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Rohde, Erwin: Psyche. Seelencult und Unsterblichkeitsglaube der Griechen. Freiburg u. a., 1894.

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der sonst so gehaltene, stolze und spröde, mit Beinamen be-
zeichnet werden, die bakchische Erregung und Selbstvergessen-
heit ausdrücken. Er heisst der Schwärmende, der Bakchische;
bezeichnend nennt ihn Aeschylus "den epheugeschmückten
Apollo, den bakchisch Erregten, den Wahrsager" (fr. 341).
Nun ist es Apollo, der vor anderen Göttern die "Raserei" in
menschlichen Seelen hervorruft 1), die sie hellsichtig macht
und das Verborgene erkennen lässt. An nicht wenigen Orten
gründen sich Orakelstätten, an denen Priester oder Prie-
sterinnen in rasender Verzückung verkünden, was ihnen Apollo
eingiebt. Vorbild blieb doch das pythische Orakel. Dort
wahrsagte die Pythia, eine jungfräuliche Priesterin, durch den
berauschenden Aushauch der Erdspalte, über der sie auf dem
Dreifuss sass, erregt, und von dem Gotte selbst und seinem
Geiste erfüllt 2). Der Gott, so war der Glaube, fährt in den
irdischen Leib, oder die Seele der Priesterin, von ihrem Leibe
"gelöst", vernimmt mit Geistersinn die göttlichen Offenbarun-
gen 3). Was sie dann "mit rasendem Munde" verkündigt, das

1) -- osous ex Apollonos manenai legousi (die khresmologous alter
Zeit): Paus. 1, 34, 4. mania tou khresmologos Diogenian. prov. 6, 47. Auch
epipnoia "Inspiration": Sittl, Gebärden der Gr. u. R. 345. o enthousiasmos
epipneusin tina theian ekhein dokei Strabo X p. 467. -- oi numpholeptoi kai
theoleptoi ton anthropon, epipnoia daimoniou tinos osper enthousiazontes. Eth.
Eudem. 1214 a, 23.
2) Ekstatische Erregung der Pythia: Diodor. 16, 26. Christlich ent-
stellt Schol. Arist. Plut. 39 (s. dazu Hemsterh.). ole ginetai tou theou
Jamblich. de myst. 3, 11 p. 126, 15. Schilderung eines Vorfalls in dem
die wahrsagende Pythia vollständig ekphron wurde: Plut. def. orac. 51.
3) In der Begeisterungsmantik wird die Seele "frei" vom Leibe:
animus ita solutus est et vacuus ut ei plane nihil sit cum corpore. Cic. de
divin.
1, 113; vgl. 70 (kath eauten ginetai e psukhe im Traume und den
manteiai: Aristot. bei Sext. adv. math. 9, 20, 21. e arkhe [der nous] apo-
luomenou tou logou iskhuei mallon im Enthusiasmus: Eth. Eudem. 1248 a, 40;
vgl. 1225 a, 28). Das ist ekstasis im eigentlichen Verstande (s. oben p. 311 f).
Andere Male wird gesagt, dass der Gott in den Menschen fahre und
dessen Seele ausfülle: dann ist der Mensch entheos (s. oben p. 312,4);
pleni et mixti deo vates (Minuc. Fel. 7, 6). Die Priesterin am Branchiden-
orakel dekhetai ton theon: Jamblich. myst. p. 127, 7. -- exoikizetai o en emin
nous kata ten tou theiou pneumatos aphixin, kata de ten metanastasin autou

der sonst so gehaltene, stolze und spröde, mit Beinamen be-
zeichnet werden, die bakchische Erregung und Selbstvergessen-
heit ausdrücken. Er heisst der Schwärmende, der Bakchische;
bezeichnend nennt ihn Aeschylus „den epheugeschmückten
Apollo, den bakchisch Erregten, den Wahrsager“ (fr. 341).
Nun ist es Apollo, der vor anderen Göttern die „Raserei“ in
menschlichen Seelen hervorruft 1), die sie hellsichtig macht
und das Verborgene erkennen lässt. An nicht wenigen Orten
gründen sich Orakelstätten, an denen Priester oder Prie-
sterinnen in rasender Verzückung verkünden, was ihnen Apollo
eingiebt. Vorbild blieb doch das pythische Orakel. Dort
wahrsagte die Pythia, eine jungfräuliche Priesterin, durch den
berauschenden Aushauch der Erdspalte, über der sie auf dem
Dreifuss sass, erregt, und von dem Gotte selbst und seinem
Geiste erfüllt 2). Der Gott, so war der Glaube, fährt in den
irdischen Leib, oder die Seele der Priesterin, von ihrem Leibe
„gelöst“, vernimmt mit Geistersinn die göttlichen Offenbarun-
gen 3). Was sie dann „mit rasendem Munde“ verkündigt, das

