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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728.

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Vom Range.
ren, oder sich und andere in Unruhe setzen will, muß
man vorhero zweyerley gründl. wissen: Zum ersten,
daß einem dieser Rang unstreitig zukomme, daß
man ihn mit Recht behaupten und vertheidigen kön-
ne, und also ohne Raison von dem andern beein-
trächtiget sey; und zum andern, daß auch an die-
sem oder jenem Orte, bey dieser oder jener Ver-
sammlung, der Rang beobachtet werde. Beydes
ist nöthig wenn man nicht seine mit Hochmuth ver-
einigte Unwissenheit und Einfalt an den Tag legen,
und sich darüber bey andern Leuten lächerlich ma-
chen will. Wenn also mancher nicht wüste, daß
dem andern, der vielleicht nicht so grossen Staat
macht als wie er, ein so hoher Rang zukäme, und
sich über ihn beschweren wolte, daß er ihm vorge-
gangen, so würde er eine trefliche Nase davon tra-
gen; ingleichen wann einem unbekandt daß an der
Marschalls-Tasel eines Fürstlichen Hofes, kein
Rang observirt würde, und unwillig wäre, daß ein
andrer, welcher seinem Character nach, ihn weichen
müste, sich über ihn placirt. Wolte er darüber
critisiren, daß man ihn als einen Fremden nicht zu
oberst gesetzt, so hätte er vielleicht noch eher Funda-
ment,
denn bey dem andern würde ihn an einem
Orte, da kein Rang eingeführt, nicht praejudicirt.

§. 26. Unter den Ehrgeitzigen, die andere ehrliche
und meritirte Leute, in ihrem ihnen von GOtt und
den Höchsten dieser Welt ertheilten Rang, krän-
cken und beeinträchtigen wollen, bezeuget sich immer
einer thörichter als der ander. Also ist es sehr lä-

cher-

Vom Range.
ren, oder ſich und andere in Unruhe ſetzen will, muß
man vorhero zweyerley gruͤndl. wiſſen: Zum erſten,
daß einem dieſer Rang unſtreitig zukomme, daß
man ihn mit Recht behaupten und vertheidigen koͤn-
ne, und alſo ohne Raiſon von dem andern beein-
traͤchtiget ſey; und zum andern, daß auch an die-
ſem oder jenem Orte, bey dieſer oder jener Ver-
ſammlung, der Rang beobachtet werde. Beydes
iſt noͤthig wenn man nicht ſeine mit Hochmuth ver-
einigte Unwiſſenheit und Einfalt an den Tag legen,
und ſich daruͤber bey andern Leuten laͤcherlich ma-
chen will. Wenn alſo mancher nicht wuͤſte, daß
dem andern, der vielleicht nicht ſo groſſen Staat
macht als wie er, ein ſo hoher Rang zukaͤme, und
ſich uͤber ihn beſchweren wolte, daß er ihm vorge-
gangen, ſo wuͤrde er eine trefliche Naſe davon tra-
gen; ingleichen wann einem unbekandt daß an der
Marſchalls-Taſel eines Fuͤrſtlichen Hofes, kein
Rang obſervirt wuͤrde, und unwillig waͤre, daß ein
andrer, welcher ſeinem Character nach, ihn weichen
muͤſte, ſich uͤber ihn placirt. Wolte er daruͤber
critiſiren, daß man ihn als einen Fremden nicht zu
oberſt geſetzt, ſo haͤtte er vielleicht noch eher Funda-
ment,
denn bey dem andern wuͤrde ihn an einem
Orte, da kein Rang eingefuͤhrt, nicht præjudicirt.

§. 26. Unter den Ehrgeitzigen, die andere ehrliche
und meritirte Leute, in ihrem ihnen von GOtt und
den Hoͤchſten dieſer Welt ertheilten Rang, kraͤn-
cken und beeintraͤchtigen wollen, bezeuget ſich immer
einer thoͤrichter als der ander. Alſo iſt es ſehr laͤ-

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[125/0145] Vom Range. ren, oder ſich und andere in Unruhe ſetzen will, muß man vorhero zweyerley gruͤndl. wiſſen: Zum erſten, daß einem dieſer Rang unſtreitig zukomme, daß man ihn mit Recht behaupten und vertheidigen koͤn- ne, und alſo ohne Raiſon von dem andern beein- traͤchtiget ſey; und zum andern, daß auch an die- ſem oder jenem Orte, bey dieſer oder jener Ver- ſammlung, der Rang beobachtet werde. Beydes iſt noͤthig wenn man nicht ſeine mit Hochmuth ver- einigte Unwiſſenheit und Einfalt an den Tag legen, und ſich daruͤber bey andern Leuten laͤcherlich ma- chen will. Wenn alſo mancher nicht wuͤſte, daß dem andern, der vielleicht nicht ſo groſſen Staat macht als wie er, ein ſo hoher Rang zukaͤme, und ſich uͤber ihn beſchweren wolte, daß er ihm vorge- gangen, ſo wuͤrde er eine trefliche Naſe davon tra- gen; ingleichen wann einem unbekandt daß an der Marſchalls-Taſel eines Fuͤrſtlichen Hofes, kein Rang obſervirt wuͤrde, und unwillig waͤre, daß ein andrer, welcher ſeinem Character nach, ihn weichen muͤſte, ſich uͤber ihn placirt. Wolte er daruͤber critiſiren, daß man ihn als einen Fremden nicht zu oberſt geſetzt, ſo haͤtte er vielleicht noch eher Funda- ment, denn bey dem andern wuͤrde ihn an einem Orte, da kein Rang eingefuͤhrt, nicht præjudicirt. §. 26. Unter den Ehrgeitzigen, die andere ehrliche und meritirte Leute, in ihrem ihnen von GOtt und den Hoͤchſten dieſer Welt ertheilten Rang, kraͤn- cken und beeintraͤchtigen wollen, bezeuget ſich immer einer thoͤrichter als der ander. Alſo iſt es ſehr laͤ- cher-

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 125. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/145>, abgerufen am 21.11.2024.