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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728.

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II. Theil. V. Capitul.
Visite soll antreiben lassen, lehren in besondern Fäl-
len die Regeln der Klugheit.

§. 29. Wer zu leben weiß, wird die Höhern, die
durch einen sehr hohen Grad von uns unterschieden,
nicht auf die Weise, wie seines gleichen, zu sich la-
den. Thun sie uns aber von freyen Stücken die
Gnade, und erbiethen sich, daß sie uns besuchen wol-
len, so muß man mit den grösten Complimens sich
dieser Gnade unwürdig bekennen, und so viel als
möglich suchen es von sich abzulehnen. Wollen
sie aber dem ungeachtet uns diese Gnade oder Ehre
gönnen, so müssen wir uns solches gefallen lassen,
und ihnen alsdenn alle nur ersinnliche Höflichkeit
und Respect zu erzeigen, bemühet seyn. Erlangt
man einige Nachricht vorhero, so muß man ihnen in
ordentlicher und proprer Kleidung entgegen kom-
men, ihrer an der Thüre des Hauses warten, man
muß sich bemühen, um seine Unterthänigkeit ihnen
zu erzeigen, alles Gute vorzusetzen, als man nur an
demselben Ort erlangen kan, sie auf das ange-
nehmste und beste unterhalten, und bey ihrem Ab-
schiede wieder biß an den Wagen unten begleiten.

§. 30. Der Frantzösische Groß-Cantzler, Mon-
sieur de Chevergny
ertheilt in seiner Instruction
bey der Materie seinen Sohn folgende Regeln:
Ceux, qui vons viennent visiter en votre mai-
son doeivent etri receus honorablement, selon
leurs qualites & par demontrations exterieuris
de bonnes volontes & Courtoisies, & par trai-
tement honnete & lieu dispose selon celuy,

qui

II. Theil. V. Capitul.
Viſite ſoll antreiben laſſen, lehren in beſondern Faͤl-
len die Regeln der Klugheit.

§. 29. Wer zu leben weiß, wird die Hoͤhern, die
durch einen ſehr hohen Grad von uns unterſchieden,
nicht auf die Weiſe, wie ſeines gleichen, zu ſich la-
den. Thun ſie uns aber von freyen Stuͤcken die
Gnade, und erbiethen ſich, daß ſie uns beſuchen wol-
len, ſo muß man mit den groͤſten Complimens ſich
dieſer Gnade unwuͤrdig bekennen, und ſo viel als
moͤglich ſuchen es von ſich abzulehnen. Wollen
ſie aber dem ungeachtet uns dieſe Gnade oder Ehre
goͤnnen, ſo muͤſſen wir uns ſolches gefallen laſſen,
und ihnen alsdenn alle nur erſinnliche Hoͤflichkeit
und Reſpect zu erzeigen, bemuͤhet ſeyn. Erlangt
man einige Nachricht vorhero, ſo muß man ihnen in
ordentlicher und proprer Kleidung entgegen kom-
men, ihrer an der Thuͤre des Hauſes warten, man
muß ſich bemuͤhen, um ſeine Unterthaͤnigkeit ihnen
zu erzeigen, alles Gute vorzuſetzen, als man nur an
demſelben Ort erlangen kan, ſie auf das ange-
nehmſte und beſte unterhalten, und bey ihrem Ab-
ſchiede wieder biß an den Wagen unten begleiten.

§. 30. Der Frantzoͤſiſche Groß-Cantzler, Mon-
ſieur de Chevergny
ertheilt in ſeiner Inſtruction
bey der Materie ſeinen Sohn folgende Regeln:
Ceux, qui vons viennent viſiter en vôtre mai-
ſon doîvent etri receus honorablement, ſelon
leurs qualites & par demontrations exterieuris
de bonnes volontes & Courtoiſies, & par trai-
tement honnete & lieu diſpoſe ſelon celuy,

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[358/0378] II. Theil. V. Capitul. Viſite ſoll antreiben laſſen, lehren in beſondern Faͤl- len die Regeln der Klugheit. §. 29. Wer zu leben weiß, wird die Hoͤhern, die durch einen ſehr hohen Grad von uns unterſchieden, nicht auf die Weiſe, wie ſeines gleichen, zu ſich la- den. Thun ſie uns aber von freyen Stuͤcken die Gnade, und erbiethen ſich, daß ſie uns beſuchen wol- len, ſo muß man mit den groͤſten Complimens ſich dieſer Gnade unwuͤrdig bekennen, und ſo viel als moͤglich ſuchen es von ſich abzulehnen. Wollen ſie aber dem ungeachtet uns dieſe Gnade oder Ehre goͤnnen, ſo muͤſſen wir uns ſolches gefallen laſſen, und ihnen alsdenn alle nur erſinnliche Hoͤflichkeit und Reſpect zu erzeigen, bemuͤhet ſeyn. Erlangt man einige Nachricht vorhero, ſo muß man ihnen in ordentlicher und proprer Kleidung entgegen kom- men, ihrer an der Thuͤre des Hauſes warten, man muß ſich bemuͤhen, um ſeine Unterthaͤnigkeit ihnen zu erzeigen, alles Gute vorzuſetzen, als man nur an demſelben Ort erlangen kan, ſie auf das ange- nehmſte und beſte unterhalten, und bey ihrem Ab- ſchiede wieder biß an den Wagen unten begleiten. §. 30. Der Frantzoͤſiſche Groß-Cantzler, Mon- ſieur de Chevergny ertheilt in ſeiner Inſtruction bey der Materie ſeinen Sohn folgende Regeln: Ceux, qui vons viennent viſiter en vôtre mai- ſon doîvent etri receus honorablement, ſelon leurs qualites & par demontrations exterieuris de bonnes volontes & Courtoiſies, & par trai- tement honnete & lieu diſpoſe ſelon celuy, qui

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 358. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/378>, abgerufen am 26.11.2024.