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Rohde, Erwin: Psyche. Seelencult und Unsterblichkeitsglaube der Griechen. Freiburg u. a., 1894.

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den Elementen dieser Welt; die Vorschriften der Reinigung
und Askese gelten nur ihr.

Zwischen diesem Seelendämon, der nach seiner Götter-
heimath zurückstrebt, und der Welt der Elemente besteht kein
inneres und nothwendiges Band; dennoch aber, da sie einmal
mit einander verflochten sind, ein gewisser Parallelismus der
Bestimmung und des Schicksals. Auch in der mechanisch be-
wegten Naturwelt streben die gesonderten Einzelerscheinungen
zurück zu ihrem Ursprung, zu der innig verschmolzenen Einheit,
von der sie einst ausgegangen sind. Einst wird, nach Ver-
drängung alles Streites, volle "Liebe" herrschen, und das ist
dem Dichter, dem sich auch in die Schilderung dieser Welt
mechanischer Anziehung und Abstossung, ethische Untergedan-
ken einschleichen 1), der Zustand voller Güte und Seligkeit.
Giebt es einst keine Welt mehr, so wird, bis sich aufs neue
eine solche bildet, auch kein Seelendämon mehr an die Einzel-
organismen einer Welt gefesselt sein können. Sind sie dann
alle zurückgekehrt zu der seligen Gemeinschaft der ewigen
Götter? Es scheint, dass auch die Götter und Dämonen (und
demnach auch die in die Welt als "Seelen" eingeschlossenen
Geister) dem Empedokles nicht ein ewiges Leben haben sollen:
"lang lebend" nennt er sie wiederholt, Ewigkeit schreibt er
ihnen mit Bestimmtheit nirgends zu 2). Auch sie sollen eine

1) Die philia ist ihm (nicht seinen Worten nach, aber nach seinem
Sinn, wie ihn Aristoteles feststellt) aitia ton agathon, to de neikos ton kakon:
Aristot. metaph. 985 a, 4 ff.; 1075 b, 1--7. Daher die epiophron Philotetos
amempheos ambrotos orme (201) entgegengesetzt wird dem Neikos mainomenon
(10) oulomenon (80) lugron (380). Der sphairos, in dem nur philia herrscht,
neikos ganz verdrängt ist, heisst monie periegei gaion 168. 176.
2) theoi dolikhaiones 131. 141. Ganz dieselben sind die daimones
oite bioio lelogkhasi makraionos 5. Neben diesen, auffallend bestimmt die
Lebensdauer der Götter begrenzenden Ausdrücken muss man Epi-
theta, mit denen Empedokles selbst als in Zukunft theos ambrotos, ouk
eti thnetos (400) bezeichnet wird, nur so verstehn, dass mit ihnen ein
ferneres Sterben in menschlicher Einkörperung geleugnet wird (ebenso,
wenn die aus dem Kreise irdischer Geburten Ausgeschiedenen heissen
apokeroi, ateireis 461; nur mit herkömmlicher Bezeichnung die Götter
athanatoi 460). Dass die daimones dem Emp. schliesslich auch starben

den Elementen dieser Welt; die Vorschriften der Reinigung
und Askese gelten nur ihr.

Zwischen diesem Seelendämon, der nach seiner Götter-
heimath zurückstrebt, und der Welt der Elemente besteht kein
inneres und nothwendiges Band; dennoch aber, da sie einmal
mit einander verflochten sind, ein gewisser Parallelismus der
Bestimmung und des Schicksals. Auch in der mechanisch be-
wegten Naturwelt streben die gesonderten Einzelerscheinungen
zurück zu ihrem Ursprung, zu der innig verschmolzenen Einheit,
von der sie einst ausgegangen sind. Einst wird, nach Ver-
drängung alles Streites, volle „Liebe“ herrschen, und das ist
dem Dichter, dem sich auch in die Schilderung dieser Welt
mechanischer Anziehung und Abstossung, ethische Untergedan-
ken einschleichen 1), der Zustand voller Güte und Seligkeit.
Giebt es einst keine Welt mehr, so wird, bis sich aufs neue
eine solche bildet, auch kein Seelendämon mehr an die Einzel-
organismen einer Welt gefesselt sein können. Sind sie dann
alle zurückgekehrt zu der seligen Gemeinschaft der ewigen
Götter? Es scheint, dass auch die Götter und Dämonen (und
demnach auch die in die Welt als „Seelen“ eingeschlossenen
Geister) dem Empedokles nicht ein ewiges Leben haben sollen:
„lang lebend“ nennt er sie wiederholt, Ewigkeit schreibt er
ihnen mit Bestimmtheit nirgends zu 2). Auch sie sollen eine

