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Rohde, Erwin: Psyche. Seelencult und Unsterblichkeitsglaube der Griechen. Freiburg u. a., 1894.

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Der Glaube an die Möglichkeit wunderbarer Entrückung zu
ewigem Beisammensein von Leib und Seele konnte, wo er sich
so handgreiflich und augenscheinlich bestätigt fand, auch in
prosaischer Zeit nicht ganz ersterben. Der Bildung zwar war
dieser Glaube so fremd und unverständlich geworden, dass sie,
auch wo von Entrückungssagen alter Zeit die Rede ist, nicht
einmal richtig zu beschreiben weiss was eigentlich das Alter-
thum sich als den Vorgang bei solchen Wunderereignissen ge-
dacht hatte 1). Aber das Volk, dem nichts leichter fällt, als
das Unmögliche zu glauben, liess auch hier das Wunder un-
befangen bestehn. Von Höhlenentrückung standen die Bei-
spiele des Amphiaraos und Trophonios vor Aller Augen, denen,
als ewig in ihren Erdschlüften Fortlebenden, Cult und Ver-
ehrung bis in späte Zeit dargebracht wurde 2). Von Entrückung

§ 64--66. Max. Tyr. diss. 15, 7; p. 281 f. R. Paus. 3, 19, 11. Ammian.
Marcell. 22, 8, 35. Phantastisch, aber mit Benutzung guter Nachrichten
und durchaus im Charakter der ächten Sage -- auch in der Geschichte
von der gespenstisch zerrissenen Jungfrau p. 215, 6--30 -- ausgeführt
ist der Bericht des Philostratus, Heroic. p. 211, 17--219, 6 Kays. Auch
die genau in das Jahr 164/3 vor Chr. gelegte Wundererzählung p. 216,
3--219, 6 wird Phil. schwerlich selbst erfunden haben). Nicht ganz
einsam soll Achill dort leben: Patroklos ist bei ihm (Arr. § 32. 34. Max.
Tyr. a. O.), Helena oder Iphigenia ist ihm als Gattin gesellt (s. oben);
auch die beiden Aias und Antilochos trifft (im 6. Jahrh. vor Chr.) Leo-
nymos aus Kroton dort an (Paus. 3, 19, 13; Konon narr. 18). Dionys.
Perieg. (unter Hadrian) 545: keithi d Akhilleos kai eroon phatis allon
psukhas eilissesthai eremaias ana bessas (missverständlich übertreibend
Avien descr. orb. 722 ff.). So wird die Insel, wenn auch in beschränkterem
Sinne, zu einer anderen makaron nesos (insula Achillea, eadem Leuce et
Macaron dicta.
Plin. n. h. 4, 93).
1) Cicero, von den Entrückungen des Herakles und Romulus redend:
non corpora in caelum elata, non enim natura pateretur -- (bei Augustin.
Civ. Dei 22, 4); nur ihre animi remanserunt et aeternitate fruuntur (nat.
d.
2, 62; vgl. 3, 12). In gleichem Sinne spricht von den alten Ent-
rückungsgeschichten (des Aristeas, Kleomedes, der Alkmene und dann
auch des Romulus) Plutarch, Romul. 28; nicht der Leib sei da mit der Seele
zugleich entschwunden, es sei para to eikos, ektheiazein to thneton tes
phuseos ama tois theiois (vgl. Pelopid. 16 extr.). Vgl. auch den (angeblich
alten) Hymnus des Philostratus auf den entrückten Achill, Heroic.
p. 208, 26 ff., Kays.
2) Den Cult und die Orakelthätigkeit des Amphiaraos (nur noch zu

Der Glaube an die Möglichkeit wunderbarer Entrückung zu
ewigem Beisammensein von Leib und Seele konnte, wo er sich
so handgreiflich und augenscheinlich bestätigt fand, auch in
prosaischer Zeit nicht ganz ersterben. Der Bildung zwar war
dieser Glaube so fremd und unverständlich geworden, dass sie,
auch wo von Entrückungssagen alter Zeit die Rede ist, nicht
einmal richtig zu beschreiben weiss was eigentlich das Alter-
thum sich als den Vorgang bei solchen Wunderereignissen ge-
dacht hatte 1). Aber das Volk, dem nichts leichter fällt, als
das Unmögliche zu glauben, liess auch hier das Wunder un-
befangen bestehn. Von Höhlenentrückung standen die Bei-
spiele des Amphiaraos und Trophonios vor Aller Augen, denen,
als ewig in ihren Erdschlüften Fortlebenden, Cult und Ver-
ehrung bis in späte Zeit dargebracht wurde 2). Von Entrückung

