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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728.

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I. Theil. I. Capitul.
ciellen Dingen erkundiget, so findet man unter Edel-
leuten, Bürgern und Bauern, bey dieser oder jener
öffentlichen Handlung, mancherley unterschiedene
Gebräuche, die bißweilen zwar einander ähnlich,
bißweilen aber auch gantz und gar ungleich sind.

§. 15. Die gantze Verfassung unsers Ceremo-
niel-
Wesens, besteht theils aus sehr alten und be-
ständigen, theils aus gantz neuen und veränderli-
chen, theils aus heydnischen theils aus christlichen,
theils aus frantzösischen und auswärtigen, theils
aus einheimischen, theils aus überflüßigen, thörich-
ten und lasterhafften, theils aber auch aus nöthigen,
vernünfftigen und löblichen Gebräuchen, welches
ich in folgenden etwas weitläufftiger erklären
will.

§. 16. Manches ist sehr alt, und durch eine be-
ständige Nachahmung von den grauen Vorfahren
auf die Nachkommen gebracht worden. Solte
man einen und andern Gebrauch aus den Alter-
thümern untersuchen, so würde man finden, daß
manche Ceremonie sich nicht allein von einigen
Seculis herschreiben, sondern auch über tausend
Jahr alt sey, und von den ältesten Ebräern, biß
auf unsere jetztlebenden Mit-Brüder gedrungen.
Doch machen diese in Ansehung der andern, die sich
von Zeiten zu Zeiten verändert, den kleinsten Theil
aus. Viele von unsern Gebräuchen, haben in der
gegenwärtigen Zeit eine gantz andere Gestalt ge-
wonnen, als sie vor ein paar Seculis, oder vor einem
Jahr-Hundert hatten, und wenn man sich in den

teutschen

I. Theil. I. Capitul.
ciellen Dingen erkundiget, ſo findet man unter Edel-
leuten, Buͤrgern und Bauern, bey dieſer oder jener
oͤffentlichen Handlung, mancherley unterſchiedene
Gebraͤuche, die bißweilen zwar einander aͤhnlich,
bißweilen aber auch gantz und gar ungleich ſind.

§. 15. Die gantze Verfaſſung unſers Ceremo-
niel-
Weſens, beſteht theils aus ſehr alten und be-
ſtaͤndigen, theils aus gantz neuen und veraͤnderli-
chen, theils aus heydniſchen theils aus chriſtlichen,
theils aus frantzoͤſiſchen und auswaͤrtigen, theils
aus einheimiſchen, theils aus uͤberfluͤßigen, thoͤrich-
ten und laſterhafften, theils aber auch aus noͤthigen,
vernuͤnfftigen und loͤblichen Gebraͤuchen, welches
ich in folgenden etwas weitlaͤufftiger erklaͤren
will.

§. 16. Manches iſt ſehr alt, und durch eine be-
ſtaͤndige Nachahmung von den grauen Vorfahren
auf die Nachkommen gebracht worden. Solte
man einen und andern Gebrauch aus den Alter-
thuͤmern unterſuchen, ſo wuͤrde man finden, daß
manche Ceremonie ſich nicht allein von einigen
Seculis herſchreiben, ſondern auch uͤber tauſend
Jahr alt ſey, und von den aͤlteſten Ebraͤern, biß
auf unſere jetztlebenden Mit-Bruͤder gedrungen.
Doch machen dieſe in Anſehung der andern, die ſich
von Zeiten zu Zeiten veraͤndert, den kleinſten Theil
aus. Viele von unſern Gebraͤuchen, haben in der
gegenwaͤrtigen Zeit eine gantz andere Geſtalt ge-
wonnen, als ſie vor ein paar Seculis, oder vor einem
Jahr-Hundert hatten, und wenn man ſich in den

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[12/0032] I. Theil. I. Capitul. ciellen Dingen erkundiget, ſo findet man unter Edel- leuten, Buͤrgern und Bauern, bey dieſer oder jener oͤffentlichen Handlung, mancherley unterſchiedene Gebraͤuche, die bißweilen zwar einander aͤhnlich, bißweilen aber auch gantz und gar ungleich ſind. §. 15. Die gantze Verfaſſung unſers Ceremo- niel-Weſens, beſteht theils aus ſehr alten und be- ſtaͤndigen, theils aus gantz neuen und veraͤnderli- chen, theils aus heydniſchen theils aus chriſtlichen, theils aus frantzoͤſiſchen und auswaͤrtigen, theils aus einheimiſchen, theils aus uͤberfluͤßigen, thoͤrich- ten und laſterhafften, theils aber auch aus noͤthigen, vernuͤnfftigen und loͤblichen Gebraͤuchen, welches ich in folgenden etwas weitlaͤufftiger erklaͤren will. §. 16. Manches iſt ſehr alt, und durch eine be- ſtaͤndige Nachahmung von den grauen Vorfahren auf die Nachkommen gebracht worden. Solte man einen und andern Gebrauch aus den Alter- thuͤmern unterſuchen, ſo wuͤrde man finden, daß manche Ceremonie ſich nicht allein von einigen Seculis herſchreiben, ſondern auch uͤber tauſend Jahr alt ſey, und von den aͤlteſten Ebraͤern, biß auf unſere jetztlebenden Mit-Bruͤder gedrungen. Doch machen dieſe in Anſehung der andern, die ſich von Zeiten zu Zeiten veraͤndert, den kleinſten Theil aus. Viele von unſern Gebraͤuchen, haben in der gegenwaͤrtigen Zeit eine gantz andere Geſtalt ge- wonnen, als ſie vor ein paar Seculis, oder vor einem Jahr-Hundert hatten, und wenn man ſich in den teutſchen

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 12. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/32>, abgerufen am 23.11.2024.