Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728.I. Theil. V. Capitul. Geschäfften überhäufft, diese haben selten die Zeitund Gedult, einen weitläufftigen Redner mit Lust anzuhören. Hohe Krieges-Officirer, zumahl die ihr Krieges-Metier mit denen Studiis nicht verei- niget, sind in diesem Stück fast noch ungedultiger. Es ist daher eine gute Regel, die in der 105. Maxi- me von Gracians Oracul jungen Leuten vorge- schrieben wird: Ein Mensch vom Verstande muß die Bescheidenheit haben, daß er denen, die ihn vor sich lassen, durch verworrene Weitläufftigkeit nicht hinderlich sey, und unter allen am wenigsten großen Männern, die mit wichtigen Staats-Verrichtun- gen überladen; sintemahl es ein mehr straffbahrer Unverstand ist, einen eintzigen von ihnen verdrüß- lich zu seyn, als allen andern Leuten beschwerlich zu fallen. Es geschicht auch wohl zuweilen, daß sie den weitläufftigen Redner erinnern, er soll es kurtz machen, und ihm in die Rede fallen. Als Anno 1707. in streitiger Erbfolge-Sache wegen der Her- tzogin von Nemours der Stadt-Magistrat von Solothurn den Frantzös. Abgesandten, Marquis de Paisieux, mit seinem Bewillkommungs-Com- plimenten beehren wolte, so hatte derjenige, wel- cher das Wort führte, kaum etzliche auswendig ge- lernte Zeilen hergesagt, so antwortete ihm dieser hitzige und kurtz angebundene Gesandte: Man ha- be jetzo nicht mit Complimenten, sondern mit Ge- schäfften zu thun, und fügt hinzu, er habe ein hartes und nachdrückliches Memorial übergeben lassen. S. den 72. Theil der Europäischen Fama, p. 866. §. 27.
I. Theil. V. Capitul. Geſchaͤfften uͤberhaͤufft, dieſe haben ſelten die Zeitund Gedult, einen weitlaͤufftigen Redner mit Luſt anzuhoͤren. Hohe Krieges-Officirer, zumahl die ihr Krieges-Metier mit denen Studiis nicht verei- niget, ſind in dieſem Stuͤck faſt noch ungedultiger. Es iſt daher eine gute Regel, die in der 105. Maxi- me von Gracians Oracul jungen Leuten vorge- ſchrieben wird: Ein Menſch vom Verſtande muß die Beſcheidenheit haben, daß er denen, die ihn vor ſich laſſen, durch verworrene Weitlaͤufftigkeit nicht hinderlich ſey, und unter allen am wenigſten großen Maͤnnern, die mit wichtigen Staats-Verrichtun- gen uͤberladen; ſintemahl es ein mehr ſtraffbahrer Unverſtand iſt, einen eintzigen von ihnen verdruͤß- lich zu ſeyn, als allen andern Leuten beſchwerlich zu fallen. Es geſchicht auch wohl zuweilen, daß ſie den weitlaͤufftigen Redner erinnern, er ſoll es kurtz machen, und ihm in die Rede fallen. Als Anno 1707. in ſtreitiger Erbfolge-Sache wegen der Her- tzogin von Nemours der Stadt-Magiſtrat von Solothurn den Frantzoͤſ. Abgeſandten, Marquis de Paiſieux, mit ſeinem Bewillkommungs-Com- plimenten beehren wolte, ſo hatte derjenige, wel- cher das Wort fuͤhrte, kaum etzliche auswendig ge- lernte Zeilen hergeſagt, ſo antwortete ihm dieſer hitzige und kurtz angebundene Geſandte: Man ha- be jetzo nicht mit Complimenten, ſondern mit Ge- ſchaͤfften zu thun, und fuͤgt hinzu, er habe ein hartes und nachdruͤckliches Memorial uͤbergeben laſſen. S. den 72. Theil der Europaͤiſchen Fama, p. 866. §. 27.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0182" n="162"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">I.</hi> Theil. <hi rendition="#aq">V.</hi> Capitul.</hi></fw><lb/> Geſchaͤfften uͤberhaͤufft, dieſe haben ſelten die Zeit<lb/> und Gedult, einen weitlaͤufftigen Redner mit Luſt<lb/> anzuhoͤren. Hohe Krieges-Officirer, zumahl die<lb/> ihr Krieges-<hi rendition="#aq">Metier</hi> mit denen <hi rendition="#aq">Studiis</hi> nicht verei-<lb/> niget, ſind in dieſem Stuͤck faſt noch ungedultiger.