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Rohde, Erwin: Psyche. Seelencult und Unsterblichkeitsglaube der Griechen. Freiburg u. a., 1894.

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von ihren eigenen Händen bezwungen, heisst es, gingen in das
dumpfige Haus des schauerlichen Hades ein, namenlos; der
Tod, der schwarze, ergriff sie, so furchtbar sie waren, und sie
verliessen das helle Licht der Sonne.

Wäre nicht der Zusatz "namenlos", man könnte hier in
der That das Schicksal der Seelen der homerischen Helden
beschrieben glauben. Vielleicht soll aber mit jenem Worte 1)
gesagt sein, dass kein ehrender und bezeichnender Beiname,
wie doch den Seelen des ersten und zweiten und auch des
vierten Geschlechtes, diesen spurlos in die Nichtigkeit des
Schattenreiches versunkenen und selbst nichtig gewordenen
Seelen gegeben werde und werden könne.

Es folgt "der Heroen göttliches Geschlecht, die Halb-
götter genannt werden". Sie verdarb der Krieg um Theben
und der um Troja. Einen Theil von ihnen "verhüllte des Todes
Erfüllung"; anderen gewährte, fern von den Menschen, Leben
und Aufenthalt Zeus der Kronide, und liess sie wohnen an
den Enden der Erde. Dort wohnen sie, sorgenfrei, auf den
Inseln der Seligen, am strömenden Okeanos, die beglückten
Heroen, denen süsse Frucht dreimal im Jahre (von selbst) die
Erde schenkt.

Hier zuerst sind wir herabgestiegen in einen deutlich be-
stimmbaren Abschnitt der Sagengeschichte. Von den Helden,
deren Abenteuer Thebais und Ilias und die hieran ange-
schlossenen Gedichte erzählten, will der Dichter berichten
Auffallend tritt hervor, wie geschichtlos noch das Griechen-

meinen, das silberne Geschlecht falle, gleich dem goldenen, noch in die
Zeit vor Zeus' Herrschaft, epi Kronou ot ourano embasileuen (v. 111); und
so verstand den Hesiod wohl "Orpheus", wenn er tou argurou genous
basileuein phesi ton Kronon (Procl. zu v. 126). Aber damit liesse sich
doch v. 138 Zeus Kronides ktl. nur sehr gezwungen vereinigen. Hesiod
mag also das silberne Geschlecht bereits in die Zeit setzen als sub Jore
mundus erat
(so ausdrücklich Ovid, Met. 1, 113 f.); es fällt ihm den-
noch in frühe, vorgeschichtliche Vergangenheit.
1) nonumnoi 154 kann ja ebensowohl "namenlos" d. h. ohne specielle
Benennung heissen, als "ruhmlos" (so allerdings bei Homer meistens,
wenn nicht immer).

von ihren eigenen Händen bezwungen, heisst es, gingen in das
dumpfige Haus des schauerlichen Hades ein, namenlos; der
Tod, der schwarze, ergriff sie, so furchtbar sie waren, und sie
verliessen das helle Licht der Sonne.

Wäre nicht der Zusatz „namenlos“, man könnte hier in
der That das Schicksal der Seelen der homerischen Helden
beschrieben glauben. Vielleicht soll aber mit jenem Worte 1)
gesagt sein, dass kein ehrender und bezeichnender Beiname,
wie doch den Seelen des ersten und zweiten und auch des
vierten Geschlechtes, diesen spurlos in die Nichtigkeit des
Schattenreiches versunkenen und selbst nichtig gewordenen
Seelen gegeben werde und werden könne.

Es folgt „der Heroen göttliches Geschlecht, die Halb-
götter genannt werden“. Sie verdarb der Krieg um Theben
und der um Troja. Einen Theil von ihnen „verhüllte des Todes
Erfüllung“; anderen gewährte, fern von den Menschen, Leben
und Aufenthalt Zeus der Kronide, und liess sie wohnen an
den Enden der Erde. Dort wohnen sie, sorgenfrei, auf den
Inseln der Seligen, am strömenden Okeanos, die beglückten
Heroen, denen süsse Frucht dreimal im Jahre (von selbst) die
Erde schenkt.

