liche Figur machen, so erheben sie sich in ihrem Her- tzen über einen andern ehrlichen Mann, der von grössern Meriten, und dabey vom höhern Stande und Character, der es ihnen aber entweder nicht gleich thun kan oder thun will, und bemühen sich bey dieser oder jener Gelegenheit ihm den Rang und die Ober-Stelle wegzunehmen.
§. 27. Die Welt siehet mehrentheils auf äusser- lich Wesen, auf Reichthum, auf eine kostbare Le- bens-Art, und vornemlich auf Fressen und Sauf- fen, und also sind sie auch viel williger, demjenigen zu weichen, der eine gute Parade zu machen weiß, und viel drauf gehen läst. Von dem die Wollü- stigen fleißig und delicat tractirt werden, dem wei- chen sie hertzlich gern, und lassen ihm Rang und Oberstelle. Aber ein Vernünfftiger ist von an- dern Sentimens: Um einiger Collationes willen übergiebt er die von GOtt und Rechts wegen ihm zukommende Ehre keinem andern, und um des Gel- des willen räumet er einem andern keinen Vorzug ein. Solte das blosse Geld ein Fundament abge- ben, zu Behauptung eines grössern Ranges, so mü- ste mancher Jude über den grösten Staats-Mini- ster gehen.
§. 28. Der Wohlstand und die Höflichkeit er- fordert, daß man auch denjenigen, über die uns der Rang unstreitig zukommt, die Oberstelle anbiethe, und ihnen dieserwegen ein Compliment mache, oder, wie man zu reden pflegt, sich mit ihnen ehre- Es leidet aber auch dieses bey manchen, und inson-
der-
Vom Range.
liche Figur machen, ſo erheben ſie ſich in ihrem Her- tzen uͤber einen andern ehrlichen Mann, der von groͤſſern Meriten, und dabey vom hoͤhern Stande und Character, der es ihnen aber entweder nicht gleich thun kan oder thun will, und bemuͤhen ſich bey dieſer oder jener Gelegenheit ihm den Rang und die Ober-Stelle wegzunehmen.
§. 27. Die Welt ſiehet mehrentheils auf aͤuſſer- lich Weſen, auf Reichthum, auf eine koſtbare Le- bens-Art, und vornemlich auf Freſſen und Sauf- fen, und alſo ſind ſie auch viel williger, demjenigen zu weichen, der eine gute Parade zu machen weiß, und viel drauf gehen laͤſt. Von dem die Wolluͤ- ſtigen fleißig und delicat tractirt werden, dem wei- chen ſie hertzlich gern, und laſſen ihm Rang und Oberſtelle. Aber ein Vernuͤnfftiger iſt von an- dern Sentimens: Um einiger Collationes willen uͤbergiebt er die von GOtt und Rechts wegen ihm zukommende Ehre keinem andern, und um des Gel- des willen raͤumet er einem andern keinen Vorzug ein. Solte das bloſſe Geld ein Fundament abge- ben, zu Behauptung eines groͤſſern Ranges, ſo muͤ- ſte mancher Jude uͤber den groͤſten Staats-Mini- ſter gehen.
§. 28. Der Wohlſtand und die Hoͤflichkeit er- fordert, daß man auch denjenigen, uͤber die uns der Rang unſtreitig zukommt, die Oberſtelle anbiethe, und ihnen dieſerwegen ein Compliment mache, oder, wie man zu reden pflegt, ſich mit ihnen ehre- Es leidet aber auch dieſes bey manchen, und inſon-
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Vom Range.
liche Figur machen, ſo erheben ſie ſich in ihrem Her-
tzen uͤber einen andern ehrlichen Mann, der von
groͤſſern Meriten, und dabey vom hoͤhern Stande
und Character, der es ihnen aber entweder nicht
gleich thun kan oder thun will, und bemuͤhen ſich
bey dieſer oder jener Gelegenheit ihm den Rang und
die Ober-Stelle wegzunehmen.
§. 27. Die Welt ſiehet mehrentheils auf aͤuſſer-
lich Weſen, auf Reichthum, auf eine koſtbare Le-
bens-Art, und vornemlich auf Freſſen und Sauf-
fen, und alſo ſind ſie auch viel williger, demjenigen
zu weichen, der eine gute Parade zu machen weiß,
und viel drauf gehen laͤſt. Von dem die Wolluͤ-
ſtigen fleißig und delicat tractirt werden, dem wei-
chen ſie hertzlich gern, und laſſen ihm Rang und
Oberſtelle. Aber ein Vernuͤnfftiger iſt von an-
dern Sentimens: Um einiger Collationes willen
uͤbergiebt er die von GOtt und Rechts wegen ihm
zukommende Ehre keinem andern, und um des Gel-
des willen raͤumet er einem andern keinen Vorzug
ein. Solte das bloſſe Geld ein Fundament abge-
ben, zu Behauptung eines groͤſſern Ranges, ſo muͤ-
ſte mancher Jude uͤber den groͤſten Staats-Mini-
ſter gehen.
§. 28. Der Wohlſtand und die Hoͤflichkeit er-
fordert, daß man auch denjenigen, uͤber die uns der
Rang unſtreitig zukommt, die Oberſtelle anbiethe,
und ihnen dieſerwegen ein Compliment mache,
oder, wie man zu reden pflegt, ſich mit ihnen ehre-
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 127. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/147>, abgerufen am 24.11.2024.
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