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Rohde, Erwin: Psyche. Seelencult und Unsterblichkeitsglaube der Griechen. Freiburg u. a., 1894.

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Triptolemos gesellte 1]) auch populärer Phantasie vertraut ge-
worden, wie Anspielungen in später Literatur, vielleicht auch
Darstellungen der Unterwelt auf Bildern unteritalischer Vasen
merken lassen. Aber dass in der Blüthezeit griechischer Bildung
der Glaube an Richter und Gericht über die im Leben auf
Erden begangenen Thaten, das im Hades über Alle gehalten
werde, im Volke Wurzeln geschlagen habe, ist unbewiesen,
und liesse sich durch einen Beweis ex silentio als völlig irrig
nachweisen. Wo aber keine Richter sind, da findet auch kein
Gericht statt.

Man kann wohl oft versichert sehen, der Glaube an eine
jenseitige Vergeltung guter und böser Thaten sei den Griechen
aus den eleusinischen Mysterien zugeflossen. Es ist aber im
Gegentheil zu sagen: wenn und soweit die Griechen solchen
Vergeltungsglauben gehabt und gehegt haben, sind die Myste-

zweifeln, dass es Erinnerung an das Euripideische. Stück war, welche
denjenigen, der gleich am Thor des Pluton dem Herakles begegnet, in
den "Fröschen" (V. 464) als "Aeakos" zu benennen bewog zwar nicht
den Aristophanes selbst (s. Hiller, Hermes 8, 455), aber einen belesenen
Grammatiker. Weil die Dichtung vom Schlüsselamt des Aeakos an der
Pforte des Hades alt und durch angesehene Zeugen vertreten war, ist,
trotz Plato, der Glaube an sein Richteramt nie ganz durchgedrungen.
1] Plato, Apol. 41 A. Offenbar ist dies attische Dichtung. Plato
nennt zwar den Triptolemos neben Minos und den anderen Richtern; es
scheint aber, dass der Vorstellung der Athener Minos, den bei ihnen
namentlich die Bühne als Landesfeind beschimpfte (s. Plut. Thes. 16),
unter den Vorbildern der Gerechtigkeit unbequem war, und dass sie ihn
durch ihren Triptolemos in der Dreizahl der Richter ersetzen wollten.
So findet sich denn Triptolemos nicht neben dem Minos, sondern an
seiner Stelle auf dem Unterweltsbild der Vase von Altamura (Tript.,
Aeakos, Rhadam.), auf einem analogen Bilde einer Amphora zu Karls-
ruhe (Aeak. Triptol; links abgebrochen wohl Rhadamanthys, nicht Minos.
Vgl. Winkler, Darst. d. Unterwelt auf unterit. Vasen p. 37). Dass übrigens
die drei Gerechten auf jenen Vasenbildern Gericht über die im Leben
begangenen Thaten halten, ist mit nichts angedeutet, ja genau genommen,
überhaupt nichts von richterlicher Thätigkeit. Deutlich ist nur dass sie,
eben als Muster der Gerechtigkeit, epi taisi tou Ploutonos oikousin thurais
(wie die Mysten bei Aristophanes, Ran. 163), sie geniessen das Recht
der paredroi des Götterpaares, daher sie auch auf thronoi oder diphroi
sitzen.

Triptolemos gesellte 1]) auch populärer Phantasie vertraut ge-
worden, wie Anspielungen in später Literatur, vielleicht auch
Darstellungen der Unterwelt auf Bildern unteritalischer Vasen
merken lassen. Aber dass in der Blüthezeit griechischer Bildung
der Glaube an Richter und Gericht über die im Leben auf
Erden begangenen Thaten, das im Hades über Alle gehalten
werde, im Volke Wurzeln geschlagen habe, ist unbewiesen,
und liesse sich durch einen Beweis ex silentio als völlig irrig
nachweisen. Wo aber keine Richter sind, da findet auch kein
Gericht statt.

Man kann wohl oft versichert sehen, der Glaube an eine
jenseitige Vergeltung guter und böser Thaten sei den Griechen
aus den eleusinischen Mysterien zugeflossen. Es ist aber im
Gegentheil zu sagen: wenn und soweit die Griechen solchen
Vergeltungsglauben gehabt und gehegt haben, sind die Myste-

