schattigen Hain fruchtbarer Bäume von jungen zarten Stämmen durchmischet. Ich würde ihn in der Mitte zu einem kleinen Teich sich sammeln lassen, und in des Tei- ches Mitte baute ich eine Laube auf eine klei- ne aufgeworfne Insel. Zöge sich dann noch ein kleiner Rebberg an der Seite in die offne Gegend hinaus, und ein kleines Feld mit winkenden Aehren, wäre der reich- ste König dann gegen mich beneidenswerth? -- -- -- Was entzückt mehr, als die schöne Natur, wenn sie in harmonischer Unordnung ihre unendlich mannichfaltigen Schönheiten umwindet? Zu kühner Mensch, was unterwindest du dich, die Natur durch weit her nachahmende Künste zu schmücken? Baue Labyrinthe von grünen Wänden, und laß den gespitzten Taxus in abgemessener Weite emporstehen; die Gänge seyn reiner Sand, daß kein Gesträuch den wandelnden Fußtritt verwirre. Mir gefällt die länd- liche Wiese und der verwilderte Hayn; ih- re Mannichfaltigkeit und Verwirrung hat die Natur nach geheimern Regeln der Har- monie und der Schönheit geordnet, die unsre Seele voll sanften Entzückens em- pfindet."
Die Schilderungen der übrigen Dichter anzuführen, wäre hier zu weitläuftig. Sulzer nahm die Gartenkunst zuerst unter die schö- nen Künste auf, da sie vorher, wie ich oben
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ſchattigen Hain fruchtbarer Baͤume von jungen zarten Staͤmmen durchmiſchet. Ich wuͤrde ihn in der Mitte zu einem kleinen Teich ſich ſammeln laſſen, und in des Tei- ches Mitte baute ich eine Laube auf eine klei- ne aufgeworfne Inſel. Zoͤge ſich dann noch ein kleiner Rebberg an der Seite in die offne Gegend hinaus, und ein kleines Feld mit winkenden Aehren, waͤre der reich- ſte Koͤnig dann gegen mich beneidenswerth? — — — Was entzuͤckt mehr, als die ſchoͤne Natur, wenn ſie in harmoniſcher Unordnung ihre unendlich mannichfaltigen Schoͤnheiten umwindet? Zu kuͤhner Menſch, was unterwindeſt du dich, die Natur durch weit her nachahmende Kuͤnſte zu ſchmuͤcken? Baue Labyrinthe von gruͤnen Waͤnden, und laß den geſpitzten Taxus in abgemeſſener Weite emporſtehen; die Gaͤnge ſeyn reiner Sand, daß kein Geſtraͤuch den wandelnden Fußtritt verwirre. Mir gefaͤllt die laͤnd- liche Wieſe und der verwilderte Hayn; ih- re Mannichfaltigkeit und Verwirrung hat die Natur nach geheimern Regeln der Har- monie und der Schoͤnheit geordnet, die unſre Seele voll ſanften Entzuͤckens em- pfindet.“
Die Schilderungen der uͤbrigen Dichter anzufuͤhren, waͤre hier zu weitlaͤuftig. Sulzer nahm die Gartenkunſt zuerſt unter die ſchoͤ- nen Kuͤnſte auf, da ſie vorher, wie ich oben
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ſchattigen Hain fruchtbarer Baͤume von
jungen zarten Staͤmmen durchmiſchet. Ich
wuͤrde ihn in der Mitte zu einem kleinen
Teich ſich ſammeln laſſen, und in des Tei-
ches Mitte baute ich eine Laube auf eine klei-
ne aufgeworfne Inſel. Zoͤge ſich dann
noch ein kleiner Rebberg an der Seite in
die offne Gegend hinaus, und ein kleines
Feld mit winkenden Aehren, waͤre der reich-
ſte Koͤnig dann gegen mich beneidenswerth?
— — — Was entzuͤckt mehr, als die
ſchoͤne Natur, wenn ſie in harmoniſcher
Unordnung ihre unendlich mannichfaltigen
Schoͤnheiten umwindet? Zu kuͤhner Menſch,
was unterwindeſt du dich, die Natur durch
weit her nachahmende Kuͤnſte zu ſchmuͤcken?
Baue Labyrinthe von gruͤnen Waͤnden, und
laß den geſpitzten Taxus in abgemeſſener
Weite emporſtehen; die Gaͤnge ſeyn reiner
Sand, daß kein Geſtraͤuch den wandelnden
Fußtritt verwirre. Mir gefaͤllt die laͤnd-
liche Wieſe und der verwilderte Hayn; ih-
re Mannichfaltigkeit und Verwirrung hat
die Natur nach geheimern Regeln der Har-
monie und der Schoͤnheit geordnet, die
unſre Seele voll ſanften Entzuͤckens em-
pfindet.“
Die Schilderungen der uͤbrigen Dichter
anzufuͤhren, waͤre hier zu weitlaͤuftig. Sulzer
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Rössig, Carl Gottlob: Versuch einer pragmatischen Geschichte der Ökonomie- Polizey- und Cameralwissenschaften. Deutschland. Bd. 2,1. Leipzig, 1782, S. 73. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roessig_oekonomie02_1782/83>, abgerufen am 27.11.2024.
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