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Rohde, Erwin: Psyche. Seelencult und Unsterblichkeitsglaube der Griechen. Freiburg u. a., 1894.

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Doch finden auch in Ländern einer reiner griechisch gehaltenen
Bevölkerung sich hie und da auf Inschriften ähnliche Grabes-
flüche.

Auf jede Weise suchte man die jetzt stärker gefährdete
Heiligkeit und Ruhe des Grabes zu schützen. Das Grab ist
nicht eine leere Moderhöhle; die Seelen der Todten wohnen
in ihm 1); darum ist es ein Heiligthum, ganz geheiligt erst, wenn
es das letzte Mitglied der Familie aufgenommen hat und nun
für immer geschlossen ist 2). Die Familie bringt, so lange sie
besteht, ihren Vorfahren regelmässigen Seelencult am Grabe
dar 3); bisweilen sichern eigene Stiftungen den Seelen den Cult,
dessen sie bedürftig sind 4), für alle Zukunft 5).

Philosophie unter den Fremden eigentlich nur die starrsten zugleich und
geschmeidigsten, die Juden.
1) Ganz spät noch, um den Frevel der Grabberaubung zu erläutern,
sagt Valentinian (ebensowohl den libri veteris sapientiae als christlicher
Vorstellung folgend): licet occasus necessitatem mens divina (des Men-
schen) non sentiat, amant tamen animae sedem corporum relictorum et
nescio qua sorte rationis occultae sepulcri honore laetantur.
(Nov. Valent. 5
p. 111 Ritt.).
2) Nach Aufnahme der letzten Berechtigten apoierosthai ton platan,
apheroisthai to mnemeion. C. I. Gr. 2827. 2834. korakeuthesetai, d. h. es
wird endgiltig verschlossen werden: 3919.
3) epean de tois kamousin egkhutlosomen. Herondas 5, 84 (d. h. wenn
der Monat zu Ende sein wird: Todtenfest an den triakades. S. oben
p. 215, 1. emeras legouses kai menos phthinontos eiothasin enagizein oi
polloi Plut. Q. Rom. 34 p. 272 D). Todtenopfer am Grabe: s. noch
Lucian Charon 22.
4) taphos, deuomenos geraon. Ins. Athen (2. Jahrh. nach Chr.): Athen.
Mitth.
1892 p. 272; V. 6. thelgein psukhen tethnekotos andros durch Grab-
spenden Kaib. ep. lap. 120, 9. 10.
5) Epikteta: oben p. 229, 1 (der dort unter den Todtengaben er-
wähnte parax wird nichts anderes sein als barax -- mit Vertauschung
von Tenuis und Media, wie in Dialekten zuweilen -- ein Opferkuchen:
Ath. 4, 140 A. Bekk. anecd. 226, 1 ff. [berex]). -- Sonst widmet etwa
der Sohn dem Vater ten taphen kai ton enagismon (C. I. Gr. 1976
[Thessalonike] 3645 [Lampsakos]); to eroon kateskeuasen eis aionion mnemen
kai te meta thanaton aphosiomene threskeia: C. I. Gr. 4224 d; III p. 1119
(Lykien). Der Verstorbene hat dem Rath der Stadt eine Summe zum
stephanotikon vermacht (C. I. 3912; 3916: Hierapolis in Phrygien), d. h.
um von den Zinsen alljährlich sein Grabmal zu bekränzen: 3919. Einer

Doch finden auch in Ländern einer reiner griechisch gehaltenen
Bevölkerung sich hie und da auf Inschriften ähnliche Grabes-
flüche.

Auf jede Weise suchte man die jetzt stärker gefährdete
Heiligkeit und Ruhe des Grabes zu schützen. Das Grab ist
nicht eine leere Moderhöhle; die Seelen der Todten wohnen
in ihm 1); darum ist es ein Heiligthum, ganz geheiligt erst, wenn
es das letzte Mitglied der Familie aufgenommen hat und nun
für immer geschlossen ist 2). Die Familie bringt, so lange sie
besteht, ihren Vorfahren regelmässigen Seelencult am Grabe
dar 3); bisweilen sichern eigene Stiftungen den Seelen den Cult,
dessen sie bedürftig sind 4), für alle Zukunft 5).

