Quintinie, mußte ihn auf diese nutzbare Schön- heit wieder aufmerksam machen, indem er in den Gärten seines Königs diese Gewächse hinter die Rabatte stellte, von welcher Zeit an auch der Deutsche sie wieder in seine Lustgärten nahm. So war nun der deutsche Garten aus den Gärten vieler Nationen zusammengesetzt. Von den Italienern und Franzosen hatte er das Architektonische in den Verzierungen, die ungeheuren grünen Wände und Gänge, die dem Auge oft die schönsten Aussichten entzie- hen, die architektonische Regelmäßigkeit, die einförmigen Alleen, die Gänge nach geometri- schen Zeichnungen, die Labyrinthe, Cabinette, die symmetrischen Blumenbeete. Daher spitzten sich so viele Taxuspyramiden und Säu- len, die nicht nur durch ihre Wurzeln den um- stehenden Gewächsen und Bäumen schaden, indem sie das Land aussaugen und ihnen die Nahrung entziehen, sondern sogar, wie man neuerlich in Frankreich bemerkt hat, durch ih- ren Schatten oder vielmehr Ausdünstung schaden. Die Holländer gaben uns den schim- mernden Putz und chinesische Tändeleyen, die spielerischen Zierarten der Conchylien und Grottenwerke, die bunten Statüen, die unna- türlichen Bildwerke von immergrünenden Bäumen, wobey sie zugleich meist ihre Gär- ten überladen; vorzüglich aber auch die ver- schwendende Pracht mit Blumen des entfern- testen Himmels und fremder Welten. Son-
derlich
Quintinie, mußte ihn auf dieſe nutzbare Schoͤn- heit wieder aufmerkſam machen, indem er in den Gaͤrten ſeines Koͤnigs dieſe Gewaͤchſe hinter die Rabatte ſtellte, von welcher Zeit an auch der Deutſche ſie wieder in ſeine Luſtgaͤrten nahm. So war nun der deutſche Garten aus den Gaͤrten vieler Nationen zuſammengeſetzt. Von den Italienern und Franzoſen hatte er das Architektoniſche in den Verzierungen, die ungeheuren gruͤnen Waͤnde und Gaͤnge, die dem Auge oft die ſchoͤnſten Ausſichten entzie- hen, die architektoniſche Regelmaͤßigkeit, die einfoͤrmigen Alleen, die Gaͤnge nach geometri- ſchen Zeichnungen, die Labyrinthe, Cabinette, die ſymmetriſchen Blumenbeete. Daher ſpitzten ſich ſo viele Taxuspyramiden und Saͤu- len, die nicht nur durch ihre Wurzeln den um- ſtehenden Gewaͤchſen und Baͤumen ſchaden, indem ſie das Land ausſaugen und ihnen die Nahrung entziehen, ſondern ſogar, wie man neuerlich in Frankreich bemerkt hat, durch ih- ren Schatten oder vielmehr Ausduͤnſtung ſchaden. Die Hollaͤnder gaben uns den ſchim- mernden Putz und chineſiſche Taͤndeleyen, die ſpieleriſchen Zierarten der Conchylien und Grottenwerke, die bunten Statuͤen, die unna- tuͤrlichen Bildwerke von immergruͤnenden Baͤumen, wobey ſie zugleich meiſt ihre Gaͤr- ten uͤberladen; vorzuͤglich aber auch die ver- ſchwendende Pracht mit Blumen des entfern- teſten Himmels und fremder Welten. Son-
derlich
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0072"n="62"/>
Quintinie, mußte ihn auf dieſe nutzbare Schoͤn-<lb/>
heit wieder aufmerkſam machen, indem er in den<lb/>
Gaͤrten ſeines Koͤnigs dieſe Gewaͤchſe hinter<lb/>
die Rabatte ſtellte, von welcher Zeit an auch<lb/>
der Deutſche ſie wieder in ſeine Luſtgaͤrten<lb/>
nahm. So war nun der deutſche Garten aus<lb/>
den Gaͤrten vieler Nationen zuſammengeſetzt.<lb/>
Von den Italienern und Franzoſen hatte er<lb/>
das Architektoniſche in den Verzierungen, die<lb/>
ungeheuren gruͤnen Waͤnde und Gaͤnge, die<lb/>
dem Auge oft die ſchoͤnſten Ausſichten entzie-<lb/>
hen, die architektoniſche Regelmaͤßigkeit, die<lb/>
einfoͤrmigen Alleen, die Gaͤnge nach geometri-<lb/>ſchen Zeichnungen, die Labyrinthe, Cabinette,<lb/>
die ſymmetriſchen Blumenbeete. Daher<lb/>ſpitzten ſich ſo viele Taxuspyramiden und Saͤu-<lb/>
len, die nicht nur durch ihre Wurzeln den um-<lb/>ſtehenden Gewaͤchſen und Baͤumen ſchaden,<lb/>
indem ſie das Land ausſaugen und ihnen die<lb/>
Nahrung entziehen, ſondern ſogar, wie man<lb/>
neuerlich in Frankreich bemerkt hat, durch ih-<lb/>
ren Schatten oder vielmehr Ausduͤnſtung<lb/>ſchaden. Die Hollaͤnder gaben uns den ſchim-<lb/>
mernden Putz und chineſiſche Taͤndeleyen, die<lb/>ſpieleriſchen Zierarten der Conchylien und<lb/>
Grottenwerke, die bunten Statuͤen, die unna-<lb/>
tuͤrlichen Bildwerke von immergruͤnenden<lb/>
Baͤumen, wobey ſie zugleich meiſt ihre Gaͤr-<lb/>
ten uͤberladen; vorzuͤglich aber auch die ver-<lb/>ſchwendende Pracht mit Blumen des entfern-<lb/>
teſten Himmels und fremder Welten. Son-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">derlich</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[62/0072]
Quintinie, mußte ihn auf dieſe nutzbare Schoͤn-
heit wieder aufmerkſam machen, indem er in den
Gaͤrten ſeines Koͤnigs dieſe Gewaͤchſe hinter
die Rabatte ſtellte, von welcher Zeit an auch
der Deutſche ſie wieder in ſeine Luſtgaͤrten
nahm. So war nun der deutſche Garten aus
den Gaͤrten vieler Nationen zuſammengeſetzt.
Von den Italienern und Franzoſen hatte er
das Architektoniſche in den Verzierungen, die
ungeheuren gruͤnen Waͤnde und Gaͤnge, die
dem Auge oft die ſchoͤnſten Ausſichten entzie-
hen, die architektoniſche Regelmaͤßigkeit, die
einfoͤrmigen Alleen, die Gaͤnge nach geometri-
ſchen Zeichnungen, die Labyrinthe, Cabinette,
die ſymmetriſchen Blumenbeete. Daher
ſpitzten ſich ſo viele Taxuspyramiden und Saͤu-
len, die nicht nur durch ihre Wurzeln den um-
ſtehenden Gewaͤchſen und Baͤumen ſchaden,
indem ſie das Land ausſaugen und ihnen die
Nahrung entziehen, ſondern ſogar, wie man
neuerlich in Frankreich bemerkt hat, durch ih-
ren Schatten oder vielmehr Ausduͤnſtung
ſchaden. Die Hollaͤnder gaben uns den ſchim-
mernden Putz und chineſiſche Taͤndeleyen, die
ſpieleriſchen Zierarten der Conchylien und
Grottenwerke, die bunten Statuͤen, die unna-
tuͤrlichen Bildwerke von immergruͤnenden
Baͤumen, wobey ſie zugleich meiſt ihre Gaͤr-
ten uͤberladen; vorzuͤglich aber auch die ver-
ſchwendende Pracht mit Blumen des entfern-
teſten Himmels und fremder Welten. Son-
derlich
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Rössig, Carl Gottlob: Versuch einer pragmatischen Geschichte der Ökonomie- Polizey- und Cameralwissenschaften. Deutschland. Bd. 2,1. Leipzig, 1782, S. 62. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roessig_oekonomie02_1782/72>, abgerufen am 27.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.