<lb/> Es iſt daher eine gute Regel, die in der 105. <hi rendition="#aq">Maxi-<lb/> me</hi> von <hi rendition="#aq">Gracians Oracul</hi> jungen Leuten vorge-<lb/> ſchrieben wird: Ein Menſch vom Verſtande muß<lb/> die Beſcheidenheit haben, daß er denen, die ihn vor<lb/> ſich laſſen, durch verworrene Weitlaͤufftigkeit nicht<lb/> hinderlich ſey, und unter allen am wenigſten großen<lb/> Maͤnnern, die mit wichtigen Staats-Verrichtun-<lb/> gen uͤberladen; ſintemahl es ein mehr ſtraffbahrer<lb/> Unverſtand iſt, einen eintzigen von ihnen verdruͤß-<lb/> lich zu ſeyn, als allen andern Leuten beſchwerlich zu<lb/> fallen. Es geſchicht auch wohl zuweilen, daß ſie<lb/> den weitlaͤufftigen Redner erinnern, er ſoll es kurtz<lb/> machen, und ihm in die Rede fallen. Als <hi rendition="#aq">Anno</hi><lb/> 1707. in ſtreitiger Erbfolge-Sache wegen der Her-<lb/> tzogin von <hi rendition="#aq">Nemours</hi> der Stadt-<hi rendition="#aq">Magiſtrat</hi> von<lb/> Solothurn den Frantzoͤſ. Abgeſandten, <hi rendition="#aq">Marquis<lb/> de Paiſieux,</hi> mit ſeinem Bewillkommungs-<hi rendition="#aq">Com-<lb/> pliment</hi>en beehren wolte, ſo hatte derjenige, wel-<lb/> cher das Wort fuͤhrte, kaum etzliche auswendig ge-<lb/> lernte Zeilen hergeſagt, ſo antwortete ihm dieſer<lb/> hitzige und kurtz angebundene Geſandte: Man ha-<lb/> be jetzo nicht mit <hi rendition="#aq">Compliment</hi>en, ſondern mit Ge-<lb/> ſchaͤfften zu thun, und fuͤgt hinzu, er habe ein hartes<lb/> und nachdruͤckliches <hi rendition="#aq">Memorial</hi> uͤbergeben laſſen.<lb/> S. den 72. Theil der Europaͤiſchen <hi rendition="#aq">Fama, p.</hi> 866.</p><lb/> <fw place="bottom" type="catch">§. 27.</fw><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [162/0182]
I. Theil. V. Capitul.
Geſchaͤfften uͤberhaͤufft, dieſe haben ſelten die Zeit
und Gedult, einen weitlaͤufftigen Redner mit Luſt
anzuhoͤren. Hohe Krieges-Officirer, zumahl die
ihr Krieges-Metier mit denen Studiis nicht verei-
niget, ſind in dieſem Stuͤck faſt noch ungedultiger.
Es iſt daher eine gute Regel, die in der 105. Maxi-
me von Gracians Oracul jungen Leuten vorge-
ſchrieben wird: Ein Menſch vom Verſtande muß
die Beſcheidenheit haben, daß er denen, die ihn vor
ſich laſſen, durch verworrene Weitlaͤufftigkeit nicht
hinderlich ſey, und unter allen am wenigſten großen
Maͤnnern, die mit wichtigen Staats-Verrichtun-
gen uͤberladen; ſintemahl es ein mehr ſtraffbahrer
Unverſtand iſt, einen eintzigen von ihnen verdruͤß-
lich zu ſeyn, als allen andern Leuten beſchwerlich zu
fallen. Es geſchicht auch wohl zuweilen, daß ſie
den weitlaͤufftigen Redner erinnern, er ſoll es kurtz
machen, und ihm in die Rede fallen. Als Anno
1707. in ſtreitiger Erbfolge-Sache wegen der Her-
tzogin von Nemours der Stadt-Magiſtrat von
Solothurn den Frantzoͤſ. Abgeſandten, Marquis
de Paiſieux, mit ſeinem Bewillkommungs-Com-
plimenten beehren wolte, ſo hatte derjenige, wel-
cher das Wort fuͤhrte, kaum etzliche auswendig ge-
lernte Zeilen hergeſagt, ſo antwortete ihm dieſer
hitzige und kurtz angebundene Geſandte: Man ha-
be jetzo nicht mit Complimenten, ſondern mit Ge-
ſchaͤfften zu thun, und fuͤgt hinzu, er habe ein hartes
und nachdruͤckliches Memorial uͤbergeben laſſen.
S. den 72. Theil der Europaͤiſchen Fama, p. 866.
§. 27.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |