Rohde, Erwin: Psyche. Seelencult und Unsterblichkeitsglaube der Griechen. Freiburg u. a., 1894.sie abzuhalten von menschlichen Wohnungen; sowie man der Gräuelhafte Vorstellungen aller Art knüpfen sich hier Reinigungsopfern gefüllte Getäss. Schol. zu jener Stelle. So geschieht
es auch sonst bei katharmoi (Theocrit 24, 94 ff.), bei Erinyenopfern (Soph. O. C. 490). Schon Odysseus muss beim Todtenopfer sich aponosphi tra- pesthai (Odyss. 10, 528). Beim Sammeln der Zaubersäfte wendet Medea die Augen exopiso kheros (Soph. Rizotomoi fr. 491. Apoll. Rhod. 4, 1315). Einiges andere bei Lomeier de lustrat. p. 455 f. Das blieb dann stehende Regel bei Opfern für khthonioi und Zauberwerk, das sich immer auf Unter- irdische bezieht. Noch bei Marcell. Empir. wird öfter, bei Anweisungen zur Herstellung von phusika, eingeschärft: nec retro respice (z. B. 1, 54). Aehnlich bei Plin. n. h. 21, 176; 29, 91. Neuerer Aberglaube hält es nicht anders (vgl. z. B. Grimm D. Myth. III p. 444, 299; 446, 357; 453, 558; 467, 890; 477, 1137. Abwenden des Blicks vom wüthenden Heer: Birlinger, Aus Schwaben. Neue Samml. I 90). Aber die Vorschrift ist uralt. Auch im brahmanischen Todtenritual müssen gewisse Handlungen ametastrepti ausgeführt werden (s. Max Müller, Zeitsch. d. d. morg. Ges. 9. p. XVI. XXI). Der Grund der Vorschrift ist leicht zu errathen. Der sich Umsehende würde die Geister erblicken, die sich des Hingeworfenen bemächtigen, und das brächte ihm Unglück. khalepoi de theoi phainesthai enargos. Darum muss Odysseus, wenn er den Schleier der Leukothoe dieser wieder hinwirft ins Meer hinaus, autos aponosphi tra- pesthai (Odyss. 5, 350). Darum darf sich Orpheus nach der Eurydike, als einer Unterirdischen, nicht umwenden. oi entugkhanontes nuktos erosi diestrephon tas opseis: Schol. Ar. Av. 1493. Deutlich redet Ovid, Fast. 5, 437 ff. Bei den Lemurien wirft der Opfernde die Bohnen hin aversus- nec respicit. umbra putatur colligere et nullo terga vidente sequi. Erst wenn die Manes verscheucht sind, respicit (444). Eines der Pythagorei- schen sumbola, dieser schätzbaren Reste griechischer Rockenphilosophie, lautet: apodemon tes oikias me epistrephou ; Erinues gar meterkhontai (Jam- blich. Protr. p. 114, 29 Pist.). Hier ist der Grund der abergläubischen Vorschrift (vgl. übrigens Grimm a. O. p. 435, 14; 446, 360) deutlich aus- gesprochen; die Unterweltsgeister (umwandelnd auf Erden, wie am Fünften nach Hesiod Op. 803) folgen dem Abreisenden; kehrte er sich um, so würde er sie erblicken. sie abzuhalten von menschlichen Wohnungen; sowie man der Gräuelhafte Vorstellungen aller Art knüpfen sich hier Reinigungsopfern gefüllte Getäss. Schol. zu jener Stelle. So geschieht