Philosophie unter den Fremden eigentlich nur die starrsten zugleich und
geschmeidigsten, die Juden.
1) Ganz spät noch, um den Frevel der Grabberaubung zu erläutern,
sagt Valentinian (ebensowohl den libri veteris sapientiae als christlicher
Vorstellung folgend): licet occasus necessitatem mens divina (des Men-
schen) non sentiat, amant tamen animae sedem corporum relictorum et
nescio qua sorte rationis occultae sepulcri honore laetantur.
(Nov. Valent. 5
p. 111 Ritt.).
2) Nach Aufnahme der letzten Berechtigten ἀποιερῶσϑαι τὸν πλάταν,
ἀφηρωΐσϑαι τὸ μνημεῖον. C. I. Gr. 2827. 2834. κορακευϑήσεται, d. h. es
wird endgiltig verschlossen werden: 3919.
3) ἐπεὰν δὲ τοῖς καμοῦσιν ἐγχυτλώσωμεν. Herondas 5, 84 (d. h. wenn
der Monat zu Ende sein wird: Todtenfest an den τριακάδες. S. oben
p. 215, 1. ἡμέρας ληγούσης καὶ μηνὸς φϑίνοντος εἰώϑασιν ἐναγίζειν οἱ
πολλοί Plut. Q. Rom. 34 p. 272 D). Todtenopfer am Grabe: s. noch
Lucian Charon 22.
4) τάφος, δευόμενος γεράων. Ins. Athen (2. Jahrh. nach Chr.): Athen.
Mitth.
1892 p. 272; V. 6. ϑέλγειν ψυχὴν τεϑνηκότος ἀνδρός durch Grab-
spenden Kaib. ep. lap. 120, 9. 10.
5) Epikteta: oben p. 229, 1 (der dort unter den Todtengaben er-
wähnte πάραξ wird nichts anderes sein als βάραξ — mit Vertauschung
von Tenuis und Media, wie in Dialekten zuweilen — ein Opferkuchen:
Ath. 4, 140 A. Bekk. anecd. 226, 1 ff. [βήρηξ]). — Sonst widmet etwa
der Sohn dem Vater τὴν ταφὴν καὶ τὸν ἐναγισμόν (C. I. Gr. 1976
[Thessalonike] 3645 [Lampsakos]); τὸ ἡρῷον κατεσκεύασεν εἰς αἰώνιον μνήμην
καὶ τῇ μετὰ ϑάνατον ἀφωσιωμένῃ ϑρησκείᾳ: C. I. Gr. 4224 d; III p. 1119
(Lykien). Der Verstorbene hat dem Rath der Stadt eine Summe zum
στεφανωτικόν vermacht (C. I. 3912; 3916: Hierapolis in Phrygien), d. h.
um von den Zinsen alljährlich sein Grabmal zu bekränzen: 3919. Einer
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[633/0649] Doch finden auch in Ländern einer reiner griechisch gehaltenen Bevölkerung sich hie und da auf Inschriften ähnliche Grabes- flüche. Auf jede Weise suchte man die jetzt stärker gefährdete Heiligkeit und Ruhe des Grabes zu schützen. Das Grab ist nicht eine leere Moderhöhle; die Seelen der Todten wohnen in ihm 1); darum ist es ein Heiligthum, ganz geheiligt erst, wenn es das letzte Mitglied der Familie aufgenommen hat und nun für immer geschlossen ist 2). Die Familie bringt, so lange sie besteht, ihren Vorfahren regelmässigen Seelencult am Grabe dar 3); bisweilen sichern eigene Stiftungen den Seelen den Cult, dessen sie bedürftig sind 4), für alle Zukunft 5). 1) 1) Ganz spät noch, um den Frevel der Grabberaubung zu erläutern, sagt Valentinian (ebensowohl den libri veteris sapientiae als christlicher Vorstellung folgend): licet occasus necessitatem mens divina (des Men- schen) non sentiat, amant tamen animae sedem corporum relictorum et nescio qua sorte rationis occultae sepulcri honore laetantur. (Nov. Valent. 5 p. 111 Ritt.). 2) Nach Aufnahme der letzten Berechtigten ἀποιερῶσϑαι τὸν πλάταν, ἀφηρωΐσϑαι τὸ μνημεῖον. C. I. Gr. 2827. 2834. κορακευϑήσεται, d. h. es wird endgiltig verschlossen werden: 3919. 3) ἐπεὰν δὲ τοῖς καμοῦσιν ἐγχυτλώσωμεν. Herondas 5, 84 (d. h. wenn der Monat zu Ende sein wird: Todtenfest an den τριακάδες. S. oben p. 215, 1. ἡμέρας ληγούσης καὶ μηνὸς φϑίνοντος εἰώϑασιν ἐναγίζειν οἱ πολλοί Plut. Q. Rom. 34 p. 272 D). Todtenopfer am Grabe: s. noch Lucian Charon 22. 4) τάφος, δευόμενος γεράων. Ins. Athen (2. Jahrh. nach Chr.): Athen. Mitth. 1892 p. 272; V. 6. ϑέλγειν ψυχὴν τεϑνηκότος ἀνδρός durch Grab- spenden Kaib. ep. lap. 120, 9. 10. 5) Epikteta: oben p. 229, 1 (der dort unter den Todtengaben er- wähnte πάραξ wird nichts anderes sein als βάραξ — mit Vertauschung von Tenuis und Media, wie in Dialekten zuweilen — ein Opferkuchen: Ath. 4, 140 A. Bekk. anecd. 226, 1 ff. [βήρηξ]). — Sonst widmet etwa der Sohn dem Vater τὴν ταφὴν καὶ τὸν ἐναγισμόν (C. I. Gr. 1976 [Thessalonike] 3645 [Lampsakos]); τὸ ἡρῷον κατεσκεύασεν εἰς αἰώνιον μνήμην καὶ τῇ μετὰ ϑάνατον ἀφωσιωμένῃ ϑρησκείᾳ: C. I. Gr. 4224 d; III p. 1119 (Lykien). Der Verstorbene hat dem Rath der Stadt eine Summe zum στεφανωτικόν vermacht (C. I. 3912; 3916: Hierapolis in Phrygien), d. h. um von den Zinsen alljährlich sein Grabmal zu bekränzen: 3919. Einer 1) Philosophie unter den Fremden eigentlich nur die starrsten zugleich und geschmeidigsten, die Juden.

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Zitationshilfe: Rohde, Erwin: Psyche. Seelencult und Unsterblichkeitsglaube der Griechen. Freiburg u. a., 1894, S. 633. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohde_psyche_1894/649>, abgerufen am 22.11.2024.