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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728.

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Von Complimens.
bey gehabt, sich auf mancherley Weise beurthei-
len lassen. Es heist hernach entweder: Es war ein
recht priesterlich Compliment, dabey nichts gefeh-
let, als die Ertheilung des priesterlichen Seegens,
oder der gute Mensch will sich gerne hören lassen, er
macht noch seinen Studenten, er muß fleißig Ro-
main
en gelesen haben, er hat es aus einem Buch
ausgeschrieben, u. s. w.

§. 25. Es sind besondere Umstände, Oerter und
Personen, bey denen man noch vor andern am mei-
sten nöthig hat, in seinen Complimens alle über-
flüßige Weitläufftigkeiten wegzulassen. Also ist es
wider den Wohlstand, daß man Fürstlichen Per-
sonen, da man die Gnade hat, als eine Privat-Per-
son ihnen den Rock oder die Hand zu küssen, eine
große Oration vormacht; Man muß es vor ein be-
sonder Glück erkennen, daß man vor sie gelassen
wird, und darf ihre Gnade und Gedult nicht miß-
brauchen; ein anders ist, wenn man von andern
Herrschafften an einen gewissen Hof verschickt
wird, denn hier kan das Compliment schon solen-
ner
und länger seyn. Weitläufftige Complimens
sind ohnedem überhaupt den meisten Hof-Leuten
unangenehm, und wenn sie auch noch so zierlich wä-
ren, und wer sich nicht einen Schulfuchs oder Co-
moediant
en hinter den Rücken will lussen nach-
werffen, der mag seine Worte kurtz fassen lernen.

§. 26. Dieses muß man auch beobachten, wenn
man die Gnade hat, hohen Staats-Ministris auf-
zuwarten, die mit vielen und wichtigen Staats-

Ge-
L

Von Complimens.
bey gehabt, ſich auf mancherley Weiſe beurthei-
len laſſen. Es heiſt hernach entweder: Es war ein
recht prieſterlich Compliment, dabey nichts gefeh-
let, als die Ertheilung des prieſterlichen Seegens,
oder der gute Menſch will ſich gerne hoͤren laſſen, er
macht noch ſeinen Studenten, er muß fleißig Ro-
main
en geleſen haben, er hat es aus einem Buch
ausgeſchrieben, u. ſ. w.

§. 25. Es ſind beſondere Umſtaͤnde, Oerter und
Perſonen, bey denen man noch vor andern am mei-
ſten noͤthig hat, in ſeinen Complimens alle uͤber-
fluͤßige Weitlaͤufftigkeiten wegzulaſſen. Alſo iſt es
wider den Wohlſtand, daß man Fuͤrſtlichen Per-
ſonen, da man die Gnade hat, als eine Privat-Per-
ſon ihnen den Rock oder die Hand zu kuͤſſen, eine
große Oration vormacht; Man muß es vor ein be-
ſonder Gluͤck erkennen, daß man vor ſie gelaſſen
wird, und darf ihre Gnade und Gedult nicht miß-
brauchen; ein anders iſt, wenn man von andern
Herrſchafften an einen gewiſſen Hof verſchickt
wird, denn hier kan das Compliment ſchon ſolen-
ner
und laͤnger ſeyn. Weitlaͤufftige Complimens
ſind ohnedem uͤberhaupt den meiſten Hof-Leuten
unangenehm, und wenn ſie auch noch ſo zierlich waͤ-
ren, und wer ſich nicht einen Schulfuchs oder Co-
mœdiant
en hinter den Ruͤcken will luſſen nach-
werffen, der mag ſeine Worte kurtz faſſen lernen.

§. 26. Dieſes muß man auch beobachten, wenn
man die Gnade hat, hohen Staats-Miniſtris auf-
zuwarten, die mit vielen und wichtigen Staats-

Ge-
L
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[161/0181] Von Complimens. bey gehabt, ſich auf mancherley Weiſe beurthei- len laſſen. Es heiſt hernach entweder: Es war ein recht prieſterlich Compliment, dabey nichts gefeh- let, als die Ertheilung des prieſterlichen Seegens, oder der gute Menſch will ſich gerne hoͤren laſſen, er macht noch ſeinen Studenten, er muß fleißig Ro- mainen geleſen haben, er hat es aus einem Buch ausgeſchrieben, u. ſ. w. §. 25. Es ſind beſondere Umſtaͤnde, Oerter und Perſonen, bey denen man noch vor andern am mei- ſten noͤthig hat, in ſeinen Complimens alle uͤber- fluͤßige Weitlaͤufftigkeiten wegzulaſſen. Alſo iſt es wider den Wohlſtand, daß man Fuͤrſtlichen Per- ſonen, da man die Gnade hat, als eine Privat-Per- ſon ihnen den Rock oder die Hand zu kuͤſſen, eine große Oration vormacht; Man muß es vor ein be- ſonder Gluͤck erkennen, daß man vor ſie gelaſſen wird, und darf ihre Gnade und Gedult nicht miß- brauchen; ein anders iſt, wenn man von andern Herrſchafften an einen gewiſſen Hof verſchickt wird, denn hier kan das Compliment ſchon ſolen- ner und laͤnger ſeyn. Weitlaͤufftige Complimens ſind ohnedem uͤberhaupt den meiſten Hof-Leuten unangenehm, und wenn ſie auch noch ſo zierlich waͤ- ren, und wer ſich nicht einen Schulfuchs oder Co- mœdianten hinter den Ruͤcken will luſſen nach- werffen, der mag ſeine Worte kurtz faſſen lernen. §. 26. Dieſes muß man auch beobachten, wenn man die Gnade hat, hohen Staats-Miniſtris auf- zuwarten, die mit vielen und wichtigen Staats- Ge- L

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 161. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/181>, abgerufen am 25.11.2024.