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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728.

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I. Theil. IV. Capitul.
cherlich, wenn einige, die keine andere Meriten ha-
ben, als daß sie mit dem erborgten Glantz ihrer
Vorfahren prahlen, können rechtschaffene Män-
ner, die entweder bey den Degen, oder der Feder,
sich durch eigene Verdienste aus einem geringern
Stande in einen höhern, und auf einen sehr hohen
Gipffel der Ehren geschwungen, den Rang verwei-
gern wollen. Solche Leute, denen der Ursprung
des wahren und ächten Adels unbekandt, wolten
lieber durch ihren Neid und Mißgunst, wenn es
nur bey ihnen stünde, Käysern, Königen und Für-
sten die Hände binden, daß sie die wahren Ver-
dienste nicht mehr auf die Art belohnen solten,
als wie ihre Vorfahren gethan. Wie es nun
wunderlich, wenn junge Leute ohne Rang und Cha-
racter,
die bißweilen nicht einen Schritt aus ihrer
Frau Mutter Hause gesetzt, meritirten und hoch-
characterisirten Männern, bürgerlichen Standes,
bloß um des unterschiedenen Standes willen, den
Rang verweigern, also ist es eben so ungereimt,
wenn einige alte ehrgeitzige Weiber, die den einen
Fuß schon im Grabe haben, und an der Pforten der
Ewigkeit stehen, dennoch in ihren Hertzen so eitel
sind/ daß sie nach einem gewissen Vorurtheil, das
sie sich fälschlich in den Kopff gesetzt, mancher Da-
me,
die doch von weit höhern Character, den Rang
disputirlich machen wollen. Manche, ob sie schon
von geringem Stande und Character, bilden sich
aber auf ihr Vermögen viel ein, und weil sie aus
Thorheit und Verschwendung äußerlich eine zier-

liche

I. Theil. IV. Capitul.
cherlich, wenn einige, die keine andere Meriten ha-
ben, als daß ſie mit dem erborgten Glantz ihrer
Vorfahren prahlen, koͤnnen rechtſchaffene Maͤn-
ner, die entweder bey den Degen, oder der Feder,
ſich durch eigene Verdienſte aus einem geringern
Stande in einen hoͤhern, und auf einen ſehr hohen
Gipffel der Ehren geſchwungen, den Rang verwei-
gern wollen. Solche Leute, denen der Urſprung
des wahren und aͤchten Adels unbekandt, wolten
lieber durch ihren Neid und Mißgunſt, wenn es
nur bey ihnen ſtuͤnde, Kaͤyſern, Koͤnigen und Fuͤr-
ſten die Haͤnde binden, daß ſie die wahren Ver-
dienſte nicht mehr auf die Art belohnen ſolten,
als wie ihre Vorfahren gethan. Wie es nun
wunderlich, wenn junge Leute ohne Rang und Cha-
racter,
die bißweilen nicht einen Schritt aus ihrer
Frau Mutter Hauſe geſetzt, meritirten und hoch-
characteriſirten Maͤnnern, buͤrgerlichen Standes,
bloß um des unterſchiedenen Standes willen, den
Rang verweigern, alſo iſt es eben ſo ungereimt,
wenn einige alte ehrgeitzige Weiber, die den einen
Fuß ſchon im Grabe haben, und an der Pforten der
Ewigkeit ſtehen, dennoch in ihren Hertzen ſo eitel
ſind/ daß ſie nach einem gewiſſen Vorurtheil, das
ſie ſich faͤlſchlich in den Kopff geſetzt, mancher Da-
me,
die doch von weit hoͤhern Character, den Rang
diſputirlich machen wollen. Manche, ob ſie ſchon
von geringem Stande und Character, bilden ſich
aber auf ihr Vermoͤgen viel ein, und weil ſie aus
Thorheit und Verſchwendung aͤußerlich eine zier-

liche
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[126/0146] I. Theil. IV. Capitul. cherlich, wenn einige, die keine andere Meriten ha- ben, als daß ſie mit dem erborgten Glantz ihrer Vorfahren prahlen, koͤnnen rechtſchaffene Maͤn- ner, die entweder bey den Degen, oder der Feder, ſich durch eigene Verdienſte aus einem geringern Stande in einen hoͤhern, und auf einen ſehr hohen Gipffel der Ehren geſchwungen, den Rang verwei- gern wollen. Solche Leute, denen der Urſprung des wahren und aͤchten Adels unbekandt, wolten lieber durch ihren Neid und Mißgunſt, wenn es nur bey ihnen ſtuͤnde, Kaͤyſern, Koͤnigen und Fuͤr- ſten die Haͤnde binden, daß ſie die wahren Ver- dienſte nicht mehr auf die Art belohnen ſolten, als wie ihre Vorfahren gethan. Wie es nun wunderlich, wenn junge Leute ohne Rang und Cha- racter, die bißweilen nicht einen Schritt aus ihrer Frau Mutter Hauſe geſetzt, meritirten und hoch- characteriſirten Maͤnnern, buͤrgerlichen Standes, bloß um des unterſchiedenen Standes willen, den Rang verweigern, alſo iſt es eben ſo ungereimt, wenn einige alte ehrgeitzige Weiber, die den einen Fuß ſchon im Grabe haben, und an der Pforten der Ewigkeit ſtehen, dennoch in ihren Hertzen ſo eitel ſind/ daß ſie nach einem gewiſſen Vorurtheil, das ſie ſich faͤlſchlich in den Kopff geſetzt, mancher Da- me, die doch von weit hoͤhern Character, den Rang diſputirlich machen wollen. Manche, ob ſie ſchon von geringem Stande und Character, bilden ſich aber auf ihr Vermoͤgen viel ein, und weil ſie aus Thorheit und Verſchwendung aͤußerlich eine zier- liche

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 126. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/146>, abgerufen am 21.11.2024.