§ 64—66. Max. Tyr. diss. 15, 7; p. 281 f. R. Paus. 3, 19, 11. Ammian.
Marcell. 22, 8, 35. Phantastisch, aber mit Benutzung guter Nachrichten
und durchaus im Charakter der ächten Sage — auch in der Geschichte
von der gespenstisch zerrissenen Jungfrau p. 215, 6—30 — ausgeführt
ist der Bericht des Philostratus, Heroïc. p. 211, 17—219, 6 Kays. Auch
die genau in das Jahr 164/3 vor Chr. gelegte Wundererzählung p. 216,
3—219, 6 wird Phil. schwerlich selbst erfunden haben). Nicht ganz
einsam soll Achill dort leben: Patroklos ist bei ihm (Arr. § 32. 34. Max.
Tyr. a. O.), Helena oder Iphigenia ist ihm als Gattin gesellt (s. oben);
auch die beiden Aias und Antilochos trifft (im 6. Jahrh. vor Chr.) Leo-
nymos aus Kroton dort an (Paus. 3, 19, 13; Konon narr. 18). Dionys.
Perieg. (unter Hadrian) 545: κεῖϑι δ̕ Ἀχιλλῆος καὶ ἡρώων φάτις ἄλλων
ψυχὰς εἱλίσσεσϑαι ἐρημαίας ἀνὰ βήσσας (missverständlich übertreibend
Avien descr. orb. 722 ff.). So wird die Insel, wenn auch in beschränkterem
Sinne, zu einer anderen μακάρων νῆσος (insula Achillea, eadem Leuce et
Macaron dicta.
Plin. n. h. 4, 93).
1) Cicero, von den Entrückungen des Herakles und Romulus redend:
non corpora in caelum elata, non enim natura pateretur — (bei Augustin.
Civ. Dei 22, 4); nur ihre animi remanserunt et aeternitate fruuntur (nat.
d.
2, 62; vgl. 3, 12). In gleichem Sinne spricht von den alten Ent-
rückungsgeschichten (des Aristeas, Kleomedes, der Alkmene und dann
auch des Romulus) Plutarch, Romul. 28; nicht der Leib sei da mit der Seele
zugleich entschwunden, es sei παρὰ τὸ εἰκός, ἐκϑειάζειν τὸ ϑνητὸν τῆς
φύσεως ἅμα τοῖς ϑείοις (vgl. Pelopid. 16 extr.). Vgl. auch den (angeblich
alten) Hymnus des Philostratus auf den entrückten Achill, Heroic.
p. 208, 26 ff., Kays.
2) Den Cult und die Orakelthätigkeit des Amphiaraos (nur noch zu
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[662/0678] Der Glaube an die Möglichkeit wunderbarer Entrückung zu ewigem Beisammensein von Leib und Seele konnte, wo er sich so handgreiflich und augenscheinlich bestätigt fand, auch in prosaischer Zeit nicht ganz ersterben. Der Bildung zwar war dieser Glaube so fremd und unverständlich geworden, dass sie, auch wo von Entrückungssagen alter Zeit die Rede ist, nicht einmal richtig zu beschreiben weiss was eigentlich das Alter- thum sich als den Vorgang bei solchen Wunderereignissen ge- dacht hatte 1). Aber das Volk, dem nichts leichter fällt, als das Unmögliche zu glauben, liess auch hier das Wunder un- befangen bestehn. Von Höhlenentrückung standen die Bei- spiele des Amphiaraos und Trophonios vor Aller Augen, denen, als ewig in ihren Erdschlüften Fortlebenden, Cult und Ver- ehrung bis in späte Zeit dargebracht wurde 2). Von Entrückung 1) 1) Cicero, von den Entrückungen des Herakles und Romulus redend: non corpora in caelum elata, non enim natura pateretur — (bei Augustin. Civ. Dei 22, 4); nur ihre animi remanserunt et aeternitate fruuntur (nat. d. 2, 62; vgl. 3, 12). In gleichem Sinne spricht von den alten Ent- rückungsgeschichten (des Aristeas, Kleomedes, der Alkmene und dann auch des Romulus) Plutarch, Romul. 28; nicht der Leib sei da mit der Seele zugleich entschwunden, es sei παρὰ τὸ εἰκός, ἐκϑειάζειν τὸ ϑνητὸν τῆς φύσεως ἅμα τοῖς ϑείοις (vgl. Pelopid. 16 extr.). Vgl. auch den (angeblich alten) Hymnus des Philostratus auf den entrückten Achill, Heroic. p. 208, 26 ff., Kays. 2) Den Cult und die Orakelthätigkeit des Amphiaraos (nur noch zu 1) § 64—66. Max. Tyr. diss. 15, 7; p. 281 f. R. Paus. 3, 19, 11. Ammian. Marcell. 22, 8, 35. Phantastisch, aber mit Benutzung guter Nachrichten und durchaus im Charakter der ächten Sage — auch in der Geschichte von der gespenstisch zerrissenen Jungfrau p. 215, 6—30 — ausgeführt ist der Bericht des Philostratus, Heroïc. p. 211, 17—219, 6 Kays. Auch die genau in das Jahr 164/3 vor Chr. gelegte Wundererzählung p. 216, 3—219, 6 wird Phil. schwerlich selbst erfunden haben). Nicht ganz einsam soll Achill dort leben: Patroklos ist bei ihm (Arr. § 32. 34. Max. Tyr. a. O.), Helena oder Iphigenia ist ihm als Gattin gesellt (s. oben); auch die beiden Aias und Antilochos trifft (im 6. Jahrh. vor Chr.) Leo- nymos aus Kroton dort an (Paus. 3, 19, 13; Konon narr. 18). Dionys. Perieg. (unter Hadrian) 545: κεῖϑι δ̕ Ἀχιλλῆος καὶ ἡρώων φάτις ἄλλων ψυχὰς εἱλίσσεσϑαι ἐρημαίας ἀνὰ βήσσας (missverständlich übertreibend Avien descr. orb. 722 ff.). So wird die Insel, wenn auch in beschränkterem Sinne, zu einer anderen μακάρων νῆσος (insula Achillea, eadem Leuce et Macaron dicta. Plin. n. h. 4, 93).

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Zitationshilfe: Rohde, Erwin: Psyche. Seelencult und Unsterblichkeitsglaube der Griechen. Freiburg u. a., 1894, S. 662. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohde_psyche_1894/678>, abgerufen am 24.11.2024.