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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728.

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I. Theil. VI. Capitul.
Disposition des Angesichts, oder diejenige Gestalt
desselben, die ein Mensch, seinem Humeur nach, oh-
ne eine besondere Intention zu machen pflegt. L'air,
ist eine Gestalt des Gesichts, die man bey besondern
Fällen, um eine Passion an Tag zu legen, annimmt,
und sind folglich so vielerley Arten desselben, als Af-
fect
en sind; man kan, zum Exempel, fröliche, trau-
rige, furchtsame, zornige, verliebte Gesichter ma-
chen, u. s. w. Solchergestalt differiren la mine,
und l' air, daß die Mine beständig, l' air aber ver-
änderlich. Die Teutschen verwechseln dieses mit
einander, und geben den Nahmen des Gesichts, der
Minen, der Geberdung, bald diesem, bald jenem.
Le port heist, die Tragung oder Bewegung der
Glieder; man hat ja einen majestätischen, einen
freyen, gezwungenen, liederlichen Port. Es stehen
zwar einige in den Gedancken, als ob es weder mög-
lich noch nützlich wäre, von allen diesen besondere
Regeln zu geben. S. Herr Dr. Müllers Anmer-
ckungen zu der XIV. Maxime von Gracians Oracul,
pag.
100. Jch bin aber anderer Meynung, und
werde mich bemühen, einige Regeln hiervon im fol-
genden vorzuschreiben.

§. 7. Ein junger Mensch muß sich bemühen ein
freyes Gesicht zu erhalten, das sich nicht in ein stets-
während Lächeln verkehrt, und auch nicht betrübt,
finster und saturnisch, sondern gutes Humeur sey,
und bey allen Fällen und Gesellschafften eine gute
Contenance zu halten wissen. Der Autor des
Traite de la Civilite moderne, bringt in seinem

XXI.

I. Theil. VI. Capitul.
Diſpoſition des Angeſichts, oder diejenige Geſtalt
deſſelben, die ein Menſch, ſeinem Humeur nach, oh-
ne eine beſondere Intention zu machen pflegt. L’air,
iſt eine Geſtalt des Geſichts, die man bey beſondern
Faͤllen, um eine Paſſion an Tag zu legen, annimmt,
und ſind folglich ſo vielerley Arten deſſelben, als Af-
fect
en ſind; man kan, zum Exempel, froͤliche, trau-
rige, furchtſame, zornige, verliebte Geſichter ma-
chen, u. ſ. w. Solchergeſtalt differiren la mine,
und l’ air, daß die Mine beſtaͤndig, l’ air aber ver-
aͤnderlich. Die Teutſchen verwechſeln dieſes mit
einander, und geben den Nahmen des Geſichts, der
Minen, der Geberdung, bald dieſem, bald jenem.
Le port heiſt, die Tragung oder Bewegung der
Glieder; man hat ja einen majeſtaͤtiſchen, einen
freyen, gezwungenen, liederlichen Port. Es ſtehen
zwar einige in den Gedancken, als ob es weder moͤg-
lich noch nuͤtzlich waͤre, von allen dieſen beſondere
Regeln zu geben. S. Herr Dr. Muͤllers Anmer-
ckungen zu der XIV. Maxime von Gracians Oracul,
pag.
100. Jch bin aber anderer Meynung, und
werde mich bemuͤhen, einige Regeln hiervon im fol-
genden vorzuſchreiben.

§. 7. Ein junger Menſch muß ſich bemuͤhen ein
freyes Geſicht zu erhalten, das ſich nicht in ein ſtets-
waͤhrend Laͤcheln verkehrt, und auch nicht betruͤbt,
finſter und ſaturniſch, ſondern gutes Humeur ſey,
und bey allen Faͤllen und Geſellſchafften eine gute
Contenance zu halten wiſſen. Der Autor des
Traitè de la Civilitè moderne, bringt in ſeinem

XXI.
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[184/0204] I. Theil. VI. Capitul. Diſpoſition des Angeſichts, oder diejenige Geſtalt deſſelben, die ein Menſch, ſeinem Humeur nach, oh- ne eine beſondere Intention zu machen pflegt. L’air, iſt eine Geſtalt des Geſichts, die man bey beſondern Faͤllen, um eine Paſſion an Tag zu legen, annimmt, und ſind folglich ſo vielerley Arten deſſelben, als Af- fecten ſind; man kan, zum Exempel, froͤliche, trau- rige, furchtſame, zornige, verliebte Geſichter ma- chen, u. ſ. w. Solchergeſtalt differiren la mine, und l’ air, daß die Mine beſtaͤndig, l’ air aber ver- aͤnderlich. Die Teutſchen verwechſeln dieſes mit einander, und geben den Nahmen des Geſichts, der Minen, der Geberdung, bald dieſem, bald jenem. Le port heiſt, die Tragung oder Bewegung der Glieder; man hat ja einen majeſtaͤtiſchen, einen freyen, gezwungenen, liederlichen Port. Es ſtehen zwar einige in den Gedancken, als ob es weder moͤg- lich noch nuͤtzlich waͤre, von allen dieſen beſondere Regeln zu geben. S. Herr Dr. Muͤllers Anmer- ckungen zu der XIV. Maxime von Gracians Oracul, pag. 100. Jch bin aber anderer Meynung, und werde mich bemuͤhen, einige Regeln hiervon im fol- genden vorzuſchreiben. §. 7. Ein junger Menſch muß ſich bemuͤhen ein freyes Geſicht zu erhalten, das ſich nicht in ein ſtets- waͤhrend Laͤcheln verkehrt, und auch nicht betruͤbt, finſter und ſaturniſch, ſondern gutes Humeur ſey, und bey allen Faͤllen und Geſellſchafften eine gute Contenance zu halten wiſſen. Der Autor des Traitè de la Civilitè moderne, bringt in ſeinem XXI.

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 184. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/204>, abgerufen am 24.11.2024.