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Rohde, Erwin: Psyche. Seelencult und Unsterblichkeitsglaube der Griechen. Freiburg u. a., 1894.

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bildet wohl eben das, was man die "Seele" eines Lebewesens
nennt 1). Solche Lebewesen, deren es, wie auf der Erde, auch auf
dem Monde giebt 2), sind nicht nur Menschen und Thiere, son-
dern auch die Pflanzen 3). In allen diesen ist der "Geist" wirk-
sam, ihnen ist er, ohne selbst seine Reinheit und Einheitlichkeit
zu verlieren, beigemischt 4). Wie man es sich vorzustellen habe,
dass der weltbeherrschende Geist, dessen Einheitlichkeit und
Fürsichbleiben so nachdrücklich eingeprägt wird, dennoch gleich-
zeitig in die Unendlichkeit der Individuation eingehe, das bleibt
undeutlich. Gewiss ist aber, dass bei dieser Ableitung aller Be-
seelung aus dem Einen Weltgeiste Anaxagoras von der Fort-

1) Aristot. de an. I 2 p. 404 b, 1--7: Anaxagoras nenne als to
aition tou kalos kai orthos oft ton noun ; eterothi de (sage er) touton
einai ten psukhen;
en apasi gar uparkhein auton tois zoois, kai megalois
kai mikrois, kai timiois kai atimoterois (wobei denn unter dem also allen
zoa innewohnenden nous nicht mehr o kata phronesin legomenos nous ver-
standen werden könne). An. hatte sich unbestimmt ausgedrückt: etton
diasaphei peri auton (das Verhältniss von nous zu psukhe). Vgl. 405 a 13 f.
Im Sinne des Anax. werden nous kai psukhe einfach gleichgesetzt von Plato,
Cratyl. 400 A.
2) Laert. Diog. 2, 8: der Mond habe nach Anaxagoras oikeseis
(alla kai lophous kai pharaggas). Von den Menschen und anderen zoa
auf dem Monde (denen dann wieder ein anderer Mond scheint) redet
wohl fr. 10. Anaxagoras ten selenen gen (d. h. einen bewohnbaren
Himmelskörper, wie die Erde) phesin einai: Plat. Apolog. 26 D. Vgl. Hip-
polyt. ref. haer. p. 14, 91 Mill. -- Man erinnert sich der orphisch-pytha-
goreischen Phantasien von dem Leben auf dem Monde (oben p. 423, 3. 4).
3) An. rechnete die Pflanzen zu den zoa und schrieb ihnen Ge-
müthsbewegungen, edesthai kai lupeisthai zu [Aristot.] de plant. 815 a, 18.
Wie Plato und Demokrit halte An. die Pflanzen für zoa eggeia: Plut.
Quaest. nat. 1.
4) Trotz seines Eingehens in die khremata soll jedenfalls der nous
ungemischt und von ihnen unberührt bleiben: autokratora gar auton onta
kai oudeni memigmenon panta phesin auton kosmein ta pragmata dia panton
ionta. Plat. Cratyl. 413 C. Also gleichzeitig das dia panton ienai und die
Unvermischtheit, die ja immer wieder eingeschärft wird. So bleibt der
nous auch dann noch eph eoutou (ei me gar eph eoutou en, allo teo eme-
mikto an; meteikhe de an apanton khrematon, ei ememikto teo ; en panti gar
pantos moira enesti ktl. So ist vielleicht in fr. 6 zu lesen, mit Herstel-
lung eines geschlossenen Syllogismus. Bei der überlieferten Lesart ist das
Kolon: ei ememikto teo überflüssig und störend). Er nimmt in sich keine
Theile des andren auf.

bildet wohl eben das, was man die „Seele“ eines Lebewesens
nennt 1). Solche Lebewesen, deren es, wie auf der Erde, auch auf
dem Monde giebt 2), sind nicht nur Menschen und Thiere, son-
dern auch die Pflanzen 3). In allen diesen ist der „Geist“ wirk-
sam, ihnen ist er, ohne selbst seine Reinheit und Einheitlichkeit
zu verlieren, beigemischt 4). Wie man es sich vorzustellen habe,
dass der weltbeherrschende Geist, dessen Einheitlichkeit und
Fürsichbleiben so nachdrücklich eingeprägt wird, dennoch gleich-
zeitig in die Unendlichkeit der Individuation eingehe, das bleibt
undeutlich. Gewiss ist aber, dass bei dieser Ableitung aller Be-
seelung aus dem Einen Weltgeiste Anaxagoras von der Fort-

1) Aristot. de an. I 2 p. 404 b, 1—7: Anaxagoras nenne als τὸ
αἴτιον τοῦ καλῶς καὶ ὀρϑῶς oft τὸν νοῦν · ἑτέρωϑι δὲ (sage er) τοῦτον
εἶναι τὴν ψυχήν·
ἐν ἅπασι γὰρ ὑπάρχειν αὐτὸν τοῖς ζῴοις, καὶ μεγάλοις
καὶ μικροῖς, καὶ τιμίοις καὶ ἀτιμοτέροις (wobei denn unter dem also allen
ζῷα innewohnenden νοῦς nicht mehr ὁ κατὰ φρόνησιν λεγόμενος νοῦς ver-
standen werden könne). An. hatte sich unbestimmt ausgedrückt: ἧττον
διασαφεῖ περὶ αὐτῶν (das Verhältniss von νοῦς zu ψυχή). Vgl. 405 a 13 f.
Im Sinne des Anax. werden νοῦς καὶ ψυχή einfach gleichgesetzt von Plato,
Cratyl. 400 A.
2) Laert. Diog. 2, 8: der Mond habe nach Anaxagoras οἰκήσεις
(ὰλλὰ καὶ λόφους καὶ φάραγγας). Von den Menschen und anderen ζῷα
auf dem Monde (denen dann wieder ein anderer Mond scheint) redet
wohl fr. 10. Anaxagoras τὴν σελήνην γῆν (d. h. einen bewohnbaren
Himmelskörper, wie die Erde) φησὶν εἶναι: Plat. Apolog. 26 D. Vgl. Hip-
polyt. ref. haer. p. 14, 91 Mill. — Man erinnert sich der orphisch-pytha-
goreischen Phantasien von dem Leben auf dem Monde (oben p. 423, 3. 4).
3) An. rechnete die Pflanzen zu den ζῷα und schrieb ihnen Ge-
müthsbewegungen, ἥδεσϑαι καὶ λυπεῖσϑαι zu [Aristot.] de plant. 815 a, 18.
Wie Plato und Demokrit halte An. die Pflanzen für ζῷα ἔγγεια: Plut.
Quaest. nat. 1.
4) Trotz seines Eingehens in die χρήματα soll jedenfalls der νοῦς
ungemischt und von ihnen unberührt bleiben: αὐτοκράτορα γὰρ αὐτὸν ὄντα
καὶ οὐδενὶ μεμιγμένον πάντα φησὶν αὐτὸν κοσμεῖν τὰ πράγματα διὰ πάντων
ἰόντα. Plat. Cratyl. 413 C. Also gleichzeitig das διὰ πάντων ἰέναι und die
Unvermischtheit, die ja immer wieder eingeschärft wird. So bleibt der
νοῦς auch dann noch ἐφ̕ ἑωυτοῦ (εἰ μὴ γὰρ ἐφ̕ ἑωυτοῦ ἦν, ἄλλῳ τέῳ ἐμέ-
μικτο ἄν· μετεῖχε δὲ ἄν ἁπάντων χρημάτων, εἰ ἐμέμικτό τεῳ · ἐν παντὶ γὰρ
παντὸς μοῖρα ἔνεστι κτλ. So ist vielleicht in fr. 6 zu lesen, mit Herstel-
lung eines geschlossenen Syllogismus. Bei der überlieferten Lesart ist das
Kolon: εἰ ἐμέμικτό τεῳ überflüssig und störend). Er nimmt in sich keine
Theile des andren auf.
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[487/0503] bildet wohl eben das, was man die „Seele“ eines Lebewesens nennt 1). Solche Lebewesen, deren es, wie auf der Erde, auch auf dem Monde giebt 2), sind nicht nur Menschen und Thiere, son- dern auch die Pflanzen 3). In allen diesen ist der „Geist“ wirk- sam, ihnen ist er, ohne selbst seine Reinheit und Einheitlichkeit zu verlieren, beigemischt 4). Wie man es sich vorzustellen habe, dass der weltbeherrschende Geist, dessen Einheitlichkeit und Fürsichbleiben