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Rohde, Erwin: Psyche. Seelencult und Unsterblichkeitsglaube der Griechen. Freiburg u. a., 1894.

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Zeit lang "tiefsten Ruhens Glück" geniessen, indem, wie die
Elemente und Kräfte zu der Einheit des Sphairos, sie in der
Einheit des göttlichen Allgeistes zusammengehen, um erst bei
einer neuen Weltbildung auch ihrerseits aufs neue zu indivi-
duellem Sonderdasein hervorzutreten 1).

7.

Aus dem Versuche des Empedokles, ein vollentwickeltes
hylozoistisches System (das indessen, in der Einfügung der
treibenden Mächte des Streites und der Liebe, selbst schon
einen dualistischen Keim aufgenommen hatte) mit einem aus-
schweifenden Spiritualismus zu verschwistern, lässt sich sehr

giebt Plutarch def. orac. 16 p. 418 E ausdrücklich an. Vergänglichkeit
der Götter (nicht des theion an sich) nahmen schon Anaximander und
Anaximenes an. Dem Emp. werden die Einzeldämonen zuletzt in den
Allgott, den sphairos, resorbirt worden sein (wie die Einzelgötter den
Stoikern beim Weltbrand in den allein unvergänglichen Zeus).
1) Von einer übersinnlichen Gottheit, die ganz phren iere sei, redet
Emped. 389--396; er nannte sie Apollon, die Schilderung sollte aber
auch peri pantos tou theiou gelten. Diese Schilderung bezieht auf den
sphairos Hippolytus, ref. haeres. p. 248 Mill. Der sphairos, in dem keiner-
lei neikos mehr ist, hiess dem E. o theos, o eudaimonestatos theos (Aristot.
410 b, 5, 6; 1000 b 3). Ganz nur als phren iere wird er aber den sphairos
gewiss nicht gedacht haben. Es scheint vielmehr, dass im sphairos, in
dem alles beisammen und vereinigt ist, auch die übersinnlich gedachte
Gotteskraft beschlossen ist. In dem Weltzustand der vom neikos gebil-
deten Mannichfaltigkeit scheint von den Elementen und Kräften auch
die Gottheit getrennt gedacht zu sein. Der "wüthende Streit" (10) dringt
dann aber auch in die Gottheit selbst ein und theilt sie in sich selbst;
so entstehen die Einzeldämonen als eine Selbstentzweiung des Göttlichen,
eine Abtrünnigkeit von dem Einen theion; die Einzeldämonen sind phugades
theothen (9). Die Einzeldämonen, in die Welt, seit sie besteht, verstrickt,
zuletzt, rein geworden, aus ihr wieder zu göttlicher Höhe aufgestiegen,
werden, wenn alles Einzelne von der philia wieder zusammengeschmolzen
wird, in die Allgottheit wieder zurückgenommen, um mit dieser in den
sphairos einzugehn. -- So können vermuthungsweise die Empedokleischen
Phantasien reconstruirt werden. Ganz ausreichende Aussagen bieten seine
Verse nicht für eine sichere Vergegenwärtigung dieses immer wiederholten
Processes. Einige Unklarheit mag diesem Versuch, Physiologie und Theo-
logie zu verschmelzen, von vorneherein angehaftet haben.

Zeit lang „tiefsten Ruhens Glück“ geniessen, indem, wie die
Elemente und Kräfte zu der Einheit des Sphairos, sie in der
Einheit des göttlichen Allgeistes zusammengehen, um erst bei
einer neuen Weltbildung auch ihrerseits aufs neue zu indivi-
duellem Sonderdasein hervorzutreten 1).

7.

Aus dem Versuche des Empedokles, ein vollentwickeltes
hylozoistisches System (das indessen, in der Einfügung der
treibenden Mächte des Streites und der Liebe, selbst schon
einen dualistischen Keim aufgenommen hatte) mit einem aus-
schweifenden Spiritualismus zu verschwistern, lässt sich sehr

giebt Plutarch def. orac. 16 p. 418 E ausdrücklich an. Vergänglichkeit
der Götter (nicht des ϑεῖον an sich) nahmen schon Anaximander und
Anaximenes an. Dem Emp. werden die Einzeldämonen zuletzt in den
Allgott, den σφαῖρος, resorbirt worden sein (wie die Einzelgötter den
Stoikern beim Weltbrand in den allein unvergänglichen Zeus).
1) Von einer übersinnlichen Gottheit, die ganz φρὴν ἱερή sei, redet
Emped. 389—396; er nannte sie Apollon, die Schilderung sollte aber
auch περὶ παντὸς τοῦ ϑείου gelten. Diese Schilderung bezieht auf den
σφαῖρος Hippolytus, ref. haeres. p. 248 Mill. Der σφαῖρος, in dem keiner-
lei νεῖκος mehr ist, hiess dem E. ὁ ϑεός, ὁ εὐδαιμονέστατος ϑεός (Aristot.
410 b, 5, 6; 1000 b 3). Ganz nur als φρὴν ἰερή wird er aber den σφαῖρος
gewiss nicht gedacht haben. Es scheint vielmehr, dass im σφαῖρος, in
dem alles beisammen und vereinigt ist, auch die übersinnlich gedachte
Gotteskraft beschlossen ist. In dem Weltzustand der vom νεῖκος gebil-
deten Mannichfaltigkeit scheint von den Elementen und Kräften auch
die Gottheit getrennt gedacht zu sein. Der „wüthende Streit“ (10) dringt
dann aber auch in die Gottheit selbst ein und theilt sie in sich selbst;
so entstehen die Einzeldämonen als eine Selbstentzweiung des Göttlichen,
eine Abtrünnigkeit von dem Einen ϑεῖον; die Einzeldämonen sind φυγάδες
ϑεόϑεν (9). Die Einzeldämonen, in die Welt, seit sie besteht, verstrickt,
zuletzt, rein geworden, aus ihr wieder zu göttlicher Höhe aufgestiegen,
werden, wenn alles Einzelne von der φιλία wieder zusammengeschmolzen
wird, in die Allgottheit wieder zurückgenommen, um mit dieser in den
σφαῖρος einzugehn. — So können vermuthungsweise die Empedokleischen
Phantasien reconstruirt werden. Ganz ausreichende Aussagen bieten seine
Verse nicht für eine sichere Vergegenwärtigung dieses immer wiederholten
Processes. Einige Unklarheit mag diesem Versuch, Physiologie und Theo-
logie zu verschmelzen, von vorneherein angehaftet haben.
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[480/0496] Zeit lang „tiefsten Ruhens Glück“ geniessen, indem, wie die Elemente und Kräfte zu der Einheit des Sphairos, sie in der Einheit des göttlichen Allgeistes zusammengehen, um erst bei einer neuen Weltbildung auch ihrerseits aufs neue zu indivi- duellem Sonderdasein hervorzutreten 1). 7. Aus dem Versuche des Empedokles, ein vollentwickeltes hylozoistisches System (das indessen, in der Einfügung der treibenden Mächte des Streites und der Liebe, selbst schon einen dualistischen Keim aufgenommen hatte) mit einem aus- schweifenden Spiritualismus zu verschwistern, lässt sich sehr 2) 1) Von einer übersinnlichen Gottheit, die ganz φρὴν ἱερή sei, redet Emped. 389—396; er nannte sie Apollon, die Schilderung sollte aber auch περὶ παντὸς τοῦ ϑείου gelten. Diese Schilderung bezieht auf den σφαῖρος Hippolytus, ref. haeres. p. 248 Mill. Der σφαῖρος, in dem keiner- lei νεῖκος mehr ist, hiess dem E. ὁ ϑεός, ὁ εὐδαιμονέστατος ϑεός (Aristot. 410 b, 5, 6; 1000 b 3). Ganz nur als φρὴν ἰερή wird er aber den σφαῖρος gewiss nicht gedacht haben. Es scheint vielmehr, dass im σφαῖρος, in dem alles beisammen und vereinigt ist, auch die übersinnlich gedachte Gotteskraft beschlossen ist. In dem Weltzustand der vom νεῖκος gebil- deten Mannichfaltigkeit scheint von den Elementen und Kräften auch die Gottheit getrennt gedacht zu sein. Der „wüthende Streit“ (10) dringt dann aber auch in die Gottheit selbst ein und theilt sie in sich selbst; so entstehen die Einzeldämonen als eine Selbstentzweiung des Göttlichen, eine Abtrünnigkeit von dem Einen ϑεῖον; die Einzeldämonen sind φυγάδες ϑεόϑεν (9). Die Einzeldämonen, in die Welt, seit sie besteht, verstrickt, zuletzt, rein geworden, aus ihr wieder zu göttlicher Höhe aufgestiegen, werden, wenn alles Einzelne von der φιλία wieder zusammengeschmolzen wird, in die Allgottheit wieder zurückgenommen, um mit dieser in den σφαῖρος einzugehn. — So können vermuthungsweise die Empedokleischen Phantasien reconstruirt werden. Ganz ausreichende Aussagen bieten seine Verse nicht für eine sichere Vergegenwärtigung dieses immer wiederholten Processes. Einige Unklarheit mag diesem Versuch, Physiologie und Theo- logie zu verschmelzen, von vorneherein angehaftet haben. 2) giebt Plutarch def. orac. 16 p. 418 E ausdrücklich an. Vergänglichkeit der Götter (nicht des ϑεῖον an sich) nahmen schon Anaximander und Anaximenes an. Dem Emp. werden die Einzeldämonen zuletzt in den Allgott, den σφαῖρος, resorbirt worden sein (wie die Einzelgötter den Stoikern beim Weltbrand in den allein unvergänglichen Zeus).

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Zitationshilfe: Rohde, Erwin: Psyche. Seelencult und Unsterblichkeitsglaube der Griechen. Freiburg u. a., 1894, S. 480. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohde_psyche_1894/496>, abgerufen am 22.11.2024.