gar außer seiner Zeidelheide ihr Königreich auf- richten. Ziehen sie fort, so darf er sie vermö- ge der Gesetze weiter nicht verfolgen, als bis an die Grenze seiner Zeidelheide. Setzen sie sich nun nicht weit davon an, und er getrauet sich den Schwarm, oder vielmehr den Baum, an welchen er sich angelegt, mit dem Wurf der Zeidelart, welche er an der Grenze rücklings stehend, unter dem linken Arm durchwirft, zu erreichen, so kann er ihn aus des Nachbars Heide wegnehmen; mißlingt es ihm aber, so verliert er nicht nur seinen Schwarm, sondern er fällt überdies noch in Strafe.
Die ganze Zeidelgesellschaft besteht jetzt aus 170 Personen, welche in zwey Rotten einge- theilet werden. Jede Rotte hat ihren beson- dern Zeidelrichter und Aeltesten, die aus ihrem Mittel gewählt werden. Sie müssen aber er- fahrne Bienenväter seyn, und selbst von den abgehenden Richtern und Aeltesten approbirt werden, wenn sie zu dieser Würde gelangen wollen. Sie halten jährlich zweymal an zwey dazu bestimmten Orten ihre Versammlungen, nämlich 1) den Montag nach Estomihi, und 2) den Montag nach Bartholomäi. Bey ih- ren Versammlungen, in welchen viele alte Ce- remonien und Gebräuche, die nun freylich eben nicht zur Hauptsache gehören, herrschen, prä- sidirt allemal ein Beamter aus der Hochreichs- gräflichen Canzelley. In diesen wird der Zei- delzins abgetragen, nach Befinden der Um-
stände
gar außer ſeiner Zeidelheide ihr Koͤnigreich auf- richten. Ziehen ſie fort, ſo darf er ſie vermoͤ- ge der Geſetze weiter nicht verfolgen, als bis an die Grenze ſeiner Zeidelheide. Setzen ſie ſich nun nicht weit davon an, und er getrauet ſich den Schwarm, oder vielmehr den Baum, an welchen er ſich angelegt, mit dem Wurf der Zeidelart, welche er an der Grenze ruͤcklings ſtehend, unter dem linken Arm durchwirft, zu erreichen, ſo kann er ihn aus des Nachbars Heide wegnehmen; mißlingt es ihm aber, ſo verliert er nicht nur ſeinen Schwarm, ſondern er faͤllt uͤberdies noch in Strafe.
Die ganze Zeidelgeſellſchaft beſteht jetzt aus 170 Perſonen, welche in zwey Rotten einge- theilet werden. Jede Rotte hat ihren beſon- dern Zeidelrichter und Aelteſten, die aus ihrem Mittel gewaͤhlt werden. Sie muͤſſen aber er- fahrne Bienenvaͤter ſeyn, und ſelbſt von den abgehenden Richtern und Aelteſten approbirt werden, wenn ſie zu dieſer Wuͤrde gelangen wollen. Sie halten jaͤhrlich zweymal an zwey dazu beſtimmten Orten ihre Verſammlungen, naͤmlich 1) den Montag nach Eſtomihi, und 2) den Montag nach Bartholomaͤi. Bey ih- ren Verſammlungen, in welchen viele alte Ce- remonien und Gebraͤuche, die nun freylich eben nicht zur Hauptſache gehoͤren, herrſchen, praͤ- ſidirt allemal ein Beamter aus der Hochreichs- graͤflichen Canzelley. In dieſen wird der Zei- delzins abgetragen, nach Befinden der Um-
ſtaͤnde
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0378"n="352"/>
gar außer ſeiner Zeidelheide ihr Koͤnigreich auf-<lb/>
richten. Ziehen ſie fort, ſo darf er ſie vermoͤ-<lb/>
ge der Geſetze weiter nicht verfolgen, als bis<lb/>
an die Grenze ſeiner Zeidelheide. Setzen ſie<lb/>ſich nun nicht weit davon an, und er getrauet<lb/>ſich den Schwarm, oder vielmehr den Baum,<lb/>
