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Rohde, Erwin: Psyche. Seelencult und Unsterblichkeitsglaube der Griechen. Freiburg u. a., 1894.

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Später ist, wie auch andere Züge der Platonischen eschato-
logischen Mythen, das Bild der Hadesrichter (denen man auch

der Hergang gewesen zu sein: dass die Andeutung in der Odyssee auf-
gefasst und, bei fortgesetzter Ausgestaltung des Hadesbildes, zunächst
einfach die Anzahl der gleich Minos unter den Todten und über sie
richtenden Heroen der Gerechtigkeit vermehrt wurde. Der vermehrten
Zahl solcher im Hades Richtenden übertrug dann eine (vielleicht nicht
ohne ägyptischen Einfluss) von dem jenseitigen Gericht dichtende philo-
sophisch-poetische Speculation das Gericht über die einst im Leben
begangenen Thaten der in den Hades Gelangenden. -- Die Auswahl ist
leicht verständlich. Aeakos, Rhadamanthys und Minos gelten als Vor-
bilder der Gerechtigkeit: Demosth. de cor. 127. Den Minos als Richter
im Hades entnahm man der Odyssee l 568 ff. Den Rhadamanthys kennt
als unter den lebendig in das Elysion Entrückten wohnend die Odyssee
d 564. Dort ist er (nicht Richter: es giebt dort nichts zu richten, son-
dern) paredros des Kronos, nach Pindar Ol. 2, 75. Seit man das Elysion
in den Hades hineinzog (wovon später), findet auch Rh. seine Stelle im
Hades. Sein Ruhm als gerechtester Richter (s. Kratin. Kheirones fr. 11
Mein. Plat. Leg. 12, 948 B etc.; vgl. auch Plut. Thes. 16 extr.) liess
ihn leicht neben Minos seine Stelle als Richter über die Todten finden.
Auch Aeakos ist als Vorbild der eusebeia (Isokr. 9, 14 u. A.), als Gesetz-
geber für Aegina, zum Richter in der Unterwelt berufen erschienen.
Aber seine Stellung als Richter war nicht so unbestritten wie die des
Minos und Rhadamanthys. Pindar, so oft er von Aeakos und Aeakiden
redet, deutet nichts an von einer ausgezeichneten Stelle des Aeakos im
Jenseits. Isokrates 9, 15: legetai para Ploutoni kai Kore megistas timas
ekhon paredreuein ekeinois. Hier ist nur von Ehrung des A. durch einen
Sitz in der Nähe des Königspaares die Rede (vgl. Pindar, Ol. 2, 75 von
Rhadamanthys; Aristoph. Ran. 765: es ist Gesetz im Hades, dass der beste
Künstler lambanei thronon tou Ploutonos exes; Proedria der mustai im
Hades u. s. w.), nicht von Richteramt. Aeakos gilt als kleidoukhos des
Hades (Apollod. 3, 12, 6, 10; Kaibel, epigr. 646, 4), als puloros (wie
sonst Hades selbst: pulartes. Il. Th 368) bei Lucian (d. mort. 13, 3;
20, 1. 6; 22, 3; de luct. 4; Philopseud. 25) und Philostratus (V. Apoll.
7, 31; p. 285, 32 Ks.). Das Schlüsselamt ist eine (für Aeakos vielleicht
in einem Zusammenhang des ihm gewidmeten Cultus mit chthonischen
Mächten begründete) hohe Auszeichnung: Schlüssel führen viele Götter,
Pluton selbst (Paus. 5, 20, 3) und andere (s. Tafel und Dissen zu Pind.,
Pyth. 8, 4). Es ist schwer zu glauben, dass, dieses eigenthümliche Ehren-
amt dem A. zu geben, eine spätere Erfindung sei als die ziemlich banale
Richterwürde. Wirklich scheint es, dass Euripides im Peirithoos (fr.
591 N.) Aeakos dem Herakles, als dieser in den Hades kam, als Ersten,
also wohl gleich am Thore, begegnen liess, und es lässt sich kaum be-

