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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728.

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Vom Briefschreiben u. Correspondenz.

§. 6. Hat man Erlaubniß oder Befehl den Hö-
hern bißweilen etwas neues zu berichten, so muß
man in Uberschreibung der neuen Begebenheiten
sehr behutsam seyn, man muß sich sehr genau nach
deren Wahrheit und Richtigkeit erkundigen, und
die zweiffelhafften von den sichern und gewissen
wohl absondern. Man muß sich auch nicht so
weit vergehen, daß man ein Schreiben mit derglei-
chen Umständen anfüllen solte, welche der Auf-
mercksamkeit der Höhern nicht würdig, oder die
mit denen uns aufgetragenen Geschäfften nichts
gemeinschafftliches haben.

§. 7. Hat einem eine hohe Standes-Person oder
ein großer Minister die Gnade gethan, und an ei-
nen geschrieben, so muß man nicht damit prahlen,
und die Briefe die sie uns zugeschickt, nicht andern
Leuten lesen lassen, wie einige, die dergleichen Brief-
fe gar selten erhalten, und sich also sehr viel damit
wissen, zu thun gewohnt. Ob gleich nichts gehei-
mes darinnen enthalten, so ist es doch wider die
Ehrerbietung, die man ihnen zu leisten hat; denn
wo sie dergleichen wider erfahren solten, setzet man
sich bey ihnen in Verdacht, als ob wir in Zukunfft
mit allen ihren Briefen, die wir von ihnen erhalten,
eben so verfahren möchten, und machen uns also
derjenigen Befehle und Commissionen, die sie uns
sonst auftragen könten, unwürdig.

§. 8. Hierbey muß ich gedencken, daß es eine
gar unanständige und verdrießliche Sache, wenn
einige gewohnt sind, manche Briefe, deren Jnhalt

andere
X 3
Vom Briefſchreiben u. Correſpondenz.

§. 6. Hat man Erlaubniß oder Befehl den Hoͤ-
hern bißweilen etwas neues zu berichten, ſo muß
man in Uberſchreibung der neuen Begebenheiten
ſehr behutſam ſeyn, man muß ſich ſehr genau nach
deren Wahrheit und Richtigkeit erkundigen, und
die zweiffelhafften von den ſichern und gewiſſen
wohl abſondern. Man muß ſich auch nicht ſo
weit vergehen, daß man ein Schreiben mit derglei-
chen Umſtaͤnden anfuͤllen ſolte, welche der Auf-
merckſamkeit der Hoͤhern nicht wuͤrdig, oder die
mit denen uns aufgetragenen Geſchaͤfften nichts
gemeinſchafftliches haben.

§. 7. Hat einem eine hohe Standes-Perſon oder
ein großer Miniſter die Gnade gethan, und an ei-
nen geſchrieben, ſo muß man nicht damit prahlen,
und die Briefe die ſie uns zugeſchickt, nicht andern
Leuten leſen laſſen, wie einige, die dergleichen Brief-
fe gar ſelten erhalten, und ſich alſo ſehr viel damit
wiſſen, zu thun gewohnt. Ob gleich nichts gehei-
mes darinnen enthalten, ſo iſt es doch wider die
Ehrerbietung, die man ihnen zu leiſten hat; denn
wo ſie dergleichen wider erfahren ſolten, ſetzet man
ſich bey ihnen in Verdacht, als ob wir in Zukunfft
mit allen ihren Briefen, die wir von ihnen erhalten,
eben ſo verfahren moͤchten, und machen uns alſo
derjenigen Befehle und Commiſſionen, die ſie uns
ſonſt auftragen koͤnten, unwuͤrdig.

§. 8. Hierbey muß ich gedencken, daß es eine
gar unanſtaͤndige und verdrießliche Sache, wenn
einige gewohnt ſind, manche Briefe, deren Jnhalt

andere
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[325/0345] Vom Briefſchreiben u. Correſpondenz. §. 6. Hat man Erlaubniß oder Befehl den Hoͤ- hern bißweilen etwas neues zu berichten, ſo muß man in Uberſchreibung der neuen Begebenheiten ſehr behutſam ſeyn, man muß ſich ſehr genau nach deren Wahrheit und Richtigkeit erkundigen, und die zweiffelhafften von den ſichern und gewiſſen wohl abſondern. Man muß ſich auch nicht ſo weit vergehen, daß man ein Schreiben mit derglei- chen Umſtaͤnden anfuͤllen ſolte, welche der Auf- merckſamkeit der Hoͤhern nicht wuͤrdig, oder die mit denen uns aufgetragenen Geſchaͤfften nichts gemeinſchafftliches haben. §. 7. Hat einem eine hohe Standes-Perſon oder ein großer Miniſter die Gnade gethan, und an ei- nen geſchrieben, ſo muß man nicht damit prahlen, und die Briefe die ſie uns zugeſchickt, nicht andern Leuten leſen laſſen, wie einige, die dergleichen Brief- fe gar ſelten erhalten, und ſich alſo ſehr viel damit wiſſen, zu thun gewohnt. Ob gleich nichts gehei- mes darinnen enthalten, ſo iſt es doch wider die Ehrerbietung, die man ihnen zu leiſten hat; denn wo ſie dergleichen wider erfahren ſolten, ſetzet man ſich bey ihnen in Verdacht, als ob wir in Zukunfft mit allen ihren Briefen, die wir von ihnen erhalten, eben ſo verfahren moͤchten, und machen uns alſo derjenigen Befehle und Commiſſionen, die ſie uns ſonſt auftragen koͤnten, unwuͤrdig. §. 8. Hierbey muß ich gedencken, daß es eine gar unanſtaͤndige und verdrießliche Sache, wenn einige gewohnt ſind, manche Briefe, deren Jnhalt andere X 3

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 325. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/345>, abgerufen am 21.11.2024.