an welchen er ſich angelegt, mit dem Wurf der<lb/>
Zeidelart, welche er an der Grenze ruͤcklings<lb/>ſtehend, unter dem linken Arm durchwirft, zu<lb/>
erreichen, ſo kann er ihn aus des Nachbars<lb/>
Heide wegnehmen; mißlingt es ihm aber, ſo<lb/>
verliert er nicht nur ſeinen Schwarm, ſondern<lb/>
er faͤllt uͤberdies noch in Strafe.</p><lb/><p>Die ganze Zeidelgeſellſchaft beſteht jetzt aus<lb/>
170 Perſonen, welche in zwey Rotten einge-<lb/>
theilet werden. Jede Rotte hat ihren beſon-<lb/>
dern Zeidelrichter und Aelteſten, die aus ihrem<lb/>
Mittel gewaͤhlt werden. Sie muͤſſen aber er-<lb/>
fahrne Bienenvaͤter ſeyn, und ſelbſt von den<lb/>
abgehenden Richtern und Aelteſten approbirt<lb/>
werden, wenn ſie zu dieſer Wuͤrde gelangen<lb/>
wollen. Sie halten jaͤhrlich zweymal an zwey<lb/>
dazu beſtimmten Orten ihre Verſammlungen,<lb/>
naͤmlich 1) den Montag nach Eſtomihi, und<lb/>
2) den Montag nach Bartholomaͤi. Bey ih-<lb/>
ren Verſammlungen, in welchen viele alte Ce-<lb/>
remonien und Gebraͤuche, die nun freylich eben<lb/>
nicht zur Hauptſache gehoͤren, herrſchen, praͤ-<lb/>ſidirt allemal ein Beamter aus der Hochreichs-<lb/>
graͤflichen Canzelley. In dieſen wird der Zei-<lb/>
delzins abgetragen, nach Befinden der Um-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">ſtaͤnde</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[352/0378]
gar außer ſeiner Zeidelheide ihr Koͤnigreich auf-
richten. Ziehen ſie fort, ſo darf er ſie vermoͤ-
ge der Geſetze weiter nicht verfolgen, als bis
an die Grenze ſeiner Zeidelheide. Setzen ſie
ſich nun nicht weit davon an, und er getrauet
ſich den Schwarm, oder vielmehr den Baum,
an welchen er ſich angelegt, mit dem Wurf der
Zeidelart, welche er an der Grenze ruͤcklings
ſtehend, unter dem linken Arm durchwirft, zu
erreichen, ſo kann er ihn aus des Nachbars
Heide wegnehmen; mißlingt es ihm aber, ſo
verliert er nicht nur ſeinen Schwarm, ſondern
er faͤllt uͤberdies noch in Strafe.
Die ganze Zeidelgeſellſchaft beſteht jetzt aus
170 Perſonen, welche in zwey Rotten einge-
theilet werden. Jede Rotte hat ihren beſon-
dern Zeidelrichter und Aelteſten, die aus ihrem
Mittel gewaͤhlt werden. Sie muͤſſen aber er-
fahrne Bienenvaͤter ſeyn, und ſelbſt von den
abgehenden Richtern und Aelteſten approbirt
werden, wenn ſie zu dieſer Wuͤrde gelangen
wollen. Sie halten jaͤhrlich zweymal an zwey
dazu beſtimmten Orten ihre Verſammlungen,
naͤmlich 1) den Montag nach Eſtomihi, und
2) den Montag nach Bartholomaͤi. Bey ih-
ren Verſammlungen, in welchen viele alte Ce-
remonien und Gebraͤuche, die nun freylich eben
nicht zur Hauptſache gehoͤren, herrſchen, praͤ-
ſidirt allemal ein Beamter aus der Hochreichs-
graͤflichen Canzelley. In dieſen wird der Zei-
delzins abgetragen, nach Befinden der Um-
ſtaͤnde
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Rössig, Carl Gottlob: Versuch einer pragmatischen Geschichte der Ökonomie- Polizey- und Cameralwissenschaften. Deutschland. Bd. 1. Leipzig, 1781, S. 352. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roessig_oekonomie01_1781/378>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.