen von verſchiedenen Schwaͤrmen zuſammen treffen, die fuͤr ihre edle Gebieterinn eben dieſe bequeme Wohnung in Beſitz nehmen wollen. Da kommt es denn unter dieſen mu- thigen Heldinnen allemal zu großen Scharmuͤ- zeln und hitzigen Gefechten, und die ſchwaͤ- chern muͤſſen oft mit blutigen Koͤpfen abziehen. Ueberhaupt iſt zu der Zeit der ganze Wald ein Kriegstheater. Haben die Spurbienen nun eine neue Wohnung in Beſitz genommen, ſo ſchicken ſie eine Parthie wieder zuruͤck zu dem abzuziehenden Schwarm, und das Fliegen hin und her waͤhret ſo lange, bis endlich der ganze Schwarm unter der Anfuͤhrung ihrer weiſen Koͤniginn ausziehet. Iſt die Reiſe weit, ſo lagern ſie ſich eine Zeit lang auf andere Baͤume, damit ihre Regentinn unterdeſſen ausruhen kann. Hier werden ſie oft von dem Zeidler aufgefaßt, weil er befuͤrchten muß, ſie moͤgten ſonſt wohl gar

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/roessig_oekonomie01_1781
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/roessig_oekonomie01_1781/377
Zitationshilfe: Rössig, Carl Gottlob: Versuch einer pragmatischen Geschichte der Ökonomie- Polizey- und Cameralwissenschaften. Deutschland. Bd. 1. Leipzig, 1781, S. 351. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roessig_oekonomie01_1781/377>, abgerufen am 25.11.2024.