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Rohde, Erwin: Psyche. Seelencult und Unsterblichkeitsglaube der Griechen. Freiburg u. a., 1894.

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ersonnen haben mag, er ist darauf geführt worden durch die
Wahrnehmung der nahen Verwandtschaft der Pythagoreischen
Seelenlehre mit dem thrakischen Seelenglauben; ebenso wie
durch dieselbe Wahrnehmung andere verführt worden sind, um-
gekehrt den Pythagoras zum Schüler der Thraker zu machen 1).
Es kann hiernach nicht zweifelhaft sein, dass man die, dem
Pythagoras eigene Lehre von der Seelenwanderung in
Thrakien wiedergefunden hatte, und dass der Glaube an die
"Wiederkehr" der Seele so zu verstehen ist (wie er auch allein,
ohne durch den Augenschein widerlegt zu werden, sich be-
haupten konnte), dass die Seelen der Todten in immer neuen
Verkörperungen wiederkehrend ihr Leben auf Erden fortsetzen,
und insofern "unsterblich" seien. Wirklich scheint auch eine
Andeutung des Euripides den Glauben an wiederholte Ein-
körperung der Seele als thrakischen bezeichnen zu wollen 2).

Es wäre eine gerechte Erwartung, dass zwischen diesem,
griechischen Berichterstattern sehr auffallenden Unsterblich-

Denn das will es ja bedeuten, wenn Z. selbst ein mantis heisst (Strab.
16, 762, 4, 297; vgl. auch den sonst werthlosen Bericht des Ant. Diog. bei
Porphyr. v. Pyth. 14. 15). Endlich scheint (wie in den analogen Fällen,
die oben p. 307, 2; 318, 1 berührt sind) auf enthusiastischen Cult bei den
Geten hinzuweisen die Gleichsetzung des Priesters mit dem Gotte. Der
(König und Staat beherrschende: ähnlich dem iereus tou Dionusou bei den
Bessern [oben p. 314, 2], vgl. Jordanes, Get. 71) Oberpriester hiess selbst
"Gott": Strabo 7, 298. Daher übrigens lag die Verwandlung des schon
von Herodot (4, 96) ganz richtig als daimon tis Getesi epikhorios aner-
kannten Gottes Zalmoxis in einen Menschen der Vorzeit besonders nahe
(wie sie ja auch bei Strabo 7, 297 f. geschieht; vgl. Jordanes Get. 39).
Wenn der gegenwärtige Priester "Gott" heisst, so wird, konnte man
schliessen, wohl auch der jetzt "Gott" genannte Zalmoxis einst nur ein
Priester gewesen sein.
1) Hermippus bei Joseph. c. Ap. 1, 22.
2) In der "Hekabe" (1243 ff.) weissagt der Thraker Polymestor der
Hekabe, sie werde nach ihrem Tode eine Hündin werden purs ekhousa
derUmata. Hek. fragt pos d oistha morphes tes emes metastasin; Pol.:
o Threxi mantis eipe Dionusos tade. Es sieht aus, als ob Euripides in der
Berührung des Glaubens an die Metempsychose ein Stück thrakischer
Nationaleigenthümlichkeit zu bieten gemeint habe. Er ist ein guter
Kenner dieser Dinge.

ersonnen haben mag, er ist darauf geführt worden durch die
Wahrnehmung der nahen Verwandtschaft der Pythagoreischen
Seelenlehre mit dem thrakischen Seelenglauben; ebenso wie
durch dieselbe Wahrnehmung andere verführt worden sind, um-
gekehrt den Pythagoras zum Schüler der Thraker zu machen 1).
Es kann hiernach nicht zweifelhaft sein, dass man die, dem
Pythagoras eigene Lehre von der Seelenwanderung in
Thrakien wiedergefunden hatte, und dass der Glaube an die
„Wiederkehr“ der Seele so zu verstehen ist (wie er auch allein,
ohne durch den Augenschein widerlegt zu werden, sich be-
haupten konnte), dass die Seelen der Todten in immer neuen
Verkörperungen wiederkehrend ihr Leben auf Erden fortsetzen,
und insofern „unsterblich“ seien. Wirklich scheint auch eine
Andeutung des Euripides den Glauben an wiederholte Ein-
körperung der Seele als thrakischen bezeichnen zu wollen 2).

