sen, daß ihnen die Zeit nicht lang werde, er weist ihnen ein gut Quartir in der Stadt zu, er benach- richtiget sie, was in der Stadt und bey Hofe merck- würdiges zu sehen, und verhilfft ihnen bey den So- lennitaeten und Divertissemens bey Hofe, daß sie einen guten und bequemen Platz bekommen mögen, und erzeigt sich ihnen auch sonst dienstfertig.
§. 26. Die Geburth, der Caracter, die eigene Aufführung dessen, der den Hof besucht, das Glück das er hat, der Herrschafft zu gefallen oder nicht, und andere Umstände mehr, bestimmen zwar der Höflichkeit der Hof-Leute, die sie gegen Fremde zu erweisen haben, wenig Maaß und Ziel; inzwischen bleibet doch die Regel fest, daß sich ein Hof-Mann gegen die Fremden so höflich und dienstfertig erwei- sen soll, als nur immer möglich. Es ist in der That ein großer Fehler einiger Hof-leute, daß sie zwar gegen die fremden Cavaliers, die eine große Figur machen, und ansehnliche Characteres auf sich ha- ben, ceremonieus genug sind, andern jungen Pas- sagirern aber, die nach Hofe kommen, ob sie schon nait ihnen gleichen Standes, und auch sattsam qua- lificirt, sie gar schlechte Cour machen. Sie un- terhalten sie nicht mit Discoursen, sondern lassen sie eine lange Zeit, wenn sie nicht selbst freymüthig ge- nug sind, in die Gesellschafft zu den andern mit zu treten, allein stehen, sie verspotten ihrer noch wohl dazu, wenn sie einiger kleinen Fehler an ihnen ge- wahr werden, ertheilen ihnen keine Nachrichten, die ihnen einigen Nutzen schaffen könten, und verspah-
ren
I. Theil. VIII. Capitul.
ſen, daß ihnen die Zeit nicht lang werde, er weiſt ihnen ein gut Quartir in der Stadt zu, er benach- richtiget ſie, was in der Stadt und bey Hofe merck- wuͤrdiges zu ſehen, und verhilfft ihnen bey den So- lennitæten und Divertiſſemens bey Hofe, daß ſie einen guten und bequemen Platz bekommen moͤgen, und erzeigt ſich ihnen auch ſonſt dienſtfertig.
§. 26. Die Geburth, der Caracter, die eigene Auffuͤhrung deſſen, der den Hof beſucht, das Gluͤck das er hat, der Herrſchafft zu gefallen oder nicht, und andere Umſtaͤnde mehr, beſtimmen zwar der Hoͤflichkeit der Hof-Leute, die ſie gegen Fremde zu erweiſen haben, wenig Maaß und Ziel; inzwiſchen bleibet doch die Regel feſt, daß ſich ein Hof-Mann gegen die Fremden ſo hoͤflich und dienſtfertig erwei- ſen ſoll, als nur immer moͤglich. Es iſt in der That ein großer Fehler einiger Hof-leute, daß ſie zwar gegen die fremden Cavaliers, die eine große Figur machen, und anſehnliche Characteres auf ſich ha- ben, ceremonieus genug ſind, andern jungen Paſ- ſagirern aber, die nach Hofe kommen, ob ſie ſchon nait ihnen gleichen Standes, und auch ſattſam qua- lificirt, ſie gar ſchlechte Cour machen. Sie un- terhalten ſie nicht mit Diſcourſen, ſondern laſſen ſie eine lange Zeit, wenn ſie nicht ſelbſt freymuͤthig ge- nug ſind, in die Geſellſchafft zu den andern mit zu treten, allein ſtehen, ſie verſpotten ihrer noch wohl dazu, wenn ſie einiger kleinen Fehler an ihnen ge- wahr werden, ertheilen ihnen keine Nachrichten, die ihnen einigen Nutzen ſchaffen koͤnten, und verſpah-
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I. Theil. VIII. Capitul.
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ihnen ein gut Quartir in der Stadt zu, er benach-
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wuͤrdiges zu ſehen, und verhilfft ihnen bey den So-
lennitæten und Divertiſſemens bey Hofe, daß ſie
einen guten und bequemen Platz bekommen moͤgen,
und erzeigt ſich ihnen auch ſonſt dienſtfertig.
§. 26. Die Geburth, der Caracter, die eigene
Auffuͤhrung deſſen, der den Hof beſucht, das Gluͤck
das er hat, der Herrſchafft zu gefallen oder nicht,
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erweiſen haben, wenig Maaß und Ziel; inzwiſchen
bleibet doch die Regel feſt, daß ſich ein Hof-Mann
gegen die Fremden ſo hoͤflich und dienſtfertig erwei-
ſen ſoll, als nur immer moͤglich. Es iſt in der That
ein großer Fehler einiger Hof-leute, daß ſie zwar
gegen die fremden Cavaliers, die eine große Figur
machen, und anſehnliche Characteres auf ſich ha-
ben, ceremonieus genug ſind, andern jungen Paſ-
ſagirern aber, die nach Hofe kommen, ob ſie ſchon
nait ihnen gleichen Standes, und auch ſattſam qua-
lificirt, ſie gar ſchlechte Cour machen. Sie un-
terhalten ſie nicht mit Diſcourſen, ſondern laſſen ſie
eine lange Zeit, wenn ſie nicht ſelbſt freymuͤthig ge-
nug ſind, in die Geſellſchafft zu den andern mit zu
treten, allein ſtehen, ſie verſpotten ihrer noch wohl
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wahr werden, ertheilen ihnen keine Nachrichten, die
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 240. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/260>, abgerufen am 21.11.2024.
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