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Rohde, Erwin: Psyche. Seelencult und Unsterblichkeitsglaube der Griechen. Freiburg u. a., 1894.

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Epoden, Beschwörungsformeln singt, die stets ein angeredetes
und hörendes unsichtbares Wesen voraussetzen 1); wo er Erz-
klang dazu ertönen lässt, dessen Kraft es ist, Gespenster zu
verscheuchen 2). Wo vergossenes Menschenblut eine "Reini-
gung" nöthig macht, vollzieht diese der Reinigungspriester

bar auch gemeint. Was p. 589 von solchen Vorschriften angeführt wird,
läuft zumeist auf Enthaltung von Pflanzen und Thieren, die den Unter-
irdischen heilig sind, hinaus. Deutlich ist auch: imation melan me ekhein,
thanatodes gar to melan. (Den inferi gehören alle Bäume mit schwar-
zen Beeren oder Früchten: Macrob. Sat. 3, 20, 3). Andrer Aberglaube
schliesst sich an: mede poda epi podi ekhein, mede kheira epi kheiri ; tauta gar
panta kolumata einai. Der Glaube ist aus den Erzählungen von der
Geburt des Herakles bekannt. S. Welcker, Kl. Schr. 3, 191. Sittl, Ge-
bärden
126. (Etwas ganz Aehnliches im Pariser Zauberbuch 1052 ff. p. 71
Wess.) Den Grund aber der Krankheit fand man allemal in directem
Eingreifen eines daimon (p. 592. 593), das also abgewendet werden musste.
Der Gott ist es, nach dem populären Glauben, der to anthropou soma
miainei (vgl. p. 593). Daher reinigen, kathairousi die Zauberer den Kranken,
aimasi kai toisin alloisi womit man miasma ti ekhontas oder Fluchbeladene
reinigt, und vergraben die katharsia oder werfen sie ins Meer (kai eis
ala lumat eballon Il. 1, 314) oder tragen sie fort in abgelegene Berg-
gegenden (p. 593). Denn in den katharsia sitzt nun das abgewaschene
miasma; und so treibt der Zauberer eis oreon kephalas nousous te kai
alge (hymn. Orph. 36, 15).
1) Epoden zur Stillung des Blutes schon Odyss. 19, 457. Später ja
sehr oft erwähnt: zur zauberhaften Heilung von Krankheiten namentlich
der Epilepsie angewendet (Hippocr. I p. 587. 588 f. [Demosth.] 25, 79. 80);
bei der "Reinigung" von Häusern und Herden mit Besprengungen durch
Niesswurz sunepadousi tina epoden Theophr. hist. pl. 9, 10, 4. (compre-
cationem solemnem
übersetzt Plin. n. h. 25, 49). Wehen der Gebärenden
gehemmt oder befördert durch Epoden: Plato Theaet. 149 C D. (Sonst
mancherlei bei Welcker, Kl. Schr. 3, 64 ff.). Der ursprüngliche Sinn
solcher Sprüche ist stets der einer Anrede und Beschwörung eines dämo-
nischen Wesens (eine Anrede noch ganz deutlich, wo Löwen oder
Schlangen durch Epoden besänftigt werden. Welcker a. O. 70, 14. 15.
Epoden bei der Rizotomia sind epikleseis des daimon o e botane anierotai:
s. Pariser Zauberbuch Z. 2973 ff.).
2) Erzklang bei den apokatharseis, Gespenster verscheuchend: s. oben
p. 248 A. 2 Vgl. noch Macrob. Sat. 5, 19, 11 ff. Claudian. IV. consul.
Hon.
149: nec te (gleich dem Juppiter) progenitum Cybeleius aere sonoro
lustravit Corybas.
Kathartisch wirkt Erzklang eben als Geister ver-
scheuchend. Vertreibung der Gespenster an den Lemurien, indem man Te-
mesaea concrepat aera
: Ovid. Fast. 5, 441 f. Darum khalkou audan khthonian