zweifeln, dass es Erinnerung an das Euripideische. Stück war, welche
denjenigen, der gleich am Thor des Pluton dem Herakles begegnet, in
den „Fröschen“ (V. 464) als „Aeakos“ zu benennen bewog zwar nicht
den Aristophanes selbst (s. Hiller, Hermes 8, 455), aber einen belesenen
Grammatiker. Weil die Dichtung vom Schlüsselamt des Aeakos an der
Pforte des Hades alt und durch angesehene Zeugen vertreten war, ist,
trotz Plato, der Glaube an sein Richteramt nie ganz durchgedrungen.
1] Plato, Apol. 41 A. Offenbar ist dies attische Dichtung. Plato
nennt zwar den Triptolemos neben Minos und den anderen Richtern; es
scheint aber, dass der Vorstellung der Athener Minos, den bei ihnen
namentlich die Bühne als Landesfeind beschimpfte (s. Plut. Thes. 16),
unter den Vorbildern der Gerechtigkeit unbequem war, und dass sie ihn
durch ihren Triptolemos in der Dreizahl der Richter ersetzen wollten.
So findet sich denn Triptolemos nicht neben dem Minos, sondern an
seiner Stelle auf dem Unterweltsbild der Vase von Altamura (Tript.,
Aeakos, Rhadam.), auf einem analogen Bilde einer Amphora zu Karls-
ruhe (Aeak. Triptol; links abgebrochen wohl Rhadamanthys, nicht Minos.
Vgl. Winkler, Darst. d. Unterwelt auf unterit. Vasen p. 37). Dass übrigens
die drei Gerechten auf jenen Vasenbildern Gericht über die im Leben
begangenen Thaten halten, ist mit nichts angedeutet, ja genau genommen,
überhaupt nichts von richterlicher Thätigkeit. Deutlich ist nur dass sie,
eben als Muster der Gerechtigkeit, ἐπὶ ταῖσι τοῦ Πλούτωνος οἰκοῦσιν ϑύραις
(wie die Mysten bei Aristophanes, Ran. 163), sie geniessen das Recht
der πάρεδροι des Götterpaares, daher sie auch auf ϑρόνοι oder δίφροι
sitzen.
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[286/0302] Triptolemos gesellte 1]) auch populärer Phantasie vertraut ge- worden, wie Anspielungen in später Literatur, vielleicht auch Darstellungen der Unterwelt auf Bildern unteritalischer Vasen merken lassen. Aber dass in der Blüthezeit griechischer Bildung der Glaube an Richter und Gericht über die im Leben auf Erden begangenen Thaten, das im Hades über Alle gehalten werde, im Volke Wurzeln geschlagen habe, ist unbewiesen, und liesse sich durch einen Beweis ex silentio als völlig irrig nachweisen. Wo aber keine Richter sind, da findet auch kein Gericht statt. Man kann wohl oft versichert sehen, der Glaube an eine jenseitige Vergeltung guter und böser Thaten sei den Griechen aus den eleusinischen Mysterien zugeflossen. Es ist aber im Gegentheil zu sagen: wenn und soweit die Griechen solchen Vergeltungsglauben gehabt und gehegt haben, sind die Myste- 3) 1] Plato, Apol. 41 A. Offenbar ist dies attische Dichtung. Plato nennt zwar den Triptolemos neben Minos und den anderen Richtern; es scheint aber, dass der Vorstellung der Athener Minos, den bei ihnen namentlich die Bühne als Landesfeind beschimpfte (s. Plut. Thes. 16), unter den Vorbildern der Gerechtigkeit unbequem war, und dass sie ihn durch ihren Triptolemos in der Dreizahl der Richter ersetzen wollten. So findet sich denn Triptolemos nicht neben dem Minos, sondern an seiner Stelle auf dem Unterweltsbild der Vase von Altamura (Tript., Aeakos, Rhadam.), auf einem analogen Bilde einer Amphora zu Karls- ruhe (Aeak. Triptol; links abgebrochen wohl Rhadamanthys, nicht Minos. Vgl. Winkler, Darst. d. Unterwelt auf unterit. Vasen p. 37). Dass übrigens die drei Gerechten auf jenen Vasenbildern Gericht über die im Leben begangenen Thaten halten, ist mit nichts angedeutet, ja genau genommen, überhaupt nichts von richterlicher Thätigkeit. Deutlich ist nur dass sie, eben als Muster der Gerechtigkeit, ἐπὶ ταῖσι τοῦ Πλούτωνος οἰκοῦσιν ϑύραις (wie die Mysten bei Aristophanes, Ran. 163), sie geniessen das Recht der πάρεδροι des Götterpaares, daher sie auch auf ϑρόνοι oder δίφροι sitzen. 3) zweifeln, dass es Erinnerung an das Euripideische. Stück war, welche denjenigen, der gleich am Thor des Pluton dem Herakles begegnet, in den „Fröschen“ (V. 464) als „Aeakos“ zu benennen bewog zwar nicht den Aristophanes selbst (s. Hiller, Hermes 8, 455), aber einen belesenen Grammatiker. Weil die Dichtung vom Schlüsselamt des Aeakos an der Pforte des Hades alt und durch angesehene Zeugen vertreten war, ist, trotz Plato, der Glaube an sein Richteramt nie ganz durchgedrungen.

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Zitationshilfe: Rohde, Erwin: Psyche. Seelencult und Unsterblichkeitsglaube der Griechen. Freiburg u. a., 1894, S. 286. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohde_psyche_1894/302>, abgerufen am 22.11.2024.