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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728.

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Vom Gottesdienste.
und die Aehnlichkeit des Glaubens etwas beson-
ders suchen und erlangen.

§. 7. Eine Christliche Standes-Person siehet
bey dergleichen Fällen nicht so wohl auf die vielen
Exempel anderer, die sie vor sich haben, oder auch
auf die Möglichkeit der Dispensation, die sie we-
gen ihrer Macht, vornehmen Anverwandschafft,
grossen Einkünffte u. s. w. auswürcken könte, als
vielmehr auf die Vorschrifft des Göttlichen Wor-
tes, sie ziehet mehr ihr eigen Gewissen, als andere
Welt-gesinnte von ihrem Stande zu Rathe, und
begehret bey solchen äusserlichen Handlungen kei-
nen Vorzug, als der Kirchen Ordnung und Ob-
servanz
gemäß, und ohne Aergerniß der Gemeinde
geschehen kan.

§. 8. Bey einigen von unsern jungen Leuten ist
es zur Mode geworden, daß sie sichs vor eine
Schande achten nach dem seeligen Vater Luthe-
ro,
Evangelisch-Lutherische Christen zu nennen, son-
dern sich auf Befragen lieber vor Evangelische
Christen ausgeben; Nun meynen sie zwar, es wä-
re ja weit besser, daß man sich nach dem Haupt und
nach dem Herrn, als bloß nach dem Diener nennet;
wenn man aber den rechten Grund hievon anzeigen
soll, so thun sie es entweder aus Galanterie, daß
sie vor den andern etwas besonders haben wollen,
oder aus einer kaltsinnigen und indifferenten Nei-
gung gegen diejenige Lehre, die durch den Dienst
des seeligen Lutheri wieder in ihre vorige Reinig-
keit und Lauterkeit versetzt worden; Mehrentheils

sind

Vom Gottesdienſte.
und die Aehnlichkeit des Glaubens etwas beſon-
ders ſuchen und erlangen.

§. 7. Eine Chriſtliche Standes-Perſon ſiehet
bey dergleichen Faͤllen nicht ſo wohl auf die vielen
Exempel anderer, die ſie vor ſich haben, oder auch
auf die Moͤglichkeit der Diſpenſation, die ſie we-
gen ihrer Macht, vornehmen Anverwandſchafft,
groſſen Einkuͤnffte u. ſ. w. auswuͤrcken koͤnte, als
vielmehr auf die Vorſchrifft des Goͤttlichen Wor-
tes, ſie ziehet mehr ihr eigen Gewiſſen, als andere
Welt-geſinnte von ihrem Stande zu Rathe, und
begehret bey ſolchen aͤuſſerlichen Handlungen kei-
nen Vorzug, als der Kirchen Ordnung und Ob-
ſervanz
gemaͤß, und ohne Aergerniß der Gemeinde
geſchehen kan.

§. 8. Bey einigen von unſern jungen Leuten iſt
es zur Mode geworden, daß ſie ſichs vor eine
Schande achten nach dem ſeeligen Vater Luthe-
ro,
Evangeliſch-Lutheriſche Chriſten zu nennen, ſon-
dern ſich auf Befragen lieber vor Evangeliſche
Chriſten ausgeben; Nun meynen ſie zwar, es waͤ-
re ja weit beſſer, daß man ſich nach dem Haupt und
nach dem Herrn, als bloß nach dem Diener nennet;
wenn man aber den rechten Grund hievon anzeigen
ſoll, ſo thun ſie es entweder aus Galanterie, daß
ſie vor den andern etwas beſonders haben wollen,
oder aus einer kaltſinnigen und indifferenten Nei-
gung gegen diejenige Lehre, die durch den Dienſt
des ſeeligen Lutheri wieder in ihre vorige Reinig-
keit und Lauterkeit verſetzt worden; Mehrentheils

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[251/0271] Vom Gottesdienſte. und die Aehnlichkeit des Glaubens etwas beſon- ders ſuchen und erlangen. §. 7. Eine Chriſtliche Standes-Perſon ſiehet bey dergleichen Faͤllen nicht ſo wohl auf die vielen Exempel anderer, die ſie vor ſich haben, oder auch auf die Moͤglichkeit der Diſpenſation, die ſie we- gen ihrer Macht, vornehmen Anverwandſchafft, groſſen Einkuͤnffte u. ſ. w. auswuͤrcken koͤnte, als vielmehr auf die Vorſchrifft des Goͤttlichen Wor- tes, ſie ziehet mehr ihr eigen Gewiſſen, als andere Welt-geſinnte von ihrem Stande zu Rathe, und begehret bey ſolchen aͤuſſerlichen Handlungen kei- nen Vorzug, als der Kirchen Ordnung und Ob- ſervanz gemaͤß, und ohne Aergerniß der Gemeinde geſchehen kan. §. 8. Bey einigen von unſern jungen Leuten iſt es zur Mode geworden, daß ſie ſichs vor eine Schande achten nach dem ſeeligen Vater Luthe- ro, Evangeliſch-Lutheriſche Chriſten zu nennen, ſon- dern ſich auf Befragen lieber vor Evangeliſche Chriſten ausgeben; Nun meynen ſie zwar, es waͤ- re ja weit beſſer, daß man ſich nach dem Haupt und nach dem Herrn, als bloß nach dem Diener nennet; wenn man aber den rechten Grund hievon anzeigen ſoll, ſo thun ſie es entweder aus Galanterie, daß ſie vor den andern etwas beſonders haben wollen, oder aus einer kaltſinnigen und indifferenten Nei- gung gegen diejenige Lehre, die durch den Dienſt des ſeeligen Lutheri wieder in ihre vorige Reinig- keit und Lauterkeit verſetzt worden; Mehrentheils ſind

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 251. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/271>, abgerufen am 21.11.2024.