1) — ὅσους ἐξ Ἀπόλλωνος μανῆναι λέγουσι (die χρησμολόγους alter
Zeit): Paus. 1, 34, 4. μανία τοῦ χρησμολόγοσ Diogenian. prov. 6, 47. Auch
ἐπίπνοια „Inspiration“: Sittl, Gebärden der Gr. u. R. 345. ὁ ἐνϑουσιασμὸς
ἐπίπνευσίν τινα ϑείαν ἔχειν δοκεῖ Strabo X p. 467. — οἱ νυμφόληπτοι καὶ
ϑέοληπτοι τῶν ἀνϑρώπων, ἐπιπνοίᾳ δαιμονίου τινὸς ὥσπερ ἐνϑουσιάζοντες. Eth.
Eudem. 1214 a, 23.
2) Ekstatische Erregung der Pythia: Diodor. 16, 26. Christlich ent-
stellt Schol. Arist. Plut. 39 (s. dazu Hemsterh.). ὅλη γίνεται τοῦ ϑεοῦ
Jamblich. de myst. 3, 11 p. 126, 15. Schilderung eines Vorfalls in dem
die wahrsagende Pythia vollständig ἔκφρων wurde: Plut. def. orac. 51.
3) In der Begeisterungsmantik wird die Seele „frei“ vom Leibe:
animus ita solutus est et vacuus ut ei plane nihil sit cum corpore. Cic. de
divin.
1, 113; vgl. 70 (καϑ̛ ἑαυτὴν γίνεται ἡ ψυχή im Traume und den
μαντεῖαι: Aristot. bei Sext. adv. math. 9, 20, 21. ἡ ἀρχὴ [der νοῦς] ἀπο-
λυομένου τοῦ λόγου ἰσχύει μᾶλλον im Enthusiasmus: Eth. Eudem. 1248 a, 40;
vgl. 1225 a, 28). Das ist ἔκστασις im eigentlichen Verstande (s. oben p. 311 f).
Andere Male wird gesagt, dass der Gott in den Menschen fahre und
dessen Seele ausfülle: dann ist der Mensch ἔνϑεος (s. oben p. 312,4);
pleni et mixti deo vates (Minuc. Fel. 7, 6). Die Priesterin am Branchiden-
orakel δέχεται τὸν ϑεόν: Jamblich. myst. p. 127, 7. — ἐξοικίζεται ὁ ἐν ἡμῖν
νοῦς κατὰ τὴν τοῦ ϑείου πνεύματος ἄφιξιν, κατὰ δὲ τὴν μετανάστασιν αὐτοῦ
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[348/0364] der sonst so gehaltene, stolze und spröde, mit Beinamen be- zeichnet werden, die bakchische Erregung und Selbstvergessen- heit ausdrücken. Er heisst der Schwärmende, der Bakchische; bezeichnend nennt ihn Aeschylus „den epheugeschmückten Apollo, den bakchisch Erregten, den Wahrsager“ (fr. 341). Nun ist es Apollo, der vor anderen Göttern die „Raserei“ in menschlichen Seelen hervorruft 1), die sie hellsichtig macht und das Verborgene erkennen lässt. An nicht wenigen Orten gründen sich Orakelstätten, an denen Priester oder Prie- sterinnen in rasender Verzückung verkünden, was ihnen Apollo eingiebt. Vorbild blieb doch das pythische Orakel. Dort wahrsagte die Pythia, eine jungfräuliche Priesterin, durch den berauschenden Aushauch der Erdspalte, über der sie auf dem Dreifuss sass, erregt, und von dem Gotte selbst und seinem Geiste erfüllt 2). Der Gott, so war der Glaube, fährt in den irdischen Leib, oder die Seele der Priesterin, von ihrem Leibe „gelöst“, vernimmt mit Geistersinn die göttlichen Offenbarun- gen 3). Was sie dann „mit rasendem Munde“ verkündigt, das 1) — ὅσους ἐξ Ἀπόλλωνος μανῆναι λέγουσι (die χρησμολόγους alter Zeit): Paus. 1, 34, 4. μανία τοῦ χρησμολόγοσ Diogenian. prov. 6, 47. Auch ἐπίπνοια „Inspiration“: Sittl, Gebärden der Gr. u. R. 345. ὁ ἐνϑουσιασμὸς ἐπίπνευσίν τινα ϑείαν ἔχειν δοκεῖ Strabo X p. 467. — οἱ νυμφόληπτοι καὶ ϑέοληπτοι τῶν ἀνϑρώπων, ἐπιπνοίᾳ δαιμονίου τινὸς ὥσπερ ἐνϑουσιάζοντες. Eth. Eudem. 1214 a, 23. 2) Ekstatische Erregung der Pythia: Diodor. 16, 26. Christlich ent- stellt Schol. Arist. Plut. 39 (s. dazu Hemsterh.). ὅλη γίνεται τοῦ ϑεοῦ Jamblich. de myst. 3, 11 p. 126, 15. Schilderung eines Vorfalls in dem die wahrsagende Pythia vollständig ἔκφρων wurde: Plut. def. orac. 51. 3) In der Begeisterungsmantik wird die Seele „frei“ vom Leibe: animus ita solutus est et vacuus ut ei plane nihil sit cum corpore. Cic. de divin. 1, 113; vgl. 70 (καϑ̛ ἑαυτὴν γίνεται ἡ ψυχή im Traume und den μαντεῖαι: Aristot. bei Sext. adv. math. 9, 20, 21. ἡ ἀρχὴ [der νοῦς] ἀπο- λυομένου τοῦ λόγου ἰσχύει μᾶλλον im Enthusiasmus: Eth. Eudem. 1248 a, 40; vgl. 1225 a, 28). Das ist ἔκστασις im eigentlichen Verstande (s. oben p. 311 f). Andere Male wird gesagt, dass der Gott in den Menschen fahre und dessen Seele ausfülle: dann ist der Mensch ἔνϑεος (s. oben p. 312,4); pleni et mixti deo vates (Minuc. Fel. 7, 6). Die Priesterin am Branchiden- orakel δέχεται τὸν ϑεόν: Jamblich. myst. p. 127, 7. — ἐξοικίζεται ὁ ἐν ἡμῖν νοῦς κατὰ τὴν τοῦ ϑείου πνεύματος ἄφιξιν, κατὰ δὲ τὴν μετανάστασιν αὐτοῦ

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Zitationshilfe: Rohde, Erwin: Psyche. Seelencult und Unsterblichkeitsglaube der Griechen. Freiburg u. a., 1894, S. 348. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohde_psyche_1894/364>, abgerufen am 22.11.2024.