Hier zuerst sind wir herabgestiegen in einen deutlich be-
stimmbaren Abschnitt der Sagengeschichte. Von den Helden,
deren Abenteuer Thebaïs und Ilias und die hieran ange-
schlossenen Gedichte erzählten, will der Dichter berichten
Auffallend tritt hervor, wie geschichtlos noch das Griechen-

meinen, das silberne Geschlecht falle, gleich dem goldenen, noch in die
Zeit vor Zeus’ Herrschaft, ἐπὶ Κρόνου ὅτ̕ οὐρανῷ ἐμβασίλευεν (v. 111); und
so verstand den Hesiod wohl „Orpheus“, wenn er τοῦ ἀργυροῦ γένους
βασιλεύειν φησὶ τὸν Κρόνον (Procl. zu v. 126). Aber damit liesse sich
doch v. 138 Ζεὺς Κρονίδης κτλ. nur sehr gezwungen vereinigen. Hesiod
mag also das silberne Geschlecht bereits in die Zeit setzen als sub Jore
mundus erat
(so ausdrücklich Ovid, Met. 1, 113 f.); es fällt ihm den-
noch in frühe, vorgeschichtliche Vergangenheit.
1) νώνυμνοι 154 kann ja ebensowohl „namenlos“ d. h. ohne specielle
Benennung heissen, als „ruhmlos“ (so allerdings bei Homer meistens,
wenn nicht immer).
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[96/0112] von ihren eigenen Händen bezwungen, heisst es, gingen in das dumpfige Haus des schauerlichen Hades ein, namenlos; der Tod, der schwarze, ergriff sie, so furchtbar sie waren, und sie verliessen das helle Licht der Sonne. Wäre nicht der Zusatz „namenlos“, man könnte hier in der That das Schicksal der Seelen der homerischen Helden beschrieben glauben. Vielleicht soll aber mit jenem Worte 1) gesagt sein, dass kein ehrender und bezeichnender Beiname, wie doch den Seelen des ersten und zweiten und auch des vierten Geschlechtes, diesen spurlos in die Nichtigkeit des Schattenreiches versunkenen und selbst nichtig gewordenen Seelen gegeben werde und werden könne. Es folgt „der Heroen göttliches Geschlecht, die Halb- götter genannt werden“. Sie verdarb der Krieg um Theben und der um Troja. Einen Theil von ihnen „verhüllte des Todes Erfüllung“; anderen gewährte, fern von den Menschen, Leben und Aufenthalt Zeus der Kronide, und liess sie wohnen an den Enden der Erde. Dort wohnen sie, sorgenfrei, auf den Inseln der Seligen, am strömenden Okeanos, die beglückten Heroen, denen süsse Frucht dreimal im Jahre (von selbst) die Erde schenkt. Hier zuerst sind wir herabgestiegen in einen deutlich be- stimmbaren Abschnitt der Sagengeschichte. Von den Helden, deren Abenteuer Thebaïs und Ilias und die hieran ange- schlossenen Gedichte erzählten, will der Dichter berichten Auffallend tritt hervor, wie geschichtlos noch das Griechen- 3) 1) νώνυμνοι 154 kann ja ebensowohl „namenlos“ d. h. ohne specielle Benennung heissen, als „ruhmlos“ (so allerdings bei Homer meistens, wenn nicht immer). 3) meinen, das silberne Geschlecht falle, gleich dem goldenen, noch in die Zeit vor Zeus’ Herrschaft, ἐπὶ Κρόνου ὅτ̕ οὐρανῷ ἐμβασίλευεν (v. 111); und so verstand den Hesiod wohl „Orpheus“, wenn er τοῦ ἀργυροῦ γένους βασιλεύειν φησὶ τὸν Κρόνον (Procl. zu v. 126). Aber damit liesse sich doch v. 138 Ζεὺς Κρονίδης κτλ. nur sehr gezwungen vereinigen. Hesiod mag also das silberne Geschlecht bereits in die Zeit setzen als sub Jore mundus erat (so ausdrücklich Ovid, Met. 1, 113 f.); es fällt ihm den- noch in frühe, vorgeschichtliche Vergangenheit.

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Zitationshilfe: Rohde, Erwin: Psyche. Seelencult und Unsterblichkeitsglaube der Griechen. Freiburg u. a., 1894, S. 96. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohde_psyche_1894/112>, abgerufen am 21.11.2024.