1) Die φιλία ist ihm (nicht seinen Worten nach, aber nach seinem
Sinn, wie ihn Aristoteles feststellt) αἰτία τῶν ἀγαϑῶν, τὸ δὲ νεῖκος τῶν κακῶν:
Aristot. metaph. 985 a, 4 ff.; 1075 b, 1—7. Daher die ἠπιόφρων Φιλότητος
ἀμεμφέος ἄμβροτος ὁρμή (201) entgegengesetzt wird dem Νεῖκος μαινόμενον
(10) οὐλόμενον (80) λυγρόν (380). Der σφαῖρος, in dem nur φιλία herrscht,
νεῖκος ganz verdrängt ist, heisst μονίῃ περιήγεϊ γαίων 168. 176.
2) ϑεοὶ δολιχαίωνες 131. 141. Ganz dieselben sind die δαίμονες
οἵτε βίοιο λελόγχασι μακραίωνος 5. Neben diesen, auffallend bestimmt die
Lebensdauer der Götter begrenzenden Ausdrücken muss man Epi-
theta, mit denen Empedokles selbst als in Zukunft ϑεὸς ἄμβροτος, οὐκ
ἔτι ϑνητός (400) bezeichnet wird, nur so verstehn, dass mit ihnen ein
ferneres Sterben in menschlicher Einkörperung geleugnet wird (ebenso,
wenn die aus dem Kreise irdischer Geburten Ausgeschiedenen heissen
ἀπόκηροι, ἀτειρεῖς 461; nur mit herkömmlicher Bezeichnung die Götter
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[479/0495] den Elementen dieser Welt; die Vorschriften der Reinigung und Askese gelten nur ihr. Zwischen diesem Seelendämon, der nach seiner Götter- heimath zurückstrebt, und der Welt der Elemente besteht kein inneres und nothwendiges Band; dennoch aber, da sie einmal mit einander verflochten sind, ein gewisser Parallelismus der Bestimmung und des Schicksals. Auch in der mechanisch be- wegten Naturwelt streben die gesonderten Einzelerscheinungen zurück zu ihrem Ursprung, zu der innig verschmolzenen Einheit, von der sie einst ausgegangen sind. Einst wird, nach Ver- drängung alles Streites, volle „Liebe“ herrschen, und das ist dem Dichter, dem sich auch in die Schilderung dieser Welt mechanischer Anziehung und Abstossung, ethische Untergedan- ken einschleichen 1), der Zustand voller Güte und Seligkeit. Giebt es einst keine Welt mehr, so wird, bis sich aufs neue eine solche bildet, auch kein Seelendämon mehr an die Einzel- organismen einer Welt gefesselt sein können. Sind sie dann alle zurückgekehrt zu der seligen Gemeinschaft der ewigen Götter? Es scheint, dass auch die Götter und Dämonen (und demnach auch die in die Welt als „Seelen“ eingeschlossenen Geister) dem Empedokles nicht ein ewiges Leben haben sollen: „lang lebend“ nennt er sie wiederholt, Ewigkeit schreibt er ihnen mit Bestimmtheit nirgends zu 2). Auch sie sollen eine 1) Die φιλία ist ihm (nicht seinen Worten nach, aber nach seinem Sinn, wie ihn Aristoteles feststellt) αἰτία τῶν ἀγαϑῶν, τὸ δὲ νεῖκος τῶν κακῶν: Aristot. metaph. 985 a, 4 ff.; 1075 b, 1—7. Daher die ἠπιόφρων Φιλότητος ἀμεμφέος ἄμβροτος ὁρμή (201) entgegengesetzt wird dem Νεῖκος μαινόμενον (10) οὐλόμενον (80) λυγρόν (380). Der σφαῖρος, in dem nur φιλία herrscht, νεῖκος ganz verdrängt ist, heisst μονίῃ περιήγεϊ γαίων 168. 176. 2) ϑεοὶ δολιχαίωνες 131. 141. Ganz dieselben sind die δαίμονες οἵτε βίοιο λελόγχασι μακραίωνος 5. Neben diesen, auffallend bestimmt die Lebensdauer der Götter begrenzenden Ausdrücken muss man Epi- theta, mit denen Empedokles selbst als in Zukunft ϑεὸς ἄμβροτος, οὐκ ἔτι ϑνητός (400) bezeichnet wird, nur so verstehn, dass mit ihnen ein ferneres Sterben in menschlicher Einkörperung geleugnet wird (ebenso, wenn die aus dem Kreise irdischer Geburten Ausgeschiedenen heissen ἀπόκηροι, ἀτειρεῖς 461; nur mit herkömmlicher Bezeichnung die Götter ἀϑάνατοι 460). Dass die δαίμονες dem Emp. schliesslich auch starben

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Zitationshilfe: Rohde, Erwin: Psyche. Seelencult und Unsterblichkeitsglaube der Griechen. Freiburg u. a., 1894, S. 479. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohde_psyche_1894/495>, abgerufen am 22.11.2024.