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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728.

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Von dem Hof-Leben.
ren alle Höflichkeit biß an den Schenckstuhl, da sie
denen durch einen guten Rausch, den sie ihnen aus
Falschheit und zu ihren eignen Vergnügen zubrin-
gen, alles auf einmahl wieder einbringen wollen.
Doch diese Ehre, die sie ihnen durch das Zubringen
der großen Humpen erweisen, ist eine solche Ehre,
darüber der andere, der den Trunck nicht vertragen
kan, bißweilen seine eigne Ehre verlieret.

§. 27. Bey der Obferte, oder bey der Einla-
dung zum Spielen, wird dem Fremden ebenfalls
bißweilen eine unzeitige und unnöthige Höflichkeit
erzeiget, die ihnen nicht allezeit gelegen ist, man weiß
ja nicht stets ob sie Liebhaber des Spielens, ob sie
die Spiele nicht verstehen, ob es ihnen bequem, so
hohe Summen zu setzen, u. s. w. und gleichwohl nö-
thigen ihrer vielen Cavaliers und Dames die Frem-
den, insonderheit die bey guten Mitteln sind, dazu,
ohne daß man sich vorhero bey ihnen erkundiget,
ob es ihre Bequemlichkeit mit sich bringet, sich in
das Spielen einzulassen; Mancher junge Mensch,
der in Gedancken stehet, der unvermeidliche Wohl-
stand bringe es mit sich, daß er sich alles, was ihm
andere vorschlügen, müste gefallen lassen, spielet
mit, da er aber eine sehr schlechte Erkänntniß von
Spielen besitzt, zu seiner grösten Schande und
Schaden.

§. 28. Wird ein vernünfftiger Hof-Mann an
einen fremden Hof geschickt, etwas zu seines Herrn

Nu-
Q

Von dem Hof-Leben.
ren alle Hoͤflichkeit biß an den Schenckſtuhl, da ſie
denen durch einen guten Rauſch, den ſie ihnen aus
Falſchheit und zu ihren eignen Vergnuͤgen zubrin-
gen, alles auf einmahl wieder einbringen wollen.
Doch dieſe Ehre, die ſie ihnen durch das Zubringen
der großen Humpen erweiſen, iſt eine ſolche Ehre,
daruͤber der andere, der den Trunck nicht vertragen
kan, bißweilen ſeine eigne Ehre verlieret.

§. 27. Bey der Obferte, oder bey der Einla-
dung zum Spielen, wird dem Fremden ebenfalls
bißweilen eine unzeitige und unnoͤthige Hoͤflichkeit
erzeiget, die ihnen nicht allezeit gelegen iſt, man weiß
ja nicht ſtets ob ſie Liebhaber des Spielens, ob ſie
die Spiele nicht verſtehen, ob es ihnen bequem, ſo
hohe Summen zu ſetzen, u. ſ. w. und gleichwohl noͤ-
thigen ihrer vielen Cavaliers und Dames die Frem-
den, inſonderheit die bey guten Mitteln ſind, dazu,
ohne daß man ſich vorhero bey ihnen erkundiget,
ob es ihre Bequemlichkeit mit ſich bringet, ſich in
das Spielen einzulaſſen; Mancher junge Menſch,
der in Gedancken ſtehet, der unvermeidliche Wohl-
ſtand bringe es mit ſich, daß er ſich alles, was ihm
andere vorſchluͤgen, muͤſte gefallen laſſen, ſpielet
mit, da er aber eine ſehr ſchlechte Erkaͤnntniß von
Spielen beſitzt, zu ſeiner groͤſten Schande und
Schaden.

§. 28. Wird ein vernuͤnfftiger Hof-Mann an
einen fremden Hof geſchickt, etwas zu ſeines Herrn

Nu-
Q
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[241/0261] Von dem Hof-Leben. ren alle Hoͤflichkeit biß an den Schenckſtuhl, da ſie denen durch einen guten Rauſch, den ſie ihnen aus Falſchheit und zu ihren eignen Vergnuͤgen zubrin- gen, alles auf einmahl wieder einbringen wollen. Doch dieſe Ehre, die ſie ihnen durch das Zubringen der großen Humpen erweiſen, iſt eine ſolche Ehre, daruͤber der andere, der den Trunck nicht vertragen kan, bißweilen ſeine eigne Ehre verlieret. §. 27. Bey der Obferte, oder bey der Einla- dung zum Spielen, wird dem Fremden ebenfalls bißweilen eine unzeitige und unnoͤthige Hoͤflichkeit erzeiget, die ihnen nicht allezeit gelegen iſt, man weiß ja nicht ſtets ob ſie Liebhaber des Spielens, ob ſie die Spiele nicht verſtehen, ob es ihnen bequem, ſo hohe Summen zu ſetzen, u. ſ. w. und gleichwohl noͤ- thigen ihrer vielen Cavaliers und Dames die Frem- den, inſonderheit die bey guten Mitteln ſind, dazu, ohne daß man ſich vorhero bey ihnen erkundiget, ob es ihre Bequemlichkeit mit ſich bringet, ſich in das Spielen einzulaſſen; Mancher junge Menſch, der in Gedancken ſtehet, der unvermeidliche Wohl- ſtand bringe es mit ſich, daß er ſich alles, was ihm andere vorſchluͤgen, muͤſte gefallen laſſen, ſpielet mit, da er aber eine ſehr ſchlechte Erkaͤnntniß von Spielen beſitzt, zu ſeiner groͤſten Schande und Schaden. §. 28. Wird ein vernuͤnfftiger Hof-Mann an einen fremden Hof geſchickt, etwas zu ſeines Herrn Nu- Q

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 241. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/261>, abgerufen am 21.11.2024.