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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728.

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I. Theil. IV. Capitul.

§. 4. An den Höfen wird denen Hof-Bedienten
der Rang, nach denen vorgeschriebenen Rang-
Ordnungen, zuerkandt, und die streitigen Fälle dar-
aus decidirt; sie geben aber auch gröstentheils ein
gar unvollständiges principium regulativum ab.
Die Hof-Bedienten, von dem grösten Rang, finden
wohl ihren Platz darinnen, aber die von den gerin-
gern Bedienungen, sind mehrentheils ausgelassen;
so wird auch nicht darinnen ausgemacht, wie es zu
halten, wenn sie an dem dritten Orte mit den Be-
dienten von andern Fürstlichen Höfen zusammen
kommen. Sie sind stetswährenden Veränderun-
gen unterworffen, und wird man wenig Rang-
Ordnungen antreffen, die ein zehen Jahr nachein-
ander ein beständig Reglement abgeben solten.
Uberdieses geschehen auch zu der Zeit, da sie ihren
Valeur haben, beständig Ausnahmen von der Re-
gel. Jst einer oder der andere, der entweder durch
seine Meriten, oder durch das blosse Glück, sich bey
der Herrschafft in besondere Gnade gesetzt, oder ein
Favori eines Favoriten worden, oder ein Anver-
wandter eines grossen Ministers, der bey Hofe wohl
angesehen, so wird er vor einem andern, der mit ihm
von gleichem Range, durch mancherley Ehren-Be-
zeigungen distinguirt, und bey dieser oder jener Ge-
legenheit ihm vorgezogen, es mag der Rang-Ord-
nung gemäß, oder ihr zuwider seyn. Hingegen
muß ein anderer, der durch boßhaffte Leute verleum-
det und angeschwärtzt, und bey der Herrschafft in
einen gewissen Grad der Ungnade gesetzt worden,

das
I. Theil. IV. Capitul.

§. 4. An den Hoͤfen wird denen Hof-Bedienten
der Rang, nach denen vorgeſchriebenen Rang-
Ordnungen, zuerkandt, und die ſtreitigen Faͤlle dar-
aus decidirt; ſie geben aber auch groͤſtentheils ein
gar unvollſtaͤndiges principium regulativum ab.
Die Hof-Bedienten, von dem groͤſten Rang, finden
wohl ihren Platz darinnen, aber die von den gerin-
gern Bedienungen, ſind mehrentheils ausgelaſſen;
ſo wird auch nicht darinnen ausgemacht, wie es zu
halten, wenn ſie an dem dritten Orte mit den Be-
dienten von andern Fuͤrſtlichen Hoͤfen zuſammen
kommen. Sie ſind ſtetswaͤhrenden Veraͤnderun-
gen unterworffen, und wird man wenig Rang-
Ordnungen antreffen, die ein zehen Jahr nachein-
ander ein beſtaͤndig Reglement abgeben ſolten.
Uberdieſes geſchehen auch zu der Zeit, da ſie ihren
Valeur haben, beſtaͤndig Ausnahmen von der Re-
gel. Jſt einer oder der andere, der entweder durch
ſeine Meriten, oder durch das bloſſe Gluͤck, ſich bey
der Herrſchafft in beſondere Gnade geſetzt, oder ein
Favori eines Favoriten worden, oder ein Anver-
wandter eines groſſen Miniſters, der bey Hofe wohl
angeſehen, ſo wird er vor einem andern, der mit ihm
von gleichem Range, durch mancherley Ehren-Be-
zeigungen diſtinguirt, und bey dieſer oder jener Ge-
legenheit ihm vorgezogen, es mag der Rang-Ord-
nung gemaͤß, oder ihr zuwider ſeyn. Hingegen
muß ein anderer, der durch boßhaffte Leute verleum-
det und angeſchwaͤrtzt, und bey der Herrſchafft in
einen gewiſſen Grad der Ungnade geſetzt worden,

das
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[108/0128] I. Theil. IV. Capitul. §. 4. An den Hoͤfen wird denen Hof-Bedienten der Rang, nach denen vorgeſchriebenen Rang- Ordnungen, zuerkandt, und die ſtreitigen Faͤlle dar- aus decidirt; ſie geben aber auch groͤſtentheils ein gar unvollſtaͤndiges principium regulativum ab. Die Hof-Bedienten, von dem groͤſten Rang, finden wohl ihren Platz darinnen, aber die von den gerin- gern Bedienungen, ſind mehrentheils ausgelaſſen; ſo wird auch nicht darinnen ausgemacht, wie es zu halten, wenn ſie an dem dritten Orte mit den Be- dienten von andern Fuͤrſtlichen Hoͤfen zuſammen kommen. Sie ſind ſtetswaͤhrenden Veraͤnderun- gen unterworffen, und wird man wenig Rang- Ordnungen antreffen, die ein zehen Jahr nachein- ander ein beſtaͤndig Reglement abgeben ſolten. Uberdieſes geſchehen auch zu der Zeit, da ſie ihren Valeur haben, beſtaͤndig Ausnahmen von der Re- gel. Jſt einer oder der andere, der entweder durch ſeine Meriten, oder durch das bloſſe Gluͤck, ſich bey der Herrſchafft in beſondere Gnade geſetzt, oder ein Favori eines Favoriten worden, oder ein Anver- wandter eines groſſen Miniſters, der bey Hofe wohl angeſehen, ſo wird er vor einem andern, der mit ihm von gleichem Range, durch mancherley Ehren-Be- zeigungen diſtinguirt, und bey dieſer oder jener Ge- legenheit ihm vorgezogen, es mag der Rang-Ord- nung gemaͤß, oder ihr zuwider ſeyn. Hingegen muß ein anderer, der durch boßhaffte Leute verleum- det und angeſchwaͤrtzt, und bey der Herrſchafft in einen gewiſſen Grad der Ungnade geſetzt worden, das

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 108. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/128>, abgerufen am 24.11.2024.