Rohde, Erwin: Psyche. Seelencult und Unsterblichkeitsglaube der Griechen. Freiburg u. a., 1894.von ihren eigenen Händen bezwungen, heisst es, gingen in das Wäre nicht der Zusatz "namenlos", man könnte hier in Es folgt "der Heroen göttliches Geschlecht, die Halb- Hier zuerst sind wir herabgestiegen in einen deutlich be- meinen, das silberne Geschlecht falle, gleich dem goldenen, noch in die Zeit vor Zeus' Herrschaft, epi Kronou ot ourano embasileuen (v. 111); und so verstand den Hesiod wohl "Orpheus", wenn er tou argurou genous basileuein phesi ton Kronon (Procl. zu v. 126). Aber damit liesse sich doch v. 138 Zeus Kronides ktl. nur sehr gezwungen vereinigen. Hesiod mag also das silberne Geschlecht bereits in die Zeit setzen als sub Jore mundus erat (so ausdrücklich Ovid, Met. 1, 113 f.); es fällt ihm den- noch in frühe, vorgeschichtliche Vergangenheit. 1) nonumnoi 154 kann ja ebensowohl "namenlos" d. h. ohne specielle
Benennung heissen, als "ruhmlos" (so allerdings bei Homer meistens, wenn nicht immer). von ihren eigenen Händen bezwungen, heisst es, gingen in das Wäre nicht der Zusatz „namenlos“, man könnte hier in Es folgt „der Heroen göttliches Geschlecht, die Halb- Hier zuerst sind wir herabgestiegen in einen deutlich be- meinen, das silberne Geschlecht falle, gleich dem goldenen, noch in die Zeit vor Zeus’ Herrschaft, ἐπὶ Κρόνου ὅτ̕ οὐρανῷ ἐμβασίλευεν (v. 111); und so verstand den Hesiod wohl „Orpheus“, wenn er τοῦ ἀργυροῦ γένους βασιλεύειν φησὶ τὸν Κρόνον (Procl. zu v. 126). Aber damit liesse sich doch v. 138 Ζεὺς Κρονίδης κτλ. nur sehr gezwungen vereinigen. Hesiod mag also das silberne Geschlecht bereits in die Zeit setzen als sub Jore mundus erat (so ausdrücklich Ovid, Met. 1, 113 f.); es fällt ihm den- noch in frühe, vorgeschichtliche Vergangenheit. 1) νώνυμνοι 154 kann ja ebensowohl „namenlos“ d. h. ohne specielle
Benennung heissen, als „ruhmlos“ (so allerdings bei Homer meistens, wenn nicht immer). <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0112" n="96"/> von ihren eigenen Händen bezwungen, heisst es, gingen in das<lb/> dumpfige Haus des schauerlichen Hades ein, namenlos; der<lb/> Tod, der schwarze, ergriff sie, so furchtbar sie waren, und sie<lb/> verliessen das helle Licht der Sonne.</p><lb/> <p>Wäre nicht der Zusatz „namenlos“, man könnte hier in<lb/> der That das Schicksal der Seelen der homerischen Helden<lb/> beschrieben glauben. Vielleicht soll aber mit jenem Worte <note place="foot" n="1)">νώνυμνοι 154 kann ja ebensowohl „namenlos“ d. h. ohne specielle<lb/> Benennung heissen, als „ruhmlos“ (so allerdings bei Homer meistens,<lb/> wenn nicht immer).</note><lb/> gesagt sein, dass kein ehrender und bezeichnender Beiname,<lb/> wie doch den Seelen des ersten und zweiten und auch des<lb/> vierten Geschlechtes, diesen spurlos in die Nichtigkeit des<lb/> Schattenreiches versunkenen und selbst nichtig gewordenen<lb/> Seelen gegeben werde und werden könne.</p><lb/> <p>Es folgt „der <hi rendition="#g">Heroen</hi> göttliches Geschlecht, die Halb-<lb/> götter genannt werden“. Sie verdarb der Krieg um Theben<lb/> und der um Troja. Einen Theil von ihnen „verhüllte des Todes<lb/> Erfüllung“; anderen gewährte, fern von den Menschen, Leben<lb/> und Aufenthalt Zeus der Kronide, und liess sie wohnen an<lb/> den Enden der Erde. Dort wohnen sie, sorgenfrei, auf den<lb/><hi rendition="#g">Inseln der Seligen</hi>, am strömenden Okeanos, die beglückten<lb/> Heroen, denen süsse Frucht dreimal im Jahre (von selbst) die<lb/> Erde schenkt.