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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728.

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Von dem Aufenthalt an Höfen.
nicht stets gefällig, eine Reproche mit Worten
oder Geberden, die sie einiger maßen beschämet
macht.

§. 20. Andre hingegen, deren Anzahl fast noch
größer, fallen auf den andern Abweg, sie sind allzu
blöde und furchtsam, sie gehen denen Höhern und
Vornehmsten stets aus dem Wege, und sondern sich
entweder von den andern gantz und gar ab, oder
halten sich bloß zu den gerinsten des Hofes: Doch
diese sehen sich noch weit schlechter vor, als jene, und
erweisen ihre Niederträchtigkeit, weil sie sich selbst
nichts achten, so machen andere auch wieder nichts
aus ihnen, sie werden nach und nach immer un-
würdiger geachtet, in höhere Gesellschafften gezo-
gen zu werden, und verfallen endlich gar zuletzt in
die Gesellschafft der Pagen, die sie mit Discoursen
unterhalten.

§. 21. Ein junger Cavalier thut am besten,
wenn er auch hierinne die Mittel-Strasse beob-
achtet, und weder allzu frey noch zu blöde ist, son-
dern in seinen Handlungen eine ihm anständige
Sittsamkeit bezeigt. Er hält sich zwar in dem
Umgange zu den Cavalieren, die nicht von dem al-
lergrösten Range, sondern seinen Umständen etwas
ähnlicher, als die andern, jedoch gehet er auch den
Vornehmsten nicht aus dem Wege. Spührt er,
daß sie sich gefallen lassen, ihn in ihre Gesellschafft
mit zu ziehen, und mit ihn zu conversiren, so ach-
tet er sichs vor eine Gnade, und hält sich so lange
bey ihnen auf, als er spührt, daß es ihnen gefällig,

ihn
O 4

Von dem Aufenthalt an Hoͤfen.
nicht ſtets gefaͤllig, eine Reproche mit Worten
oder Geberden, die ſie einiger maßen beſchaͤmet
macht.

§. 20. Andre hingegen, deren Anzahl faſt noch
groͤßer, fallen auf den andern Abweg, ſie ſind allzu
bloͤde und furchtſam, ſie gehen denen Hoͤhern und
Vornehmſten ſtets aus dem Wege, und ſondern ſich
entweder von den andern gantz und gar ab, oder
halten ſich bloß zu den gerinſten des Hofes: Doch
dieſe ſehen ſich noch weit ſchlechter vor, als jene, und
erweiſen ihre Niedertraͤchtigkeit, weil ſie ſich ſelbſt
nichts achten, ſo machen andere auch wieder nichts
aus ihnen, ſie werden nach und nach immer un-
wuͤrdiger geachtet, in hoͤhere Geſellſchafften gezo-
gen zu werden, und verfallen endlich gar zuletzt in
die Geſellſchafft der Pagen, die ſie mit Diſcourſen
unterhalten.

§. 21. Ein junger Cavalier thut am beſten,
wenn er auch hierinne die Mittel-Straſſe beob-
achtet, und weder allzu frey noch zu bloͤde iſt, ſon-
dern in ſeinen Handlungen eine ihm anſtaͤndige
Sittſamkeit bezeigt. Er haͤlt ſich zwar in dem
Umgange zu den Cavalieren, die nicht von dem al-
lergroͤſten Range, ſondern ſeinen Umſtaͤnden etwas
aͤhnlicher, als die andern, jedoch gehet er auch den
Vornehmſten nicht aus dem Wege. Spuͤhrt er,
daß ſie ſich gefallen laſſen, ihn in ihre Geſellſchafft
mit zu ziehen, und mit ihn zu converſiren, ſo ach-
tet er ſichs vor eine Gnade, und haͤlt ſich ſo lange
bey ihnen auf, als er ſpuͤhrt, daß es ihnen gefaͤllig,

ihn
O 4
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[215/0235] Von dem Aufenthalt an Hoͤfen. nicht ſtets gefaͤllig, eine Reproche mit Worten oder Geberden, die ſie einiger maßen beſchaͤmet macht. §. 20. Andre hingegen, deren Anzahl faſt noch groͤßer, fallen auf den andern Abweg, ſie ſind allzu bloͤde und furchtſam, ſie gehen denen Hoͤhern und Vornehmſten ſtets aus dem Wege, und ſondern ſich entweder von den andern gantz und gar ab, oder halten ſich bloß zu den gerinſten des Hofes: Doch dieſe ſehen ſich noch weit ſchlechter vor, als jene, und erweiſen ihre Niedertraͤchtigkeit, weil ſie ſich ſelbſt nichts achten, ſo machen andere auch wieder nichts aus ihnen, ſie werden nach und nach immer un- wuͤrdiger geachtet, in hoͤhere Geſellſchafften gezo- gen zu werden, und verfallen endlich gar zuletzt in die Geſellſchafft der Pagen, die ſie mit Diſcourſen unterhalten. §. 21. Ein junger Cavalier thut am beſten, wenn er auch hierinne die Mittel-Straſſe beob- achtet, und weder allzu frey noch zu bloͤde iſt, ſon- dern in ſeinen Handlungen eine ihm anſtaͤndige Sittſamkeit bezeigt. Er haͤlt ſich zwar in dem Umgange zu den Cavalieren, die nicht von dem al- lergroͤſten Range, ſondern ſeinen Umſtaͤnden etwas aͤhnlicher, als die andern, jedoch gehet er auch den Vornehmſten nicht aus dem Wege. Spuͤhrt er, daß ſie ſich gefallen laſſen, ihn in ihre Geſellſchafft mit zu ziehen, und mit ihn zu converſiren, ſo ach- tet er ſichs vor eine Gnade, und haͤlt ſich ſo lange bey ihnen auf, als er ſpuͤhrt, daß es ihnen gefaͤllig, ihn O 4

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 215. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/235>, abgerufen am 21.11.2024.