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Rohde, Erwin: Psyche. Seelencult und Unsterblichkeitsglaube der Griechen. Freiburg u. a., 1894.

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den Dionysos vorstellt, die Geographie der Unterwelt in deut-
licheren Umrissen kennen lernen. Hinter dem acherusischen
See mit seinem grämlichen Fährmann lagern sich allerlei
Schlangen und Unthiere. An dem, im Finstern modernden
Schlammpfuhle vorbei, in dem die Meineidigen liegen und die
gegen Vater oder Fremdling sich vergangen haben, führt der
Weg zum Pallaste des Pluton, in dessen Nähe der Chor der in den
Mysterien Geweiheten wohnt. Ihnen spendet auch dort unten
im Hades die Sonne heiteres Licht, in Myrtenhainen tanzen
sie und singen zum Flötenschall Lieder zum Preise der unter-
weltlichen Götter 1). Eine Scheidung der Unterweltbewohner
in zwei Schaaren, wie sie die Mysterien lehrten, ist durch-
geführt, helles Bewusstsein wenigstens bei den Mysten voraus-
gesetzt, und hieran merkt man wohl den Umschwung seit der
Nekyia der Odyssee. Es giebt noch andere Oertlichkeiten im
Hades als die Wohnplätze der Geweiheten und der Unfrommen.
Auf das Gefilde der Lethe wird angespielt 2); auf die Stelle,
wo Oknos sein Seil flicht, das ihm sofort seine Eselin wieder

1) limne (der Acherusische See: Eurip. Alc. 444 und dann oft), Cha-
ron: V. 137 ff. 182 ff. 184 ff. -- skotos kai borboros 144 ff. 279 ff.
289 ff. Aufenthalt und Leben der Mysten: 159. 163. 311 ff. 454 ff.
2) to Lethes pedion V. 186. Dies ist die älteste sicher nachweisbare
Erwähnung der Lethe, aber eine so beiläufige, dass man wohl sieht, wie
Aristophanes nur auf eine seinem Publikum wohlbekannte ältere Erfindung
anspielt. Plato verwendet das Lethes pedion mit dem Ameles potamos (nach-
her 621 C: Lethes potamos) bei seinem, die Palingenesie erläuternden und
begründenden Mythus am Schluss des "Staates", 10,621 A. Verwenden
liess sich diese sinnreiche Dichtung für Anhänger der Metempsychosen-
lehre vortrefflich: aber dass sie (wie Manche gemeint haben) zum Behuf
dieser Lehre, also von Orphikern oder Pythagoreern, erfunden sei,
darauf weist nichts hin. Sie soll wohl ursprünglich nichts weiter als die
Bewusstlosigkeit der amenena karena sinnbildlich erläutern. Spielt schon
Theognis (704. 705) darauf an: Persephonen -- ete brotois parekhei lethen,
blaptousa nooio? Andere Erwähnungen der Lethes pulai, Lathas domoi,
des Lethes udor sind jünger. (Bergks Versicherung: "Die Vorstellung
von dem Quell und Fluss Lethe ist sicher eine alte, volksmässige: jener
Brunnen ist nichts Anderes als der Götterquell: wer aus demselben
trinkt, vergisst alles Leid" u. s. w. [Opusc. 2, 716] entbehrt jeder that-
sächlichen Begründung.)

den Dionysos vorstellt, die Geographie der Unterwelt in deut-
licheren Umrissen kennen lernen. Hinter dem acherusischen
See mit seinem grämlichen Fährmann lagern sich allerlei
Schlangen und Unthiere. An dem, im Finstern modernden
Schlammpfuhle vorbei, in dem die Meineidigen liegen und die
gegen Vater oder Fremdling sich vergangen haben, führt der
Weg zum Pallaste des Pluton, in dessen Nähe der Chor der in den
Mysterien Geweiheten wohnt. Ihnen spendet auch dort unten
im Hades die Sonne heiteres Licht, in Myrtenhainen tanzen
sie und singen zum Flötenschall Lieder zum Preise der unter-
weltlichen Götter 1). Eine Scheidung der Unterweltbewohner
in zwei Schaaren, wie sie die Mysterien lehrten, ist durch-
geführt, helles Bewusstsein wenigstens bei den Mysten voraus-
gesetzt, und hieran merkt man wohl den Umschwung seit der
Nekyia der Odyssee. Es giebt noch andere Oertlichkeiten im
Hades als die Wohnplätze der Geweiheten und der Unfrommen.
Auf das Gefilde der Lethe wird angespielt 2); auf die Stelle,
wo Oknos sein Seil flicht, das ihm sofort seine Eselin wieder

1) λίμνη (der Acherusische See: Eurip. Alc. 444 und dann oft), Cha-
ron: V. 137 ff. 182 ff. 184 ff. — σκότος καὶ βόρβορος 144 ff. 279 ff.
289 ff. Aufenthalt und Leben der Mysten: 159. 163. 311 ff. 454 ff.
2) τὸ Λήϑης πεδίον V. 186. Dies ist die älteste sicher nachweisbare
Erwähnung der Lethe, aber eine so beiläufige, dass man wohl sieht, wie
Aristophanes nur auf eine seinem Publikum wohlbekannte ältere Erfindung
anspielt. Plato verwendet das Λήϑης πεδίον mit dem Ἀμέλης ποταμός (nach-
her 621 C: Λήϑης ποταμός) bei seinem, die Palingenesie erläuternden und
begründenden Mythus am Schluss des „Staates“, 10,621 A. Verwenden
liess sich diese sinnreiche Dichtung für Anhänger der Metempsychosen-
lehre vortrefflich: aber dass sie (wie Manche gemeint haben) zum Behuf
dieser Lehre, also von Orphikern oder Pythagoreern, erfunden sei,
darauf weist nichts hin. Sie soll wohl ursprünglich nichts weiter als die
Bewusstlosigkeit der ἀμενηνὰ κάρηνα sinnbildlich erläutern. Spielt schon
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βλάπτουσα νόοιο? Andere Erwähnungen der Λήϑης πύλαι, Λάϑας δόμοι,
des Λήϑης ὕδωρ sind jünger. (Bergks Versicherung: „Die Vorstellung
von dem Quell und Fluss Lethe ist sicher eine alte, volksmässige: jener
Brunnen ist nichts Anderes als der Götterquell: wer aus demselben
trinkt, vergisst alles Leid“ u. s. w. [Opusc. 2, 716] entbehrt jeder that-
sächlichen Begründung.)
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[290/0306] den Dionysos vorstellt, die Geographie der Unterwelt in deut- licheren Umrissen kennen lernen. Hinter dem acherusischen See mit seinem grämlichen Fährmann lagern sich allerlei Schlangen und Unthiere. An dem, im Finstern modernden Schlammpfuhle vorbei, in dem die Meineidigen liegen und die gegen Vater oder Fremdling sich vergangen haben, führt der Weg zum Pallaste des Pluton, in dessen Nähe der Chor der in den Mysterien Geweiheten wohnt. Ihnen spendet auch dort unten im Hades die Sonne heiteres Licht, in Myrtenhainen tanzen sie und singen zum Flötenschall Lieder zum Preise der unter- weltlichen Götter 1). Eine Scheidung der Unterweltbewohner in zwei Schaaren, wie sie die Mysterien lehrten, ist durch- geführt, helles Bewusstsein wenigstens bei den Mysten voraus- gesetzt, und hieran merkt man wohl den Umschwung seit der Nekyia der Odyssee. Es giebt noch andere Oertlichkeiten im Hades als die Wohnplätze der Geweiheten und der Unfrommen. Auf das Gefilde der Lethe wird angespielt 2); auf die Stelle, wo Oknos sein Seil flicht, das ihm sofort seine Eselin wieder 1) λίμνη (der Acherusische See: Eurip. Alc. 444 und dann oft), Cha- ron: V. 137 ff. 182 ff. 184 ff. — σκότος καὶ βόρβορος 144 ff. 279 ff. 289 ff. Aufenthalt und Leben der Mysten: 159. 163. 311 ff. 454 ff. 2) τὸ Λήϑης πεδίον V. 186. Dies ist die älteste sicher nachweisbare Erwähnung der Lethe, aber eine so beiläufige, dass man wohl sieht, wie Aristophanes nur auf eine seinem Publikum wohlbekannte ältere Erfindung anspielt. Plato verwendet das Λήϑης πεδίον mit dem Ἀμέλης ποταμός (nach- her 621 C: Λήϑης ποταμός) bei seinem, die Palingenesie erläuternden und begründenden Mythus am Schluss des „Staates“, 10,621 A. Verwenden liess sich diese sinnreiche Dichtung für Anhänger der Metempsychosen- lehre vortrefflich: aber dass sie (wie Manche gemeint haben) zum Behuf dieser Lehre, also von Orphikern oder Pythagoreern, erfunden sei, darauf weist nichts hin. Sie soll wohl ursprünglich nichts weiter als die Bewusstlosigkeit der ἀμενηνὰ κάρηνα sinnbildlich erläutern. Spielt schon Theognis (704. 705) darauf an: Περσεφόνην — ἥτε βροτοῖς παρέχει λήϑην, βλάπτουσα νόοιο? Andere Erwähnungen der Λήϑης πύλαι, Λάϑας δόμοι, des Λήϑης ὕδωρ sind jünger. (Bergks Versicherung: „Die Vorstellung von dem Quell und Fluss Lethe ist sicher eine alte, volksmässige: jener Brunnen ist nichts Anderes als der Götterquell: wer aus demselben trinkt, vergisst alles Leid“ u. s. w. [Opusc. 2, 716] entbehrt jeder that- sächlichen Begründung.)

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Zitationshilfe: Rohde, Erwin: Psyche. Seelencult und Unsterblichkeitsglaube der Griechen. Freiburg u. a., 1894, S. 290. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohde_psyche_1894/306>, abgerufen am 22.11.2024.