es auch sonst bei καϑαρμοί (Theocrit 24, 94 ff.), bei Erinyenopfern (Soph. O. C. 490). Schon Odysseus muss beim Todtenopfer sich ἀπονόσφι τρα- πέσϑαι (Odyss. 10, 528). Beim Sammeln der Zaubersäfte wendet Medea die Augen ἐξοπίσω χερός (Soph. Ῥιζοτόμοι fr. 491. Apoll. Rhod. 4, 1315). Einiges andere bei Lomeier de lustrat. p. 455 f. Das blieb dann stehende Regel bei Opfern für χϑόνιοι und Zauberwerk, das sich immer auf Unter- irdische bezieht. Noch bei Marcell. Empir. wird öfter, bei Anweisungen zur Herstellung von φυσικά, eingeschärft: nec retro respice (z. B. 1, 54). Aehnlich bei Plin. n. h. 21, 176; 29, 91. Neuerer Aberglaube hält es nicht anders (vgl. z. B. Grimm D. Myth. III p. 444, 299; 446, 357; 453, 558; 467, 890; 477, 1137. Abwenden des Blicks vom wüthenden Heer: Birlinger, Aus Schwaben. Neue Samml. I 90). Aber die Vorschrift ist uralt. Auch im brahmanischen Todtenritual müssen gewisse Handlungen ἀμεταστρεπτί ausgeführt werden (s. Max Müller, Zeitsch. d. d. morg. Ges. 9. p. XVI. XXI). Der Grund der Vorschrift ist leicht zu errathen. Der sich Umsehende würde die Geister erblicken, die sich des Hingeworfenen bemächtigen, und das brächte ihm Unglück. χαλεποὶ δὲ ϑεοὶ φαίνεσϑαι ἐναργῶς. Darum muss Odysseus, wenn er den Schleier der Leukothoë dieser wieder hinwirft ins Meer hinaus, αὐτὸς ἀπονόσφι τρα- πέσϑαι (Odyss. 5, 350). Darum darf sich Orpheus nach der Eurydike, als einer Unterirdischen, nicht umwenden. οἱ ἐντυγχάνοντες νυκτὸς ἥρωσι διέστρεφον τὰς ὄψεις: Schol. Ar. Av. 1493. Deutlich redet Ovid, Fast. 5, 437 ff. Bei den Lemurien wirft der Opfernde die Bohnen hin aversus- nec respicit. umbra putatur colligere et nullo terga vidente sequi. Erst wenn die Manes verscheucht sind, respicit (444). Eines der Pythagorei- schen σύμβολα, dieser schätzbaren Reste griechischer Rockenphilosophie, lautet: ἀποδημῶν τῆς οἰκίας μὴ ἐπιστρέφου · Ἐρινύες γὰρ μετέρχονται (Jam- blich. Protr. p. 114, 29 Pist.). Hier ist der Grund der abergläubischen Vorschrift (vgl. übrigens Grimm a. O. p. 435, 14; 446, 360) deutlich aus- gesprochen; die Unterweltsgeister (umwandelnd auf Erden, wie am Fünften nach Hesiod Op. 803) folgen dem Abreisenden; kehrte er sich um, so würde er sie erblicken. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0393" n="377"/> sie abzuhalten von menschlichen Wohnungen; sowie man der<lb/> Hekate, zur „Reinigung“ und daher als „abwehrendes“ Opfer,<lb/> junge Hunde schlachtet.</p><lb/> <p>Gräuelhafte Vorstellungen aller Art knüpfen sich hier<lb/> leicht an: dies ist eine der Quellen, aus denen, durch andere<lb/> griechische und zahlreiche fremdländische Wahngebilde an-<lb/> geschwellt, ein trüber Strom ängstigenden Aberglaubens durch<lb/> das ganze spätere Alterthum, und durch das Mittelalter bis<lb/> tief in neuere Zeiten sich ergossen hat.</p><lb/> <p> <note xml:id="seg2pn_129_2" prev="#seg2pn_129_1" place="foot" n="3)">Reinigungsopfern gefüllte Getäss. Schol. zu jener Stelle. So geschieht<lb/> es auch sonst bei καϑαρμοί (Theocrit 24, 94 ff.), bei Erinyenopfern (Soph.<lb/><hi rendition="#i">O. C.