so nachdrücklich eingeprägt wird, dennoch gleich- zeitig in die Unendlichkeit der Individuation eingehe, das bleibt undeutlich. Gewiss ist aber, dass bei dieser Ableitung aller Be- seelung aus dem Einen Weltgeiste Anaxagoras von der Fort- 1) Aristot. de an. I 2 p. 404 b, 1—7: Anaxagoras nenne als τὸ αἴτιον τοῦ καλῶς καὶ ὀρϑῶς oft τὸν νοῦν · ἑτέρωϑι δὲ (sage er) τοῦτον εἶναι τὴν ψυχήν· ἐν ἅπασι γὰρ ὑπάρχειν αὐτὸν τοῖς ζῴοις, καὶ μεγάλοις καὶ μικροῖς, καὶ τιμίοις καὶ ἀτιμοτέροις (wobei denn unter dem also allen ζῷα innewohnenden νοῦς nicht mehr ὁ κατὰ φρόνησιν λεγόμενος νοῦς ver- standen werden könne). An. hatte sich unbestimmt ausgedrückt: ἧττον διασαφεῖ περὶ αὐτῶν (das Verhältniss von νοῦς zu ψυχή). Vgl. 405 a 13 f. Im Sinne des Anax. werden νοῦς καὶ ψυχή einfach gleichgesetzt von Plato, Cratyl. 400 A. 2) Laert. Diog. 2, 8: der Mond habe nach Anaxagoras οἰκήσεις (ὰλλὰ καὶ λόφους καὶ φάραγγας). Von den Menschen und anderen ζῷα auf dem Monde (denen dann wieder ein anderer Mond scheint) redet wohl fr. 10. Anaxagoras τὴν σελήνην γῆν (d. h. einen bewohnbaren Himmelskörper, wie die Erde) φησὶν εἶναι: Plat. Apolog. 26 D. Vgl. Hip- polyt. ref. haer. p. 14, 91 Mill. — Man erinnert sich der orphisch-pytha- goreischen Phantasien von dem Leben auf dem Monde (oben p. 423, 3. 4). 3) An. rechnete die Pflanzen zu den ζῷα und schrieb ihnen Ge- müthsbewegungen, ἥδεσϑαι καὶ λυπεῖσϑαι zu [Aristot.] de plant. 815 a, 18. Wie Plato und Demokrit halte An. die Pflanzen für ζῷα ἔγγεια: Plut. Quaest. nat. 1. 4) Trotz seines Eingehens in die χρήματα soll jedenfalls der νοῦς ungemischt und von ihnen unberührt bleiben: αὐτοκράτορα γὰρ αὐτὸν ὄντα καὶ οὐδενὶ μεμιγμένον πάντα φησὶν αὐτὸν κοσμεῖν τὰ πράγματα διὰ πάντων ἰόντα. Plat. Cratyl. 413 C. Also gleichzeitig das διὰ πάντων ἰέναι und die Unvermischtheit, die ja immer wieder eingeschärft wird. So bleibt der νοῦς auch dann noch ἐφ̕ ἑωυτοῦ (εἰ μὴ γὰρ ἐφ̕ ἑωυτοῦ ἦν, ἄλλῳ τέῳ ἐμέ- μικτο ἄν· μετεῖχε δὲ ἄν ἁπάντων χρημάτων, εἰ ἐμέμικτό τεῳ · ἐν παντὶ γὰρ παντὸς μοῖρα ἔνεστι κτλ. So ist vielleicht in fr. 6 zu lesen, mit Herstel- lung eines geschlossenen Syllogismus. Bei der überlieferten Lesart ist das Kolon: εἰ ἐμέμικτό τεῳ überflüssig und störend). Er nimmt in sich keine Theile des andren auf.

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Zitationshilfe: Rohde, Erwin: Psyche. Seelencult und Unsterblichkeitsglaube der Griechen. Freiburg u. a., 1894, S. 487. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohde_psyche_1894/503>, abgerufen am 22.11.2024.