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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728.

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Von der Ceremoniel-Wissensch. überh.
teutschen Geschichten ein wenig umsiehet, so findet
man, daß eine Zeit von zehn bis zwölff Jahren
nicht selten bey denen Ceremoniel-Wesen, bey ei-
nem und andern Punct, eine Veränderung zu ver-
anlassen pflegt; Durch die Liebe zur Veränderung,
ist man auf viel thörichtes gefallen, und hat man ei-
niges in jetzigen Zeiten auf eine so hohe Spitze ge-
trieben, daß es fast nicht möglich, daß man etwas
zusetzen kan.

§. 17. Daß sich manches von unsern heutigen
teutschen Gebräuchen, noch aus den Heydenthum
herschreibe, ist eine Sonnen-klare Wahrheit, ob
es gleich denen, die in den Geschichten der alten
Heyden unerfahren, etwas fremde anscheinen
möchte. Wer sich die Mühe giebt, viele von un-
sern Ceremonien mit den Sitten der Heydnischen,
Griechen und Römer en parallel zu stellen, der
wird in vielen Stücken eine grosse Aehnlichkeit
wahrnehmen. Viele Gebräuche bey unsern Ga-
stereyen oder vielmehr bey unsern Fressen und
Sauffen, sind heydnisch, manche von unsern Lust-
barkeiten und Divertissements bey Hochzeiten,
bey Dantzen, Comoedien, Operen, haben wir gros-
sen theils von den heydnischen Römern gelernt.
Wie wir nun in vielen Stücken heydnisch leben, so
ist auch bey unserm Tode, bey der Betraurung und
bey den Leich-Processionen der Unsrigen, manches
heydnische Wesen, so theils von den Griechen und
Römern, theils auch von unsern alten teutschen
Vorfahren abstammt, anzutreffen. Jnzwischen

ist

Von der Ceremoniel-Wiſſenſch. uͤberh.
teutſchen Geſchichten ein wenig umſiehet, ſo findet
man, daß eine Zeit von zehn bis zwoͤlff Jahren
nicht ſelten bey denen Ceremoniel-Weſen, bey ei-
nem und andern Punct, eine Veraͤnderung zu ver-
anlaſſen pflegt; Durch die Liebe zur Veraͤnderung,
iſt man auf viel thoͤrichtes gefallen, und hat man ei-
niges in jetzigen Zeiten auf eine ſo hohe Spitze ge-
trieben, daß es faſt nicht moͤglich, daß man etwas
zuſetzen kan.

§. 17. Daß ſich manches von unſern heutigen
teutſchen Gebraͤuchen, noch aus den Heydenthum
herſchreibe, iſt eine Sonnen-klare Wahrheit, ob
es gleich denen, die in den Geſchichten der alten
Heyden unerfahren, etwas fremde anſcheinen
moͤchte. Wer ſich die Muͤhe giebt, viele von un-
ſern Ceremonien mit den Sitten der Heydniſchen,
Griechen und Roͤmer en parallel zu ſtellen, der
wird in vielen Stuͤcken eine groſſe Aehnlichkeit
wahrnehmen. Viele Gebraͤuche bey unſern Ga-
ſtereyen oder vielmehr bey unſern Freſſen und
Sauffen, ſind heydniſch, manche von unſern Luſt-
barkeiten und Divertiſſements bey Hochzeiten,
bey Dantzen, Comœdien, Operen, haben wir groſ-
ſen theils von den heydniſchen Roͤmern gelernt.
Wie wir nun in vielen Stuͤcken heydniſch leben, ſo
iſt auch bey unſerm Tode, bey der Betraurung und
bey den Leich-Proceſſionen der Unſrigen, manches
heydniſche Weſen, ſo theils von den Griechen und
Roͤmern, theils auch von unſern alten teutſchen
Vorfahren abſtammt, anzutreffen. Jnzwiſchen

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[13/0033] Von der Ceremoniel-Wiſſenſch. uͤberh. teutſchen Geſchichten ein wenig umſiehet, ſo findet man, daß eine Zeit von zehn bis zwoͤlff Jahren nicht ſelten bey denen Ceremoniel-Weſen, bey ei- nem und andern Punct, eine Veraͤnderung zu ver- anlaſſen pflegt; Durch die Liebe zur Veraͤnderung, iſt man auf viel thoͤrichtes gefallen, und hat man ei- niges in jetzigen Zeiten auf eine ſo hohe Spitze ge- trieben, daß es faſt nicht moͤglich, daß man etwas zuſetzen kan. §. 17. Daß ſich manches von unſern heutigen teutſchen Gebraͤuchen, noch aus den Heydenthum herſchreibe, iſt eine Sonnen-klare Wahrheit, ob es gleich denen, die in den Geſchichten der alten Heyden unerfahren, etwas fremde anſcheinen moͤchte. Wer ſich die Muͤhe giebt, viele von un- ſern Ceremonien mit den Sitten der Heydniſchen, Griechen und Roͤmer en parallel zu ſtellen, der wird in vielen Stuͤcken eine groſſe Aehnlichkeit wahrnehmen. Viele Gebraͤuche bey unſern Ga- ſtereyen oder vielmehr bey unſern Freſſen und Sauffen, ſind heydniſch, manche von unſern Luſt- barkeiten und Divertiſſements bey Hochzeiten, bey Dantzen, Comœdien, Operen, haben wir groſ- ſen theils von den heydniſchen Roͤmern gelernt. Wie wir nun in vielen Stuͤcken heydniſch leben, ſo iſt auch bey unſerm Tode, bey der Betraurung und bey den Leich-Proceſſionen der Unſrigen, manches heydniſche Weſen, ſo theils von den Griechen und Roͤmern, theils auch von unſern alten teutſchen Vorfahren abſtammt, anzutreffen. Jnzwiſchen iſt

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 13. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/33>, abgerufen am 21.11.2024.