Epoden, Beschwörungsformeln singt, die stets ein angeredetes
und hörendes unsichtbares Wesen voraussetzen 1); wo er Erz-
klang dazu ertönen lässt, dessen Kraft es ist, Gespenster zu
verscheuchen 2). Wo vergossenes Menschenblut eine „Reini-
gung“ nöthig macht, vollzieht diese der Reinigungspriester

bar auch gemeint. Was p. 589 von solchen Vorschriften angeführt wird,
läuft zumeist auf Enthaltung von Pflanzen und Thieren, die den Unter-
irdischen heilig sind, hinaus. Deutlich ist auch: ἱμάτιον μέλαν μὴ ἔχειν,
ϑανατῶδες γὰρ τὸ μέλαν. (Den inferi gehören alle Bäume mit schwar-
zen Beeren oder Früchten: Macrob. Sat. 3, 20, 3). Andrer Aberglaube
schliesst sich an: μηδὲ πόδα ἐπὶ ποδὶ ἔχειν, μηδὲ χεῖρα ἐπὶ χειρί · ταῦτα γὰρ
πάντα κωλύματα εἶναι. Der Glaube ist aus den Erzählungen von der
Geburt des Herakles bekannt. S. Welcker, Kl. Schr. 3, 191. Sittl, Ge-
bärden
126. (Etwas ganz Aehnliches im Pariser Zauberbuch 1052 ff. p. 71
Wess.) Den Grund aber der Krankheit fand man allemal in directem
Eingreifen eines δαίμων (p. 592. 593), das also abgewendet werden musste.
Der Gott ist es, nach dem populären Glauben, der τὸ ἀνϑρώπου σῶμα
μιαίνει (vgl. p. 593). Daher reinigen, καϑαίρουσι die Zauberer den Kranken,
αἵμασι καὶ τοῖσιν ἄλλοισι womit man μίασμά τι ἔχοντας oder Fluchbeladene
reinigt, und vergraben die καϑάρσια oder werfen sie ins Meer (καὶ εἰς
ἅλα λύματ̕ ἔβαλλον Il. 1, 314) oder tragen sie fort in abgelegene Berg-
gegenden (p. 593). Denn in den καϑάρσια sitzt nun das abgewaschene
μίασμα; und so treibt der Zauberer εἰς ὀρέων κεφαλὰς νούσους τε καὶ
ἄλγη (hymn. Orph. 36, 15).
1) Epoden zur Stillung des Blutes schon Odyss. 19, 457. Später ja
sehr oft erwähnt: zur zauberhaften Heilung von Krankheiten namentlich
der Epilepsie angewendet (Hippocr. I p. 587. 588 f. [Demosth.] 25, 79. 80);
bei der „Reinigung“ von Häusern und Herden mit Besprengungen durch
Niesswurz συνεπᾴδουσί τινα ἐπῳδήν Theophr. hist. pl. 9, 10, 4. (compre-
cationem solemnem
übersetzt Plin. n. h. 25, 49). Wehen der Gebärenden
gehemmt oder befördert durch Epoden: Plato Theaet. 149 C D. (Sonst
mancherlei bei Welcker, Kl. Schr. 3, 64 ff.). Der ursprüngliche Sinn
solcher Sprüche ist stets der einer Anrede und Beschwörung eines dämo-
nischen Wesens (eine Anrede noch ganz deutlich, wo Löwen oder
Schlangen durch Epoden besänftigt werden. Welcker a. O. 70, 14. 15.
Epoden bei der ῥιζοτομία sind ἐπικλήσεις des δαίμων ᾧ ἡ βοτάνη ἀνιέρωται:
s. Pariser Zauberbuch Z. 2973 ff.).
2) Erzklang bei den ἀποκαϑάρσεις, Gespenster verscheuchend: s. oben
p. 248 A. 2 Vgl. noch Macrob. Sat. 5, 19, 11 ff. Claudian. IV. consul.
Hon.
149: nec te (gleich dem Juppiter) progenitum Cybeleius aere sonoro
lustravit Corybas.
Kathartisch wirkt Erzklang eben als Geister ver-
scheuchend. Vertreibung der Gespenster an den Lemurien, indem man Te-
mesaea concrepat aera
: Ovid. Fast. 5, 441 f. Darum χαλκοῦ αὐδὰν χϑονίαν
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[365/0381] Epoden, Beschwörungsformeln singt, die stets ein angeredetes und hörendes unsichtbares Wesen voraussetzen 1); wo er Erz- klang dazu ertönen lässt, dessen Kraft es ist, Gespenster zu verscheuchen 2). Wo vergossenes Menschenblut eine „Reini- gung“ nöthig macht, vollzieht diese der Reinigungspriester 2) 1) Epoden zur Stillung des Blutes schon Odyss. 19, 457. Später ja sehr oft erwähnt: zur zauberhaften Heilung von Krankheiten namentlich der Epilepsie angewendet (Hippocr. I p. 587. 588 f. [Demosth.] 25, 79. 80); bei der „Reinigung“ von Häusern und Herden mit Besprengungen durch Niesswurz συνεπᾴδουσί τινα ἐπῳδήν Theophr. hist. pl. 9, 10, 4. (compre- cationem solemnem übersetzt Plin. n. h. 25, 49). Wehen der Gebärenden gehemmt oder befördert durch Epoden: Plato Theaet. 149 C D. (Sonst mancherlei bei Welcker, Kl. Schr. 3, 64 ff.). Der ursprüngliche Sinn solcher Sprüche ist stets der einer Anrede und Beschwörung eines dämo- nischen Wesens (eine Anrede noch ganz deutlich, wo Löwen oder Schlangen durch Epoden besänftigt werden. Welcker a. O. 70, 14. 15. Epoden bei der ῥιζοτομία sind ἐπικλήσεις des δαίμων ᾧ ἡ βοτάνη ἀνιέρωται: s. Pariser Zauberbuch Z. 2973 ff.). 2) Erzklang bei den ἀποκαϑάρσεις, Gespenster verscheuchend: s. oben p. 248 A. 2 Vgl. noch Macrob. Sat. 5, 19, 11 ff. Claudian. IV. consul. Hon. 149: nec te (gleich dem Juppiter) progenitum Cybeleius aere sonoro lustravit Corybas. Kathartisch wirkt Erzklang eben als Geister ver- scheuchend. Vertreibung der Gespenster an den Lemurien, indem man Te- mesaea concrepat aera: Ovid. Fast. 5, 441 f. Darum χαλκοῦ αὐδὰν χϑονίαν 2) bar auch gemeint. Was p. 589 von solchen Vorschriften angeführt wird, läuft zumeist auf Enthaltung von Pflanzen und Thieren, die den Unter- irdischen heilig sind, hinaus. Deutlich ist auch: ἱμάτιον μέλαν μὴ ἔχειν, ϑανατῶδες γὰρ τὸ μέλαν. (Den inferi gehören alle Bäume mit schwar- zen Beeren oder Früchten: Macrob. Sat. 3, 20, 3). Andrer Aberglaube schliesst sich an: μηδὲ πόδα ἐπὶ ποδὶ ἔχειν, μηδὲ χεῖρα ἐπὶ χειρί · ταῦτα γὰρ πάντα κωλύματα εἶναι. Der Glaube ist aus den Erzählungen von der Geburt des Herakles bekannt. S. Welcker, Kl. Schr. 3, 191. Sittl, Ge- bärden 126. (Etwas ganz Aehnliches im Pariser Zauberbuch 1052 ff. p. 71 Wess.) Den Grund aber der Krankheit fand man allemal in directem Eingreifen eines δαίμων (p. 592. 593), das also abgewendet werden musste. Der Gott ist es, nach dem populären Glauben, der τὸ ἀνϑρώπου σῶμα μιαίνει (vgl. p. 593). Daher reinigen, καϑαίρουσι die Zauberer den Kranken, αἵμασι καὶ τοῖσιν ἄλλοισι womit man μίασμά τι ἔχοντας oder Fluchbeladene reinigt, und vergraben die καϑάρσια oder werfen sie ins Meer (καὶ εἰς ἅλα λύματ̕ ἔβαλλον Il. 1, 314) oder tragen sie fort in abgelegene Berg- gegenden (p. 593). Denn in den καϑάρσια sitzt nun das abgewaschene μίασμα; und so treibt der Zauberer εἰς ὀρέων κεφαλὰς νούσους τε καὶ ἄλγη (hymn. Orph. 36, 15).

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Zitationshilfe: Rohde, Erwin: Psyche. Seelencult und Unsterblichkeitsglaube der Griechen. Freiburg u. a., 1894, S. 365. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohde_psyche_1894/381>, abgerufen am 22.11.2024.