Später ist, wie auch andere Züge der Platonischen eschato-
logischen Mythen, das Bild der Hadesrichter (denen man auch

der Hergang gewesen zu sein: dass die Andeutung in der Odyssee auf-
gefasst und, bei fortgesetzter Ausgestaltung des Hadesbildes, zunächst
einfach die Anzahl der gleich Minos unter den Todten und über sie
richtenden Heroen der Gerechtigkeit vermehrt wurde. Der vermehrten
Zahl solcher im Hades Richtenden übertrug dann eine (vielleicht nicht
ohne ägyptischen Einfluss) von dem jenseitigen Gericht dichtende philo-
sophisch-poetische Speculation das Gericht über die einst im Leben
begangenen Thaten der in den Hades Gelangenden. — Die Auswahl ist
leicht verständlich. Aeakos, Rhadamanthys und Minos gelten als Vor-
bilder der Gerechtigkeit: Demosth. de cor. 127. Den Minos als Richter
im Hades entnahm man der Odyssee λ 568 ff. Den Rhadamanthys kennt
als unter den lebendig in das Elysion Entrückten wohnend die Odyssee
δ 564. Dort ist er (nicht Richter: es giebt dort nichts zu richten, son-
dern) πάρεδρος des Kronos, nach Pindar Ol. 2, 75. Seit man das Elysion
in den Hades hineinzog (wovon später), findet auch Rh. seine Stelle im
Hades. Sein Ruhm als gerechtester Richter (s. Kratin. Χείρωνες fr. 11
Mein. Plat. Leg. 12, 948 B etc.; vgl. auch Plut. Thes. 16 extr.) liess
ihn leicht neben Minos seine Stelle als Richter über die Todten finden.
Auch Aeakos ist als Vorbild der εὐσέβεια (Isokr. 9, 14 u. A.), als Gesetz-
geber für Aegina, zum Richter in der Unterwelt berufen erschienen.
Aber seine Stellung als Richter war nicht so unbestritten wie die des
Minos und Rhadamanthys. Pindar, so oft er von Aeakos und Aeakiden
redet, deutet nichts an von einer ausgezeichneten Stelle des Aeakos im
Jenseits. Isokrates 9, 15: λέγεται παρὰ Πλούτωνι καὶ Κόρῃ μεγίστας τιμὰς
ἔχων παρεδρεύειν ἐκείνοις. Hier ist nur von Ehrung des A. durch einen
Sitz in der Nähe des Königspaares die Rede (vgl. Pindar, Ol. 2, 75 von
Rhadamanthys; Aristoph. Ran. 765: es ist Gesetz im Hades, dass der beste
Künstler λαμβάνει ϑρόνον τοῦ Πλούτωνος ἑξῆς; Proedria der μύσται im
Hades u. s. w.), nicht von Richteramt. Aeakos gilt als κλειδοῦχος des
Hades (Apollod. 3, 12, 6, 10; Kaibel, epigr. 646, 4), als πυλωρός (wie
sonst Hades selbst: πυλάρτης. Il. Θ 368) bei Lucian (d. mort. 13, 3;
20, 1. 6; 22, 3; de luct. 4; Philopseud. 25) und Philostratus (V. Apoll.
7, 31; p. 285, 32 Ks.). Das Schlüsselamt ist eine (für Aeakos vielleicht
in einem Zusammenhang des ihm gewidmeten Cultus mit chthonischen
Mächten begründete) hohe Auszeichnung: Schlüssel führen viele Götter,
Pluton selbst (Paus. 5, 20, 3) und andere (s. Tafel und Dissen zu Pind.,
Pyth. 8, 4). Es ist schwer zu glauben, dass, dieses eigenthümliche Ehren-
amt dem A. zu geben, eine spätere Erfindung sei als die ziemlich banale
Richterwürde. Wirklich scheint es, dass Euripides im Peirithoos (fr.
591 N.) Aeakos dem Herakles, als dieser in den Hades kam, als Ersten,
also wohl gleich am Thore, begegnen liess, und es lässt sich kaum be-
