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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728.

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I. Theil. IV. Capitul.
großen GOtt durch ein andächtig Gebet hertzlich
anfleht, daß er einem sein Hertz und Sinn zu derje-
nigen Veränderung, und nach allen den Umstän-
den, die sie angehen, lencken wolle, die seinem Nah-
men am rühmlichsten, und zu unsern ewigen Heyl
am beförderlichsten.

§. 38. Solte sich nun aber einer in so gar arm-
seligen und unglücklichen Umständen befinden, daß
er an diesem Ort in Verachtung leben muß, und
sich auch mit keiner Veränderung, wenn er nicht
noch unglückseliger werden wolte, trösten kan, der
lerne alle äusserliche Ehre, die von dem Willen an-
derer Leute herrühret, verachten, und bestrebe sich
der innerlichen, die allein in seiner eigenen Gewalt;
er bewerbe sich vornehmlich um die Gnade des
HErrn aller Herren, und des Konigs aller Könige,
und glaube, daß GOtt unzehliche Mittel und Wege
habe, und wenn auch unsere Bernunfft nicht das
geringste davon erblicken solte, diejenige Verach-
tung, die er sich entweder durch einen mercklichen
Fehler oder Fall zugezogen, oder der er ohne sein
Verschulden unterworffen worden, zu etwas guten
zu lencken; er glaube, daß die menschlichen Hertzen
veränderlich, und es gar wohl möglich sey, daß die-
jenigen, die ihm in diesem Jahre unterdrucken und
verachten, ihn in dem künfftigen erheben können,
und erfreue sich insonderheit, wenn er jetzund in der
Welt manchmahl zur Lincken stehen muß, daß die-
jenige Zeit komme, da er, wenn er in Bußfertigkeit
und wahren Glauben verharret, an dem allgemei-

nen

I. Theil. IV. Capitul.
großen GOtt durch ein andaͤchtig Gebet hertzlich
anfleht, daß er einem ſein Hertz und Sinn zu derje-
nigen Veraͤnderung, und nach allen den Umſtaͤn-
den, die ſie angehen, lencken wolle, die ſeinem Nah-
men am ruͤhmlichſten, und zu unſern ewigen Heyl
am befoͤrderlichſten.

§. 38. Solte ſich nun aber einer in ſo gar arm-
ſeligen und ungluͤcklichen Umſtaͤnden befinden, daß
er an dieſem Ort in Verachtung leben muß, und
ſich auch mit keiner Veraͤnderung, wenn er nicht
noch ungluͤckſeliger werden wolte, troͤſten kan, der
lerne alle aͤuſſerliche Ehre, die von dem Willen an-
derer Leute herruͤhret, verachten, und beſtrebe ſich
der innerlichen, die allein in ſeiner eigenen Gewalt;
er bewerbe ſich vornehmlich um die Gnade des
HErrn aller Herren, und des Konigs aller Koͤnige,
und glaube, daß GOtt unzehliche Mittel und Wege
habe, und wenn auch unſere Bernunfft nicht das
geringſte davon erblicken ſolte, diejenige Verach-
tung, die er ſich entweder durch einen mercklichen
Fehler oder Fall zugezogen, oder der er ohne ſein
Verſchulden unterworffen worden, zu etwas guten
zu lencken; er glaube, daß die menſchlichen Hertzen
veraͤnderlich, und es gar wohl moͤglich ſey, daß die-
jenigen, die ihm in dieſem Jahre unterdrucken und
verachten, ihn in dem kuͤnfftigen erheben koͤnnen,
und erfreue ſich inſonderheit, wenn er jetzund in der
Welt manchmahl zur Lincken ſtehen muß, daß die-
jenige Zeit komme, da er, wenn er in Bußfertigkeit
und wahren Glauben verharret, an dem allgemei-

nen
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[138/0158] I. Theil. IV. Capitul. großen GOtt durch ein andaͤchtig Gebet hertzlich anfleht, daß er einem ſein Hertz und Sinn zu derje- nigen Veraͤnderung, und nach allen den Umſtaͤn- den, die ſie angehen, lencken wolle, die ſeinem Nah- men am ruͤhmlichſten, und zu unſern ewigen Heyl am befoͤrderlichſten. §. 38. Solte ſich nun aber einer in ſo gar arm- ſeligen und ungluͤcklichen Umſtaͤnden befinden, daß er an dieſem Ort in Verachtung leben muß, und ſich auch mit keiner Veraͤnderung, wenn er nicht noch ungluͤckſeliger werden wolte, troͤſten kan, der lerne alle aͤuſſerliche Ehre, die von dem Willen an- derer Leute herruͤhret, verachten, und beſtrebe ſich der innerlichen, die allein in ſeiner eigenen Gewalt; er bewerbe ſich vornehmlich um die Gnade des HErrn aller Herren, und des Konigs aller Koͤnige, und glaube, daß GOtt unzehliche Mittel und Wege habe, und wenn auch unſere Bernunfft nicht das geringſte davon erblicken ſolte, diejenige Verach- tung, die er ſich entweder durch einen mercklichen Fehler oder Fall zugezogen, oder der er ohne ſein Verſchulden unterworffen worden, zu etwas guten zu lencken; er glaube, daß die menſchlichen Hertzen veraͤnderlich, und es gar wohl moͤglich ſey, daß die- jenigen, die ihm in dieſem Jahre unterdrucken und verachten, ihn in dem kuͤnfftigen erheben koͤnnen, und erfreue ſich inſonderheit, wenn er jetzund in der Welt manchmahl zur Lincken ſtehen muß, daß die- jenige Zeit komme, da er, wenn er in Bußfertigkeit und wahren Glauben verharret, an dem allgemei- nen

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 138. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/158>, abgerufen am 23.11.2024.