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Rohde, Erwin: Psyche. Seelencult und Unsterblichkeitsglaube der Griechen. Freiburg u. a., 1894.

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besteht. Wer sich an feierlich nichtssagendem Gemunkel über
Orphiker und Verwandtes nicht genügen lässt, sondern die sehr
kenntlichen und bestimmten Unterscheidungslehren der Orphiker
über Götter und Menschenseelen in's Auge fasst, wird leicht
erkennen, dass alles dagegen spricht, dass von diesen auch nur
irgend eine in den Kreis der zu Eleusis gepflegten Vorstellungen
eingedrungen sei 1).

Wuchs die Feier aus sich selbst heraus, an innerem
Gehalt und äusserer Würde der Darbietungen, so wuchs nicht
minder die Gemeinde der Festtheilnehmer. Ursprünglich war
das verheissungsreiche Fest nur den Bürgern von Eleusis, viel-
leicht sogar nur den Angehörigen einzelner priesterlicher Adels-
geschlechter in Eleusis zugänglich gewesen, und mochte eben
in dieser Abgeschlossenheit den Theilnehmern als eine besondere
Begnadigung erschienen sein. Es verwandelte sich hierin völlig.
Zugelassen wurden nicht nur Bürger Athens, sondern jeder
Grieche ohne Unterschied des Staates und Stammes, Männer
und Frauen (auch Hetären, die doch z. B. von dem Demeterfest
der athenischen Weiber an den Thesmophorien ausgeschlossen
blieben), selbst Kinder und Sklaven 2). Die athenische Liberalität,

1) Ueber die Orphische Lehre ist weiter unten zu reden Gelegenheit.
Hier will ich nur dies beiläufig hervorheben, dass selbst die Vorstellung
der Alten nicht dahin ging, dass Orpheus, der Grossmeister aller mög-
lichen Mystik, mit den Eleusinien im Besonderen etwas zu schaffen habe:
wie Lobeck, Aglaoph. 239 ff. nachweist.
2) An der Zulassung von Sklaven zu den eleusinischen Weihen
zweifelte, im Gegensatz zu Lobeck (Agl. 19), K. O. Müller, Kl. Schr.
2, 56, wesentlich deswegen, weil auf der grossen, auf die Ordnung der
Eleusinien bezüglichen Inschrift (jetzt C. I. A. I, 1) neben den mustai
kai epoptai auch die akolouthoi (nicht auch die douloi: diese einzufügen
lässt der Umfang der Lücke nicht zu: Suppl. C. I. A. I p. 4), d. h.
wohl die Sklaven der Mysten, die also nicht selbst Mysten sind, erwähnt
werden. Aber auch wenn Sklaven eingeweiht waren, kann es daneben
noch ungeweihte, nicht den mustai zuzurechnende akolouthoi der mustai
gegeben haben. Bestimmt heisst es auf der eleusinischen Baukosten-
urkunde aus dem J. 329/8, C. I. A. II 834 b, col. 2, 71: muesis duoin
ton demosion (der am Bau beschäftigten Staatssklaven) D D D (vgl. Z. 68).
Sonach wird es nicht nöthig sein, bei dem Kom. Theophilus (in Schol.
Dion. Thr. p. 724), wo Einer redet von seinem agapetos despotes, durch

besteht. Wer sich an feierlich nichtssagendem Gemunkel über
Orphiker und Verwandtes nicht genügen lässt, sondern die sehr
kenntlichen und bestimmten Unterscheidungslehren der Orphiker
über Götter und Menschenseelen in’s Auge fasst, wird leicht
erkennen, dass alles dagegen spricht, dass von diesen auch nur
irgend eine in den Kreis der zu Eleusis gepflegten Vorstellungen
eingedrungen sei 1).

Wuchs die Feier aus sich selbst heraus, an innerem
Gehalt und äusserer Würde der Darbietungen, so wuchs nicht
minder die Gemeinde der Festtheilnehmer. Ursprünglich war
das verheissungsreiche Fest nur den Bürgern von Eleusis, viel-
leicht sogar nur den Angehörigen einzelner priesterlicher Adels-
geschlechter in Eleusis zugänglich gewesen, und mochte eben
in dieser Abgeschlossenheit den Theilnehmern als eine besondere
Begnadigung erschienen sein. Es verwandelte sich hierin völlig.
Zugelassen wurden nicht nur Bürger Athens, sondern jeder
Grieche ohne Unterschied des Staates und Stammes, Männer
und Frauen (auch Hetären, die doch z. B. von dem Demeterfest
der athenischen Weiber an den Thesmophorien ausgeschlossen
blieben), selbst Kinder und Sklaven 2). Die athenische Liberalität,

1) Ueber die Orphische Lehre ist weiter unten zu reden Gelegenheit.
Hier will ich nur dies beiläufig hervorheben, dass selbst die Vorstellung
der Alten nicht dahin ging, dass Orpheus, der Grossmeister aller mög-
lichen Mystik, mit den Eleusinien im Besonderen etwas zu schaffen habe:
wie Lobeck, Aglaoph. 239 ff. nachweist.
2) An der Zulassung von Sklaven zu den eleusinischen Weihen
zweifelte, im Gegensatz zu Lobeck (Agl. 19), K. O. Müller, Kl. Schr.
2, 56, wesentlich deswegen, weil auf der grossen, auf die Ordnung der
Eleusinien bezüglichen Inschrift (jetzt C. I. A. I, 1) neben den μύσται
καὶ ἐπόπται auch die ἀκόλουϑοι (nicht auch die δοῦλοι: diese einzufügen
lässt der Umfang der Lücke nicht zu: Suppl. C. I. A. I p. 4), d. h.
wohl die Sklaven der Mysten, die also nicht selbst Mysten sind, erwähnt
werden. Aber auch wenn Sklaven eingeweiht waren, kann es daneben
noch ungeweihte, nicht den μύσται zuzurechnende ἀκόλουϑοι der μύσται
gegeben haben. Bestimmt heisst es auf der eleusinischen Baukosten-
urkunde aus dem J. 329/8, C. I. A. II 834 b, col. 2, 71: μύησις δυοῖν
τῶν δημοσίων (der am Bau beschäftigten Staatssklaven) Δ Δ Δ (vgl. Z. 68).
Sonach wird es nicht nöthig sein, bei dem Kom. Theophilus (in Schol.
Dion. Thr. p. 724), wo Einer redet von seinem ἀγαπητὸς δεσπότης, durch
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[263/0279] besteht. Wer sich an feierlich nichtssagendem Gemunkel über Orphiker und Verwandtes nicht genügen lässt, sondern die sehr kenntlichen und bestimmten Unterscheidungslehren der Orphiker über Götter und Menschenseelen in’s Auge fasst, wird leicht erkennen, dass alles dagegen spricht, dass von diesen auch nur irgend eine in den Kreis der zu Eleusis gepflegten Vorstellungen eingedrungen sei 1). Wuchs die Feier aus sich selbst heraus, an innerem Gehalt und äusserer Würde der Darbietungen, so wuchs nicht minder die Gemeinde der Festtheilnehmer. Ursprünglich war das verheissungsreiche Fest nur den Bürgern von Eleusis, viel- leicht sogar nur den Angehörigen einzelner priesterlicher Adels- geschlechter in Eleusis zugänglich gewesen, und mochte eben in dieser Abgeschlossenheit den Theilnehmern als eine besondere Begnadigung erschienen sein. Es verwandelte sich hierin völlig. Zugelassen wurden nicht nur Bürger Athens, sondern jeder Grieche ohne Unterschied des Staates und Stammes, Männer und Frauen (auch Hetären, die doch z. B. von dem Demeterfest der athenischen Weiber an den Thesmophorien ausgeschlossen blieben), selbst Kinder und Sklaven 2). Die athenische Liberalität, 1) Ueber die Orphische Lehre ist weiter unten zu reden Gelegenheit. Hier will ich nur dies beiläufig hervorheben, dass selbst die Vorstellung der Alten nicht dahin ging, dass Orpheus, der Grossmeister aller mög- lichen Mystik, mit den Eleusinien im Besonderen etwas zu schaffen habe: wie Lobeck, Aglaoph. 239 ff. nachweist. 2) An der Zulassung von Sklaven zu den eleusinischen Weihen zweifelte, im Gegensatz zu Lobeck (Agl. 19), K. O. Müller, Kl. Schr. 2, 56, wesentlich deswegen, weil auf der grossen, auf die Ordnung der Eleusinien bezüglichen Inschrift (jetzt C. I. A. I, 1) neben den μύσται καὶ ἐπόπται auch die ἀκόλουϑοι (nicht auch die δοῦλοι: diese einzufügen lässt der Umfang der Lücke nicht zu: Suppl. C. I. A. I p. 4), d. h. wohl die Sklaven der Mysten, die also nicht selbst Mysten sind, erwähnt werden. Aber auch wenn Sklaven eingeweiht waren, kann es daneben noch ungeweihte, nicht den μύσται zuzurechnende ἀκόλουϑοι der μύσται gegeben haben. Bestimmt heisst es auf der eleusinischen Baukosten- urkunde aus dem J. 329/8, C. I. A. II 834 b, col. 2, 71: μύησις δυοῖν τῶν δημοσίων (der am Bau beschäftigten Staatssklaven) Δ Δ Δ (vgl. Z. 68). Sonach wird es nicht nöthig sein, bei dem Kom. Theophilus (in Schol. Dion. Thr. p. 724), wo Einer redet von seinem ἀγαπητὸς δεσπότης, durch

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Zitationshilfe: Rohde, Erwin: Psyche. Seelencult und Unsterblichkeitsglaube der Griechen. Freiburg u. a., 1894, S. 263. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohde_psyche_1894/279>, abgerufen am 24.11.2024.