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[285/0301] Später ist, wie auch andere Züge der Platonischen eschato- logischen Mythen, das Bild der Hadesrichter (denen man auch 3) 3) der Hergang gewesen zu sein: dass die Andeutung in der Odyssee auf- gefasst und, bei fortgesetzter Ausgestaltung des Hadesbildes, zunächst einfach die Anzahl der gleich Minos unter den Todten und über sie richtenden Heroen der Gerechtigkeit vermehrt wurde. Der vermehrten Zahl solcher im Hades Richtenden übertrug dann eine (vielleicht nicht ohne ägyptischen Einfluss) von dem jenseitigen Gericht dichtende philo- sophisch-poetische Speculation das Gericht über die einst im Leben begangenen Thaten der in den Hades Gelangenden. — Die Auswahl ist leicht verständlich. Aeakos, Rhadamanthys und Minos gelten als Vor- bilder der Gerechtigkeit: Demosth. de cor. 127. Den Minos als Richter im Hades entnahm man der Odyssee λ 568 ff. Den Rhadamanthys kennt als unter den lebendig in das Elysion Entrückten wohnend die Odyssee δ 564. Dort ist er (nicht Richter: es giebt dort nichts zu richten, son- dern) πάρεδρος des Kronos, nach Pindar Ol. 2, 75. Seit man das Elysion in den Hades hineinzog (wovon später), findet auch Rh. seine Stelle im Hades. Sein Ruhm als gerechtester Richter (s. Kratin. Χείρωνες fr. 11 Mein. Plat. Leg. 12, 948 B etc.; vgl. auch Plut. Thes. 16 extr.) liess ihn leicht neben Minos seine Stelle als Richter über die Todten finden. Auch Aeakos ist als Vorbild der εὐσέβεια (Isokr. 9, 14 u. A.), als Gesetz- geber für Aegina, zum Richter in der Unterwelt berufen erschienen. Aber seine Stellung als Richter war nicht so unbestritten wie die des Minos und Rhadamanthys. Pindar, so oft er von Aeakos und Aeakiden redet, deutet nichts an von einer ausgezeichneten Stelle des Aeakos im Jenseits. Isokrates 9, 15: λέγεται παρὰ Πλούτωνι καὶ Κόρῃ μεγίστας τιμὰς ἔχων παρεδρεύειν ἐκείνοις. Hier ist nur von Ehrung des A. durch einen Sitz in der Nähe des Königspaares die Rede (vgl. Pindar, Ol. 2, 75 von Rhadamanthys; Aristoph. Ran. 765: es ist Gesetz im Hades, dass der beste Künstler λαμβάνει ϑρόνον τοῦ Πλούτωνος ἑξῆς; Proedria der μύσται im Hades u. s. w.), nicht von Richteramt. Aeakos gilt als κλειδοῦχος des Hades (Apollod. 3, 12, 6, 10; Kaibel, epigr. 646, 4), als πυλωρός (wie sonst Hades selbst: πυλάρτης. Il. Θ 368) bei Lucian (d. mort. 13, 3; 20, 1. 6; 22, 3; de luct. 4; Philopseud. 25) und Philostratus (V. Apoll. 7, 31; p. 285, 32 Ks.). Das Schlüsselamt ist eine (für Aeakos vielleicht in einem Zusammenhang des ihm gewidmeten Cultus mit chthonischen Mächten begründete) hohe Auszeichnung: Schlüssel führen viele Götter, Pluton selbst (Paus. 5, 20, 3) und andere (s. Tafel und Dissen zu Pind., Pyth. 8, 4). Es ist schwer zu glauben, dass, dieses eigenthümliche Ehren- amt dem A. zu geben, eine spätere Erfindung sei als die ziemlich banale Richterwürde. Wirklich scheint es, dass Euripides im Peirithoos (fr. 591 N.) Aeakos dem Herakles, als dieser in den Hades kam, als Ersten, also wohl gleich am Thore, begegnen liess, und es lässt sich kaum be-

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Zitationshilfe: Rohde, Erwin: Psyche. Seelencult und Unsterblichkeitsglaube der Griechen. Freiburg u. a., 1894, S. 285. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohde_psyche_1894/301>, abgerufen am 22.11.2024.