</hi> 490). Schon Odysseus muss beim Todtenopfer sich ἀπονόσφι τρα-<lb/> πέσϑαι (Odyss. 10, 528). Beim Sammeln der Zaubersäfte wendet Medea<lb/> die Augen ἐξοπίσω χερός (Soph. Ῥιζοτόμοι <hi rendition="#i">fr</hi>. 491. Apoll. Rhod. 4, 1315).<lb/> Einiges andere bei Lomeier <hi rendition="#i">de lustrat</hi>. p. 455 f. Das blieb dann stehende<lb/> Regel bei Opfern für χϑόνιοι und Zauberwerk, das sich immer auf Unter-<lb/> irdische bezieht. Noch bei Marcell. Empir. wird öfter, bei Anweisungen<lb/> zur Herstellung von φυσικά, eingeschärft: <hi rendition="#i">nec retro respice</hi> (z. B. 1, 54).<lb/> Aehnlich bei Plin. <hi rendition="#i">n. h.</hi> 21, 176; 29, 91. Neuerer Aberglaube hält es<lb/> nicht anders (vgl. z. B. Grimm <hi rendition="#i">D. Myth</hi>. III p. 444, 299; 446, 357; 453,<lb/> 558; 467, 890; 477, 1137. Abwenden des Blicks vom wüthenden Heer:<lb/> Birlinger, <hi rendition="#i">Aus Schwaben</hi>. Neue Samml. I 90). Aber die Vorschrift ist<lb/> uralt. Auch im brahmanischen Todtenritual müssen gewisse Handlungen<lb/> ἀμεταστρεπτί ausgeführt werden (s. Max Müller, <hi rendition="#i">Zeitsch. d. d. morg. Ges</hi>.<lb/> 9. p. XVI. XXI). Der <hi rendition="#g">Grund</hi> der Vorschrift ist leicht zu errathen.<lb/> Der sich Umsehende würde die Geister <hi rendition="#g">erblicken</hi>, die sich des<lb/> Hingeworfenen bemächtigen, und das brächte ihm Unglück. χαλεποὶ δὲ<lb/> ϑεοὶ φαίνεσϑαι ἐναργῶς. Darum muss Odysseus, wenn er den Schleier der<lb/> Leukothoë dieser wieder hinwirft ins Meer hinaus, αὐτὸς ἀπονόσφι τρα-<lb/> πέσϑαι (Odyss. 5, 350). Darum darf sich Orpheus nach der Eurydike,<lb/> als einer Unterirdischen, nicht umwenden. οἱ ἐντυγχάνοντες νυκτὸς ἥρωσι<lb/> διέστρεφον τὰς ὄψεις: Schol. Ar. <hi rendition="#i">Av</hi>. 1493. Deutlich redet Ovid, <hi rendition="#i">Fast</hi>.<lb/> 5, 437 ff. Bei den Lemurien wirft der Opfernde die Bohnen hin <hi rendition="#i">aversus-<lb/> nec respicit. umbra putatur colligere et nullo terga vidente sequi</hi>. Erst<lb/> wenn die Manes verscheucht sind, <hi rendition="#i">respicit</hi> (444). Eines der Pythagorei-<lb/> schen σύμβολα, dieser schätzbaren Reste griechischer Rockenphilosophie,<lb/> lautet: ἀποδημῶν τῆς οἰκίας μὴ ἐπιστρέφου · Ἐρινύες γὰρ μετέρχονται (Jam-<lb/> blich. <hi rendition="#i">Protr</hi>. p. 114, 29 Pist.). Hier ist der <hi rendition="#g">Grund</hi> der abergläubischen<lb/> Vorschrift (vgl. übrigens Grimm a. O. p. 435, 14; 446, 360) deutlich aus-<lb/> gesprochen; die Unterweltsgeister (umwandelnd auf Erden, wie am Fünften<lb/> nach Hesiod <hi rendition="#i">Op</hi>. 803) folgen dem Abreisenden; kehrte er sich um, so<lb/> würde er sie erblicken.</note> </p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [377/0393]
sie abzuhalten von menschlichen Wohnungen; sowie man der
Hekate, zur „Reinigung“ und daher als „abwehrendes“ Opfer,
junge Hunde schlachtet.
Gräuelhafte Vorstellungen aller Art knüpfen sich hier
leicht an: dies ist eine der Quellen, aus denen, durch andere
griechische und zahlreiche fremdländische Wahngebilde an-
geschwellt, ein trüber Strom ängstigenden Aberglaubens durch
das ganze spätere Alterthum, und durch das Mittelalter bis
tief in neuere Zeiten sich ergossen hat.
3)
3) Reinigungsopfern gefüllte Getäss. Schol. zu jener Stelle. So geschieht
es auch sonst bei καϑαρμοί (Theocrit 24, 94 ff.), bei Erinyenopfern (Soph.
O. C. 490). Schon Odysseus muss beim Todtenopfer sich ἀπονόσφι τρα-
πέσϑαι (Odyss. 10, 528). Beim Sammeln der Zaubersäfte wendet Medea
die Augen ἐξοπίσω χερός (Soph. Ῥιζοτόμοι fr. 491. Apoll. Rhod. 4, 1315).
Einiges andere bei Lomeier de lustrat. p. 455 f. Das blieb dann stehende
Regel bei Opfern für χϑόνιοι und Zauberwerk, das sich immer auf Unter-
irdische bezieht. Noch bei Marcell. Empir. wird öfter, bei Anweisungen
zur Herstellung von φυσικά, eingeschärft: nec retro respice (z. B. 1, 54).
Aehnlich bei Plin. n. h. 21, 176; 29, 91. Neuerer Aberglaube hält es
nicht anders (vgl. z. B. Grimm D. Myth. III p. 444, 299; 446, 357; 453,
558; 467, 890; 477, 1137. Abwenden des Blicks vom wüthenden Heer:
Birlinger, Aus Schwaben. Neue Samml. I 90). Aber die Vorschrift ist
uralt. Auch im brahmanischen Todtenritual müssen gewisse Handlungen
ἀμεταστρεπτί ausgeführt werden (s. Max Müller, Zeitsch. d. d. morg. Ges.
9. p. XVI. XXI). Der Grund der Vorschrift ist leicht zu errathen.
Der sich Umsehende würde die Geister erblicken, die sich des
Hingeworfenen bemächtigen, und das brächte ihm Unglück. χαλεποὶ δὲ
ϑεοὶ φαίνεσϑαι ἐναργῶς. Darum muss Odysseus, wenn er den Schleier der
Leukothoë dieser wieder hinwirft ins Meer hinaus, αὐτὸς ἀπονόσφι τρα-
πέσϑαι (Odyss. 5, 350). Darum darf sich Orpheus nach der Eurydike,
als einer Unterirdischen, nicht umwenden. οἱ ἐντυγχάνοντες νυκτὸς ἥρωσι
διέστρεφον τὰς ὄψεις: Schol. Ar. Av. 1493. Deutlich redet Ovid, Fast.
5, 437 ff. Bei den Lemurien wirft der Opfernde die Bohnen hin aversus-
nec respicit. umbra putatur colligere et nullo terga vidente sequi. Erst
wenn die Manes verscheucht sind, respicit (444). Eines der Pythagorei-
schen σύμβολα, dieser schätzbaren Reste griechischer Rockenphilosophie,
lautet: ἀποδημῶν τῆς οἰκίας μὴ ἐπιστρέφου · Ἐρινύες γὰρ μετέρχονται (Jam-
blich. Protr. p. 114, 29 Pist.). Hier ist der Grund der abergläubischen
Vorschrift (vgl. übrigens Grimm a. O. p. 435, 14; 446, 360) deutlich aus-
gesprochen; die Unterweltsgeister (umwandelnd auf Erden, wie am Fünften
nach Hesiod Op. 803) folgen dem Abreisenden; kehrte er sich um, so
würde er sie erblicken.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |