Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rössig, Carl Gottlob: Versuch einer pragmatischen Geschichte der Ökonomie- Polizey- und Cameralwissenschaften. Deutschland. Bd. 2,1. Leipzig, 1782.

Bild:
<< vorherige Seite

"Schöner ist der ungekünstelte schattige
Hain mit seinen gekrümmten Gängen, schö-
ner sind die Wiesen mit tausendfältigen
Blumen geschmückt; ich hab' auch Blumen
um die Hütte gepflanzt, Majoran, Lilien,
Rosen; und, o wie schön sind die Quellen,
wenn sie aus Klippen sprudeln, oder aus
dem Gebüsche von Hügeln fallen, und dann
durch blumige Wiesen sich schlängeln!" --

Nicht weniger getreu der Natur schildert
der Dichter den ländlichen Garten, der mit
zu dem Plane von Glückseligkeit gehörte, die
seine Muse wünschte.

"Hinten am Hause sey mein geräumiger
Garten, wo einfältige Kunst den angeneh-
men Phantasien der Natur mit gehorsa-
mer Hülfe beysteht, nicht aufrührisch sie
zum dienstbaren Stoff sich macht, in gro-
teske Bilder sie zu schaffen. Wände von
Nußstrauch umzäunen ihn, und in jeder
Ecke steht eine grüne Hütte von wilden Ro-
sen; dahin würd' ich oft den Strahlen
der Sonne entweichen, oder sehen, wie der
braue Gärtner die Beete umgräbt, um
schmackhafte Gartengewächse zu säen, oder
ich hälf ihm die flatternden Gewächse an
Stäben aufbinden, oder der Rosenstauden
warten, und der zerstreuten Nelken und
Lilien. Außen am Garten müßt ein klarer
Bach meine grasreiche Wiese durchschlän-
geln; er schlängelte sich dann durch den

schatti-

„Schoͤner iſt der ungekuͤnſtelte ſchattige
Hain mit ſeinen gekruͤmmten Gaͤngen, ſchoͤ-
ner ſind die Wieſen mit tauſendfaͤltigen
Blumen geſchmuͤckt; ich hab’ auch Blumen
um die Huͤtte gepflanzt, Majoran, Lilien,
Roſen; und, o wie ſchoͤn ſind die Quellen,
wenn ſie aus Klippen ſprudeln, oder aus
dem Gebuͤſche von Huͤgeln fallen, und dann
durch blumige Wieſen ſich ſchlaͤngeln!“ —

Nicht weniger getreu der Natur ſchildert
der Dichter den laͤndlichen Garten, der mit
zu dem Plane von Gluͤckſeligkeit gehoͤrte, die
ſeine Muſe wuͤnſchte.

„Hinten am Hauſe ſey mein geraͤumiger
Garten, wo einfaͤltige Kunſt den angeneh-
men Phantaſien der Natur mit gehorſa-
mer Huͤlfe beyſteht, nicht aufruͤhriſch ſie
zum dienſtbaren Stoff ſich macht, in gro-
teſke Bilder ſie zu ſchaffen. Waͤnde von
Nußſtrauch umzaͤunen ihn, und in jeder
Ecke ſteht eine gruͤne Huͤtte von wilden Ro-
ſen; dahin wuͤrd’ ich oft den Strahlen
der Sonne entweichen, oder ſehen, wie der
braue Gaͤrtner die Beete umgraͤbt, um
ſchmackhafte Gartengewaͤchſe zu ſaͤen, oder
ich haͤlf ihm die flatternden Gewaͤchſe an
Staͤben aufbinden, oder der Roſenſtauden
warten, und der zerſtreuten Nelken und
Lilien. Außen am Garten muͤßt ein klarer
Bach meine grasreiche Wieſe durchſchlaͤn-
geln; er ſchlaͤngelte ſich dann durch den

ſchatti-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p>
            <pb facs="#f0082" n="72"/> <hi rendition="#et">&#x201E;Scho&#x0364;ner i&#x017F;t der ungeku&#x0364;n&#x017F;telte &#x017F;chattige<lb/>
Hain mit &#x017F;einen gekru&#x0364;mmten Ga&#x0364;ngen, &#x017F;cho&#x0364;-<lb/>
ner &#x017F;ind die Wie&#x017F;en mit tau&#x017F;endfa&#x0364;ltigen<lb/>
Blumen ge&#x017F;chmu&#x0364;ckt; ich hab&#x2019; auch Blumen<lb/>
um die Hu&#x0364;tte gepflanzt, Majoran, Lilien,<lb/>
Ro&#x017F;en; und, o wie &#x017F;cho&#x0364;n &#x017F;ind die Quellen,<lb/>
wenn &#x017F;ie aus Klippen &#x017F;prudeln, oder aus<lb/>
dem Gebu&#x0364;&#x017F;che von Hu&#x0364;geln fallen, und dann<lb/>
durch blumige Wie&#x017F;en &#x017F;ich &#x017F;chla&#x0364;ngeln!&#x201C; &#x2014;</hi> </p><lb/>
          <p>Nicht weniger getreu der Natur &#x017F;childert<lb/>
der Dichter den la&#x0364;ndlichen Garten, der mit<lb/>
zu dem Plane von Glu&#x0364;ck&#x017F;eligkeit geho&#x0364;rte, die<lb/>
&#x017F;eine Mu&#x017F;e wu&#x0364;n&#x017F;chte.</p><lb/>
          <p> <hi rendition="#et">&#x201E;Hinten am Hau&#x017F;e &#x017F;ey mein gera&#x0364;umiger<lb/>
Garten, wo einfa&#x0364;ltige Kun&#x017F;t den angeneh-<lb/>
men Phanta&#x017F;ien der Natur mit gehor&#x017F;a-<lb/>
mer Hu&#x0364;lfe bey&#x017F;teht, nicht aufru&#x0364;hri&#x017F;ch &#x017F;ie<lb/>
zum dien&#x017F;tbaren Stoff &#x017F;ich macht, in gro-<lb/>
te&#x017F;ke Bilder &#x017F;ie zu &#x017F;chaffen. Wa&#x0364;nde von<lb/>
Nuß&#x017F;trauch umza&#x0364;unen ihn, und in jeder<lb/>
Ecke &#x017F;teht eine gru&#x0364;ne Hu&#x0364;tte von wilden Ro-<lb/>
&#x017F;en; dahin wu&#x0364;rd&#x2019; ich oft den Strahlen<lb/>
der Sonne entweichen, oder &#x017F;ehen, wie der<lb/>
braue Ga&#x0364;rtner die Beete umgra&#x0364;bt, um<lb/>
&#x017F;chmackhafte Gartengewa&#x0364;ch&#x017F;e zu &#x017F;a&#x0364;en, oder<lb/>
ich ha&#x0364;lf ihm die flatternden Gewa&#x0364;ch&#x017F;e an<lb/>
Sta&#x0364;ben aufbinden, oder der Ro&#x017F;en&#x017F;tauden<lb/>
warten, und der zer&#x017F;treuten Nelken und<lb/>
Lilien. Außen am Garten mu&#x0364;ßt ein klarer<lb/>
Bach meine grasreiche Wie&#x017F;e durch&#x017F;chla&#x0364;n-<lb/>
geln; er &#x017F;chla&#x0364;ngelte &#x017F;ich dann durch den</hi><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch">&#x017F;chatti-</fw><lb/>
          </p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[72/0082] „Schoͤner iſt der ungekuͤnſtelte ſchattige Hain mit ſeinen gekruͤmmten Gaͤngen, ſchoͤ- ner ſind die Wieſen mit tauſendfaͤltigen Blumen geſchmuͤckt; ich hab’ auch Blumen um die Huͤtte gepflanzt, Majoran, Lilien, Roſen; und, o wie ſchoͤn ſind die Quellen, wenn ſie aus Klippen ſprudeln, oder aus dem Gebuͤſche von Huͤgeln fallen, und dann durch blumige Wieſen ſich ſchlaͤngeln!“ — Nicht weniger getreu der Natur ſchildert der Dichter den laͤndlichen Garten, der mit zu dem Plane von Gluͤckſeligkeit gehoͤrte, die ſeine Muſe wuͤnſchte. „Hinten am Hauſe ſey mein geraͤumiger Garten, wo einfaͤltige Kunſt den angeneh- men Phantaſien der Natur mit gehorſa- mer Huͤlfe beyſteht, nicht aufruͤhriſch ſie zum dienſtbaren Stoff ſich macht, in gro- teſke Bilder ſie zu ſchaffen. Waͤnde von Nußſtrauch umzaͤunen ihn, und in jeder Ecke ſteht eine gruͤne Huͤtte von wilden Ro- ſen; dahin wuͤrd’ ich oft den Strahlen der Sonne entweichen, oder ſehen, wie der braue Gaͤrtner die Beete umgraͤbt, um ſchmackhafte Gartengewaͤchſe zu ſaͤen, oder ich haͤlf ihm die flatternden Gewaͤchſe an Staͤben aufbinden, oder der Roſenſtauden warten, und der zerſtreuten Nelken und Lilien. Außen am Garten muͤßt ein klarer Bach meine grasreiche Wieſe durchſchlaͤn- geln; er ſchlaͤngelte ſich dann durch den ſchatti-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/roessig_oekonomie02_1782
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/roessig_oekonomie02_1782/82
Zitationshilfe: Rössig, Carl Gottlob: Versuch einer pragmatischen Geschichte der Ökonomie- Polizey- und Cameralwissenschaften. Deutschland. Bd. 2,1. Leipzig, 1782, S. 72. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roessig_oekonomie02_1782/82>, abgerufen am 27.11.2024.