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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728.

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I. Theil. VI. Capitul.

§. 4. Auf die äusserlichen Manieren kömmt viel
an es mag einer im übrigen, seiner von GOtt ihm
mitgetheilten Statur und Gestalt nach, von guten
oder schlechten Ansehen seyn. Jst er von guten
Ansehen, so wird dasselbe durch diese oder jene übel-
anständige Geberde verdunckelt und verringert;
ist er aber sonst von keinem sonderlichen Ansehen, so
macht er sich durch das unanständige Wesen noch
lächerlicher und verächtlicher. Der selige Herr
Pasch, ein zu seiner Zeit christlicher tugendhaffter
und vernünfftiger Dantzmeister in Leipzig, der die
grosse Welt wohl gekennet, meldet in seiner Be-
schreibung der wahren Dantz-Kunst, p. 103. Er
hätte selbst Wunder in diesem Stück erlebet und
mit angesehen, und wüste, daß, wenn sich einer das
erste mahl mit ungezogenen Externis vor wackern
oder auch capricieusen Leuten praesentiret hätte,
man einen solchen Degout vor ihn bekommen, daß
man nicht einmahl nach seinen andern Qualitäten
gefragt hätte, da ein anderer mit der Helffte der
übrigen Qualitäten durch seine wohl regulirten Ex-
terna
mehr erlangt, als er begehren können; Ein
solcher Mensch bekäme hiedurch öffters mehr Gele-
genheit in Compagnien zu kommen, da er ausser
diesen nicht hinriechen dürffte, und da wird denn,
seiner guten Aufführung wegen, gefragt, wer er sey,
und bekäme also Gelegenheit, seine übrigen Quali-
täten auch an Tag zu legen.

§. 5. Der ehmahlige Groß-Cantzler in Franck-
reich, Monsieur de Chervergny, ertheilt in seiner

an
I. Theil. VI. Capitul.

§. 4. Auf die aͤuſſerlichen Manieren koͤmmt viel
an es mag einer im uͤbrigen, ſeiner von GOtt ihm
mitgetheilten Statur und Geſtalt nach, von guten
oder ſchlechten Anſehen ſeyn. Jſt er von guten
Anſehen, ſo wird daſſelbe durch dieſe oder jene uͤbel-
anſtaͤndige Geberde verdunckelt und verringert;
iſt er aber ſonſt von keinem ſonderlichen Anſehen, ſo
macht er ſich durch das unanſtaͤndige Weſen noch
laͤcherlicher und veraͤchtlicher. Der ſelige Herr
Paſch, ein zu ſeiner Zeit chriſtlicher tugendhaffter
und vernuͤnfftiger Dantzmeiſter in Leipzig, der die
groſſe Welt wohl gekennet, meldet in ſeiner Be-
ſchreibung der wahren Dantz-Kunſt, p. 103. Er
haͤtte ſelbſt Wunder in dieſem Stuͤck erlebet und
mit angeſehen, und wuͤſte, daß, wenn ſich einer das
erſte mahl mit ungezogenen Externis vor wackern
oder auch capricieuſen Leuten præſentiret haͤtte,
man einen ſolchen Degout vor ihn bekommen, daß
man nicht einmahl nach ſeinen andern Qualitaͤten
gefragt haͤtte, da ein anderer mit der Helffte der
uͤbrigen Qualitaͤten durch ſeine wohl regulirten Ex-
terna
mehr erlangt, als er begehren koͤnnen; Ein
ſolcher Menſch bekaͤme hiedurch oͤffters mehr Gele-
genheit in Compagnien zu kommen, da er auſſer
dieſen nicht hinriechen duͤrffte, und da wird denn,
ſeiner guten Auffuͤhrung wegen, gefragt, wer er ſey,
und bekaͤme alſo Gelegenheit, ſeine uͤbrigen Quali-
taͤten auch an Tag zu legen.

§. 5. Der ehmahlige Groß-Cantzler in Franck-
reich, Monſieur de Chervergny, ertheilt in ſeiner

an
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[182/0202] I. Theil. VI. Capitul. §. 4. Auf die aͤuſſerlichen Manieren koͤmmt viel an es mag einer im uͤbrigen, ſeiner von GOtt ihm mitgetheilten Statur und Geſtalt nach, von guten oder ſchlechten Anſehen ſeyn. Jſt er von guten Anſehen, ſo wird daſſelbe durch dieſe oder jene uͤbel- anſtaͤndige Geberde verdunckelt und verringert; iſt er aber ſonſt von keinem ſonderlichen Anſehen, ſo macht er ſich durch das unanſtaͤndige Weſen noch laͤcherlicher und veraͤchtlicher. Der ſelige Herr Paſch, ein zu ſeiner Zeit chriſtlicher tugendhaffter und vernuͤnfftiger Dantzmeiſter in Leipzig, der die groſſe Welt wohl gekennet, meldet in ſeiner Be- ſchreibung der wahren Dantz-Kunſt, p. 103. Er haͤtte ſelbſt Wunder in dieſem Stuͤck erlebet und mit angeſehen, und wuͤſte, daß, wenn ſich einer das erſte mahl mit ungezogenen Externis vor wackern oder auch capricieuſen Leuten præſentiret haͤtte, man einen ſolchen Degout vor ihn bekommen, daß man nicht einmahl nach ſeinen andern Qualitaͤten gefragt haͤtte, da ein anderer mit der Helffte der uͤbrigen Qualitaͤten durch ſeine wohl regulirten Ex- terna mehr erlangt, als er begehren koͤnnen; Ein ſolcher Menſch bekaͤme hiedurch oͤffters mehr Gele- genheit in Compagnien zu kommen, da er auſſer dieſen nicht hinriechen duͤrffte, und da wird denn, ſeiner guten Auffuͤhrung wegen, gefragt, wer er ſey, und bekaͤme alſo Gelegenheit, ſeine uͤbrigen Quali- taͤten auch an Tag zu legen. §. 5. Der ehmahlige Groß-Cantzler in Franck- reich, Monſieur de Chervergny, ertheilt in ſeiner an

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 182. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/202>, abgerufen am 24.11.2024.