Es wäre eine gerechte Erwartung, dass zwischen diesem,
griechischen Berichterstattern sehr auffallenden Unsterblich-

Denn das will es ja bedeuten, wenn Z. selbst ein μάντις heisst (Strab.
16, 762, 4, 297; vgl. auch den sonst werthlosen Bericht des Ant. Diog. bei
Porphyr. v. Pyth. 14. 15). Endlich scheint (wie in den analogen Fällen,
die oben p. 307, 2; 318, 1 berührt sind) auf enthusiastischen Cult bei den
Geten hinzuweisen die Gleichsetzung des Priesters mit dem Gotte. Der
(König und Staat beherrschende: ähnlich dem ἱερεὺς τοῦ Διονύσου bei den
Bessern [oben p. 314, 2], vgl. Jordanes, Get. 71) Oberpriester hiess selbst
„Gott“: Strabo 7, 298. Daher übrigens lag die Verwandlung des schon
von Herodot (4, 96) ganz richtig als δαίμων τις Γέτῃσι ἐπιχώριος aner-
kannten Gottes Zalmoxis in einen Menschen der Vorzeit besonders nahe
(wie sie ja auch bei Strabo 7, 297 f. geschieht; vgl. Jordanes Get. 39).
Wenn der gegenwärtige Priester „Gott“ heisst, so wird, konnte man
schliessen, wohl auch der jetzt „Gott“ genannte Zalmoxis einst nur ein
Priester gewesen sein.
1) Hermippus bei Joseph. c. Ap. 1, 22.
2) In der „Hekabe“ (1243 ff.) weissagt der Thraker Polymestor der
Hekabe, sie werde nach ihrem Tode eine Hündin werden πύρσ̕ ἔχουσα
δέρϒματα. Hek. fragt πῶς δ̕ οἶσϑα μορφῆς τῆς ἐμῆς μετάστασιν; Pol.:
ὁ Θρῃξὶ μάντις εἶπε Διόνυσος τάδε. Es sieht aus, als ob Euripides in der
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Nationaleigenthümlichkeit zu bieten gemeint habe. Er ist ein guter
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[322/0338] ersonnen haben mag, er ist darauf geführt worden durch die Wahrnehmung der nahen Verwandtschaft der Pythagoreischen Seelenlehre mit dem thrakischen Seelenglauben; ebenso wie durch dieselbe Wahrnehmung andere verführt worden sind, um- gekehrt den Pythagoras zum Schüler der Thraker zu machen 1). Es kann hiernach nicht zweifelhaft sein, dass man die, dem Pythagoras eigene Lehre von der Seelenwanderung in Thrakien wiedergefunden hatte, und dass der Glaube an die „Wiederkehr“ der Seele so zu verstehen ist (wie er auch allein, ohne durch den Augenschein widerlegt zu werden, sich be- haupten konnte), dass die Seelen der Todten in immer neuen Verkörperungen wiederkehrend ihr Leben auf Erden fortsetzen, und insofern „unsterblich“ seien. Wirklich scheint auch eine Andeutung des Euripides den Glauben an wiederholte Ein- körperung der Seele als thrakischen bezeichnen zu wollen 2). Es wäre eine gerechte Erwartung, dass zwischen diesem, griechischen Berichterstattern sehr auffallenden Unsterblich- 5) 1) Hermippus bei Joseph. c. Ap. 1, 22. 2) In der „Hekabe“ (1243 ff.) weissagt der Thraker Polymestor der Hekabe, sie werde nach ihrem Tode eine Hündin werden πύρσ̕ ἔχουσα δέρϒματα. Hek. fragt πῶς δ̕ οἶσϑα μορφῆς τῆς ἐμῆς μετάστασιν; Pol.: ὁ Θρῃξὶ μάντις εἶπε Διόνυσος τάδε. Es sieht aus, als ob Euripides in der Berührung des Glaubens an die Metempsychose ein Stück thrakischer Nationaleigenthümlichkeit zu bieten gemeint habe. Er ist ein guter Kenner dieser Dinge. 5) Denn das will es ja bedeuten, wenn Z. selbst ein μάντις heisst (Strab. 16, 762, 4, 297; vgl. auch den sonst werthlosen Bericht des Ant. Diog. bei Porphyr. v. Pyth. 14. 15). Endlich scheint (wie in den analogen Fällen, die oben p. 307, 2; 318, 1 berührt sind) auf enthusiastischen Cult bei den Geten hinzuweisen die Gleichsetzung des Priesters mit dem Gotte. Der (König und Staat beherrschende: ähnlich dem ἱερεὺς τοῦ Διονύσου bei den Bessern [oben p. 314, 2], vgl. Jordanes, Get. 71) Oberpriester hiess selbst „Gott“: Strabo 7, 298. Daher übrigens lag die Verwandlung des schon von Herodot (4, 96) ganz richtig als δαίμων τις Γέτῃσι ἐπιχώριος aner- kannten Gottes Zalmoxis in einen Menschen der Vorzeit besonders nahe (wie sie ja auch bei Strabo 7, 297 f. geschieht; vgl. Jordanes Get. 39). Wenn der gegenwärtige Priester „Gott“ heisst, so wird, konnte man schliessen, wohl auch der jetzt „Gott“ genannte Zalmoxis einst nur ein Priester gewesen sein.

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Zitationshilfe: Rohde, Erwin: Psyche. Seelencult und Unsterblichkeitsglaube der Griechen. Freiburg u. a., 1894, S. 322. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohde_psyche_1894/338>, abgerufen am 22.11.2024.