</p><lb/> <p>Hier zuerst sind wir herabgestiegen in einen deutlich be-<lb/> stimmbaren Abschnitt der Sagengeschichte. Von den Helden,<lb/> deren Abenteuer Thebaïs und Ilias und die hieran ange-<lb/> schlossenen Gedichte erzählten, will der Dichter berichten<lb/> Auffallend tritt hervor, wie geschichtlos noch das Griechen-<lb/><note xml:id="seg2pn_21_2" prev="#seg2pn_21_1" place="foot" n="3)">meinen, das silberne Geschlecht falle, gleich dem goldenen, noch in die<lb/> Zeit vor Zeus’ Herrschaft, ἐπὶ Κρόνου ὅτ̕ οὐρανῷ ἐμβασίλευεν (v. 111); und<lb/> so verstand den Hesiod wohl „Orpheus“, wenn er τοῦ ἀργυροῦ γένους<lb/> βασιλεύειν φησὶ τὸν Κρόνον (Procl. zu v. 126). Aber damit liesse sich<lb/> doch v. 138 Ζεὺς Κρονίδης κτλ. nur sehr gezwungen vereinigen. Hesiod<lb/> mag also das silberne Geschlecht bereits in die Zeit setzen als <hi rendition="#i">sub Jore<lb/> mundus erat</hi> (so ausdrücklich Ovid, <hi rendition="#i">Met</hi>. 1, 113 f.); es fällt ihm den-<lb/> noch in frühe, vorgeschichtliche Vergangenheit.</note><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [96/0112]
von ihren eigenen Händen bezwungen, heisst es, gingen in das
dumpfige Haus des schauerlichen Hades ein, namenlos; der
Tod, der schwarze, ergriff sie, so furchtbar sie waren, und sie
verliessen das helle Licht der Sonne.
Wäre nicht der Zusatz „namenlos“, man könnte hier in
der That das Schicksal der Seelen der homerischen Helden
beschrieben glauben. Vielleicht soll aber mit jenem Worte 1)
gesagt sein, dass kein ehrender und bezeichnender Beiname,
wie doch den Seelen des ersten und zweiten und auch des
vierten Geschlechtes, diesen spurlos in die Nichtigkeit des
Schattenreiches versunkenen und selbst nichtig gewordenen
Seelen gegeben werde und werden könne.
Es folgt „der Heroen göttliches Geschlecht, die Halb-
götter genannt werden“. Sie verdarb der Krieg um Theben
und der um Troja. Einen Theil von ihnen „verhüllte des Todes
Erfüllung“; anderen gewährte, fern von den Menschen, Leben
und Aufenthalt Zeus der Kronide, und liess sie wohnen an
den Enden der Erde. Dort wohnen sie, sorgenfrei, auf den
Inseln der Seligen, am strömenden Okeanos, die beglückten
Heroen, denen süsse Frucht dreimal im Jahre (von selbst) die
Erde schenkt.
Hier zuerst sind wir herabgestiegen in einen deutlich be-
stimmbaren Abschnitt der Sagengeschichte. Von den Helden,
deren Abenteuer Thebaïs und Ilias und die hieran ange-
schlossenen Gedichte erzählten, will der Dichter berichten
Auffallend tritt hervor, wie geschichtlos noch das Griechen-
3)
1) νώνυμνοι 154 kann ja ebensowohl „namenlos“ d. h. ohne specielle
Benennung heissen, als „ruhmlos“ (so allerdings bei Homer meistens,
wenn nicht immer).
3) meinen, das silberne Geschlecht falle, gleich dem goldenen, noch in die
Zeit vor Zeus’ Herrschaft, ἐπὶ Κρόνου ὅτ̕ οὐρανῷ ἐμβασίλευεν (v. 111); und
so verstand den Hesiod wohl „Orpheus“, wenn er τοῦ ἀργυροῦ γένους
βασιλεύειν φησὶ τὸν Κρόνον (Procl. zu v. 126). Aber damit liesse sich
doch v. 138 Ζεὺς Κρονίδης κτλ. nur sehr gezwungen vereinigen. Hesiod
mag also das silberne Geschlecht bereits in die Zeit setzen als sub Jore
mundus erat (so ausdrücklich Ovid, Met. 1, 113 f.); es fällt ihm den-
noch in frühe, vorgeschichtliche Vergangenheit.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |