wenn sie sehen, daß ihre Herrschafft vor diesesmahl nicht enbel humeur sey, werden sie es uns zu unserer Nachricht entdecken, und anrathen, daß wir uns lieber einen andern Tag wieder einstellen möch- ten.
§. 15. Sind wir bey einen großen Minister ge- meldet worden, bey dem wir bald Audienz erlan- gen sollen, und seine Leute, wie es wohl zu geschehen pflegt, sind nicht selbst so höflich, daß sie uns in sein Vorgemach führen, so müssen wir selbst in dasje- nige Vorzimmer treten, welches Leuten von unserm Stand und Distinction gewidmet, damit wir nicht auf eine uns schimpfliche und unanständige Art uns mitten unter dem Pöbel aufhalten dürf- fen.
§. 16. Wir müssen uns vorhero genau erkundi- gen, was an diesem oder jenem Ort, bey diesem oder jenem Minister, bey den Visiten in Ansehung der Titulaturen, der Discourse, der Reverence, des Niedersetzens, des Begleitens u. s. w. eingeführt, damit wir nicht allein in allen Stücken das Cere- moniel gehörig beobachten, und ein gutes Accevil von ihm zu erwarten haben, sondern auch beurthei- len mögen, in wie weit wir von dem andern geach- tet und geehrt, oder geringer als andere von un- serm Stande und Umständen geschätzet werden, und was wir uns also in Zukunfft wohl von ihnen zu versprechen haben möchten.
§. 17. Man thut nicht wohl, wenn man dasje- nige, was an diesem Orte, bey diesem oder jenem
Mini-
II. Theil. V. Capitul.
wenn ſie ſehen, daß ihre Herrſchafft vor dieſesmahl nicht enbel humeur ſey, werden ſie es uns zu unſerer Nachricht entdecken, und anrathen, daß wir uns lieber einen andern Tag wieder einſtellen moͤch- ten.
§. 15. Sind wir bey einen großen Miniſter ge- meldet worden, bey dem wir bald Audienz erlan- gen ſollen, und ſeine Leute, wie es wohl zu geſchehen pflegt, ſind nicht ſelbſt ſo hoͤflich, daß ſie uns in ſein Vorgemach fuͤhren, ſo muͤſſen wir ſelbſt in dasje- nige Vorzimmer treten, welches Leuten von unſerm Stand und Diſtinction gewidmet, damit wir nicht auf eine uns ſchimpfliche und unanſtaͤndige Art uns mitten unter dem Poͤbel aufhalten duͤrf- fen.
§. 16. Wir muͤſſen uns vorhero genau erkundi- gen, was an dieſem oder jenem Ort, bey dieſem oder jenem Miniſter, bey den Viſiten in Anſehung der Titulaturen, der Diſcourſe, der Reverence, des Niederſetzens, des Begleitens u. ſ. w. eingefuͤhrt, damit wir nicht allein in allen Stuͤcken das Cere- moniel gehoͤrig beobachten, und ein gutes Accevil von ihm zu erwarten haben, ſondern auch beurthei- len moͤgen, in wie weit wir von dem andern geach- tet und geehrt, oder geringer als andere von un- ſerm Stande und Umſtaͤnden geſchaͤtzet werden, und was wir uns alſo in Zukunfft wohl von ihnen zu verſprechen haben moͤchten.
§. 17. Man thut nicht wohl, wenn man dasje- nige, was an dieſem Orte, bey dieſem oder jenem
Mini-
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0370"n="350"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b"><hirendition="#aq">II.</hi> Theil. <hirendition="#aq">V.</hi> Capitul.</hi></fw><lb/>
wenn ſie ſehen, daß ihre Herrſchafft vor dieſesmahl<lb/>
nicht <hirendition="#aq">enbel humeur</hi>ſey, werden ſie es uns zu unſerer<lb/>
Nachricht entdecken, und anrathen, daß wir uns<lb/>
lieber einen andern Tag wieder einſtellen moͤch-<lb/>
ten.</p><lb/><p>§. 15. Sind wir bey einen großen <hirendition="#aq">Miniſter</hi> ge-<lb/>
meldet worden, bey dem wir bald <hirendition="#aq">Audienz</hi> erlan-<lb/>
gen ſollen, und ſeine Leute, wie es wohl zu geſchehen<lb/>
pflegt, ſind nicht ſelbſt ſo hoͤflich, daß ſie uns in ſein<lb/>
Vorgemach fuͤhren, ſo muͤſſen wir ſelbſt in dasje-<lb/>
nige Vorzimmer treten, welches Leuten von unſerm<lb/>
Stand und <hirendition="#aq">Diſtinction</hi> gewidmet, damit wir nicht<lb/>
auf eine uns ſchimpfliche und unanſtaͤndige Art<lb/>
uns mitten unter dem Poͤbel aufhalten duͤrf-<lb/>
fen.</p><lb/><p>§. 16. Wir muͤſſen uns vorhero genau erkundi-<lb/>
gen, was an dieſem oder jenem Ort, bey dieſem oder<lb/>
jenem <hirendition="#aq">Miniſter,</hi> bey den <hirendition="#aq">Viſit</hi>en in Anſehung der<lb/><hirendition="#aq">Titulatur</hi>en, der <hirendition="#aq">Diſcourſe,</hi> der <hirendition="#aq">Reverence,</hi> des<lb/>
Niederſetzens, des Begleitens u. ſ. w. eingefuͤhrt,<lb/>
damit wir nicht allein in allen Stuͤcken das <hirendition="#aq">Cere-<lb/>
moniel</hi> gehoͤrig beobachten, und ein gutes <hirendition="#aq">Accevil</hi><lb/>
von ihm zu erwarten haben, ſondern auch beurthei-<lb/>
len moͤgen, in wie weit wir von dem andern geach-<lb/>
tet und geehrt, oder geringer als andere von un-<lb/>ſerm Stande und Umſtaͤnden geſchaͤtzet werden,<lb/>
und was wir uns alſo in Zukunfft wohl von ihnen<lb/>
zu verſprechen haben moͤchten.</p><lb/><p>§. 17. Man thut nicht wohl, wenn man dasje-<lb/>
nige, was an dieſem Orte, bey dieſem oder jenem<lb/><fwplace="bottom"type="catch"><hirendition="#aq">Mini-</hi></fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[350/0370]
II. Theil. V. Capitul.
wenn ſie ſehen, daß ihre Herrſchafft vor dieſesmahl
nicht enbel humeur ſey, werden ſie es uns zu unſerer
Nachricht entdecken, und anrathen, daß wir uns
lieber einen andern Tag wieder einſtellen moͤch-
ten.
§. 15. Sind wir bey einen großen Miniſter ge-
meldet worden, bey dem wir bald Audienz erlan-
gen ſollen, und ſeine Leute, wie es wohl zu geſchehen
pflegt, ſind nicht ſelbſt ſo hoͤflich, daß ſie uns in ſein
Vorgemach fuͤhren, ſo muͤſſen wir ſelbſt in dasje-
nige Vorzimmer treten, welches Leuten von unſerm
Stand und Diſtinction gewidmet, damit wir nicht
auf eine uns ſchimpfliche und unanſtaͤndige Art
uns mitten unter dem Poͤbel aufhalten duͤrf-
fen.
§. 16. Wir muͤſſen uns vorhero genau erkundi-
gen, was an dieſem oder jenem Ort, bey dieſem oder
jenem Miniſter, bey den Viſiten in Anſehung der
Titulaturen, der Diſcourſe, der Reverence, des
Niederſetzens, des Begleitens u. ſ. w. eingefuͤhrt,
damit wir nicht allein in allen Stuͤcken das Cere-
moniel gehoͤrig beobachten, und ein gutes Accevil
von ihm zu erwarten haben, ſondern auch beurthei-
len moͤgen, in wie weit wir von dem andern geach-
tet und geehrt, oder geringer als andere von un-
ſerm Stande und Umſtaͤnden geſchaͤtzet werden,
und was wir uns alſo in Zukunfft wohl von ihnen
zu verſprechen haben moͤchten.
§. 17. Man thut nicht wohl, wenn man dasje-
nige, was an dieſem Orte, bey dieſem oder jenem
Mini-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 350. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/370>, abgerufen am 26.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.