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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728.

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II. Theil. V. Capitul.
Wer in der Welt ein wenig gewesen, weiß es schon
selbst, und wer es nicht weiß, darff sich bey andern
erkundigen, oder meinetwegen auch die Compli-
mentir-
Bücher nachschlagen. Zum wenigsten
sind die alt Teutschen Ceremonien, da man einen
fremden Gast bloß die rechte Hand both, die der
ander brav schütteln muste, in Teutschland heuti-
ges Tages nicht mehr Mode. Jn Pommern
müssen sie in dem vorigen Seculo viel auf das Hän-
de schütteln gehalten haben. Denn es gedencket
ein alter Pommerischer Historicus, der im XVI. Se-
culo
geschrieben, daß ein alter Pommerischer
Edelmann, Henning von Güntersberg pflegen zu
sagen: Wer einen guten Freund willkommen
heissen wolte, und gäbe ihm nicht die rechte volle
Batsch-Hand, die er recht drücken und schütteln
müste, wäre nicht aufrichtig. Der Autor schilt
auch selbst auf die, welche einander die Händekaum
recht anrühren, als wenn sie sich vor des andern
Krätz-Händen scheueten. Er sagt, wer einem die
Hand nicht recht gäbe, würde auch nicht viel Glau-
ben halten. S. das II. Stück von Alt- und Neu-
Pommerland. p. 139.

§. 34. Hat man den Besuch von Leuten unter-
schiedenen Standes, und einer gehet weg, die an-
dern aber bleiben, so hat man wohl zu beobachten,
daß, so die weggehende Person höher, als die blei-
benden, man sie zurück begleiten muß, ist sie aber
eine geringere, so läst man sie gehen, indem man
gegen sie eine Entschuldigung macht, sind sie aber

gleich,

II. Theil. V. Capitul.
Wer in der Welt ein wenig geweſen, weiß es ſchon
ſelbſt, und wer es nicht weiß, darff ſich bey andern
erkundigen, oder meinetwegen auch die Compli-
mentir-
Buͤcher nachſchlagen. Zum wenigſten
ſind die alt Teutſchen Ceremonien, da man einen
fremden Gaſt bloß die rechte Hand both, die der
ander brav ſchuͤtteln muſte, in Teutſchland heuti-
ges Tages nicht mehr Mode. Jn Pommern
muͤſſen ſie in dem vorigen Seculo viel auf das Haͤn-
de ſchuͤtteln gehalten haben. Denn es gedencket
ein alter Pommeriſcher Hiſtoricus, der im XVI. Se-
culo
geſchrieben, daß ein alter Pommeriſcher
Edelmann, Henning von Guͤntersberg pflegen zu
ſagen: Wer einen guten Freund willkommen
heiſſen wolte, und gaͤbe ihm nicht die rechte volle
Batſch-Hand, die er recht druͤcken und ſchuͤtteln
muͤſte, waͤre nicht aufrichtig. Der Autor ſchilt
auch ſelbſt auf die, welche einander die Haͤndekaum
recht anruͤhren, als wenn ſie ſich vor des andern
Kraͤtz-Haͤnden ſcheueten. Er ſagt, wer einem die
Hand nicht recht gaͤbe, wuͤrde auch nicht viel Glau-
ben halten. S. das II. Stuͤck von Alt- und Neu-
Pommerland. p. 139.

§. 34. Hat man den Beſuch von Leuten unter-
ſchiedenen Standes, und einer gehet weg, die an-
dern aber bleiben, ſo hat man wohl zu beobachten,
daß, ſo die weggehende Perſon hoͤher, als die blei-
benden, man ſie zuruͤck begleiten muß, iſt ſie aber
eine geringere, ſo laͤſt man ſie gehen, indem man
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[360/0380] II. Theil. V. Capitul. Wer in der Welt ein wenig geweſen, weiß es ſchon ſelbſt, und wer es nicht weiß, darff ſich bey andern erkundigen, oder meinetwegen auch die Compli- mentir-Buͤcher nachſchlagen. Zum wenigſten ſind die alt Teutſchen Ceremonien, da man einen fremden Gaſt bloß die rechte Hand both, die der ander brav ſchuͤtteln muſte, in Teutſchland heuti- ges Tages nicht mehr Mode. Jn Pommern muͤſſen ſie in dem vorigen Seculo viel auf das Haͤn- de ſchuͤtteln gehalten haben. Denn es gedencket ein alter Pommeriſcher Hiſtoricus, der im XVI. Se- culo geſchrieben, daß ein alter Pommeriſcher Edelmann, Henning von Guͤntersberg pflegen zu ſagen: Wer einen guten Freund willkommen heiſſen wolte, und gaͤbe ihm nicht die rechte volle Batſch-Hand, die er recht druͤcken und ſchuͤtteln muͤſte, waͤre nicht aufrichtig. Der Autor ſchilt auch ſelbſt auf die, welche einander die Haͤndekaum recht anruͤhren, als wenn ſie ſich vor des andern Kraͤtz-Haͤnden ſcheueten. Er ſagt, wer einem die Hand nicht recht gaͤbe, wuͤrde auch nicht viel Glau- ben halten. S. das II. Stuͤck von Alt- und Neu- Pommerland. p. 139. §. 34. Hat man den Beſuch von Leuten unter- ſchiedenen Standes, und einer gehet weg, die an- dern aber bleiben, ſo hat man wohl zu beobachten, daß, ſo die weggehende Perſon hoͤher, als die blei- benden, man ſie zuruͤck begleiten muß, iſt ſie aber eine geringere, ſo laͤſt man ſie gehen, indem man gegen ſie eine Entſchuldigung macht, ſind ſie aber gleich,

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 360. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/380>, abgerufen am 26.11.2024.