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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728.

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Von dem Umgang mit Frauenzimmer.
daß, theils bey Hofe, theils in andern Gesellschaff-
ten, die in einer ziemlich gleichen Anzahl Cavaliers
u. Damen bestehen, so genandte bunte Reyhen ange-
stellt werden, da einem ein Frauenzimmer auf einige
Stunden durch das Looß zu theil wird, so muß sich
ein junger Cavalier auch bey demselben vernünfftig
zu conduisiren wissen. Er muß nicht begierig seyn
in Abforderung der Looße, sondern seine Ehre er-
warten, biß die Reyhe an ihn kömmt, er muß auch
nicht vorwitzig seyn in Erforschung der andern ihre
Looße, zumahl bey Fremden und bey Höhern, vor
die er Ehrerbietung haben muß, noch weniger, wo er
vermuthet, daß ihm eine gewisse Parthie nicht recht
anständig seyn möchte, sein Looß gegen ein andres
vertauschen. Muß mancher eine unartige Frau
Zeit seines Lebens am Halse behalten, ohne daß er
ihrer loß werden kan, so kan man ja auch wohl ein
unartig Frauenzimmer ein paar Stunden an der
Tafel als eine Nachbarin bey sich haben. Es ist
einem hochmüthigen oder eigensinnischen Frauen-
zimmer sehr unanständig, wenn sie ein gewiß Looß
austauschet, da sie etwan vermuthet, daß sie dem
Looße nach keinen recht anständigen Cavalier zum
Nachbar bekommen werde, weil er etwan nicht
hoch genug characterisirt, oder sonst nicht nach ih-
rem Humeur, einem Cavalier aber, der den Dames
dem Wohlstand nach eine gleiche Höflichkeit, ob-
wohl bey ungleicher Hochachtung, schuldig, ist die-
ses noch viel unanständiger.

§. 18. Hat man seine so genannte Frau bey der

bunten
A a 5

Von dem Umgang mit Frauenzimmer.
daß, theils bey Hofe, theils in andern Geſellſchaff-
ten, die in einer ziemlich gleichen Anzahl Cavaliers
u. Damen beſtehen, ſo genandte bunte Reyhen ange-
ſtellt werden, da einem ein Frauenzimmer auf einige
Stunden durch das Looß zu theil wird, ſo muß ſich
ein junger Cavalier auch bey demſelben vernuͤnfftig
zu conduiſiren wiſſen. Er muß nicht begierig ſeyn
in Abforderung der Looße, ſondern ſeine Ehre er-
warten, biß die Reyhe an ihn koͤmmt, er muß auch
nicht vorwitzig ſeyn in Erforſchung der andern ihre
Looße, zumahl bey Fremden und bey Hoͤhern, vor
die er Ehrerbietung haben muß, noch weniger, wo er
vermuthet, daß ihm eine gewiſſe Parthie nicht recht
anſtaͤndig ſeyn moͤchte, ſein Looß gegen ein andres
vertauſchen. Muß mancher eine unartige Frau
Zeit ſeines Lebens am Halſe behalten, ohne daß er
ihrer loß werden kan, ſo kan man ja auch wohl ein
unartig Frauenzimmer ein paar Stunden an der
Tafel als eine Nachbarin bey ſich haben. Es iſt
einem hochmuͤthigen oder eigenſinniſchen Frauen-
zimmer ſehr unanſtaͤndig, wenn ſie ein gewiß Looß
austauſchet, da ſie etwan vermuthet, daß ſie dem
Looße nach keinen recht anſtaͤndigen Cavalier zum
Nachbar bekommen werde, weil er etwan nicht
hoch genug characteriſirt, oder ſonſt nicht nach ih-
rem Humeur, einem Cavalier aber, der den Dames
dem Wohlſtand nach eine gleiche Hoͤflichkeit, ob-
wohl bey ungleicher Hochachtung, ſchuldig, iſt die-
ſes noch viel unanſtaͤndiger.

§. 18. Hat man ſeine ſo genannte Frau bey der

bunten
A a 5
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[377/0397] Von dem Umgang mit Frauenzimmer. daß, theils bey Hofe, theils in andern Geſellſchaff- ten, die in einer ziemlich gleichen Anzahl Cavaliers u. Damen beſtehen, ſo genandte bunte Reyhen ange- ſtellt werden, da einem ein Frauenzimmer auf einige Stunden durch das Looß zu theil wird, ſo muß ſich ein junger Cavalier auch bey demſelben vernuͤnfftig zu conduiſiren wiſſen. Er muß nicht begierig ſeyn in Abforderung der Looße, ſondern ſeine Ehre er- warten, biß die Reyhe an ihn koͤmmt, er muß auch nicht vorwitzig ſeyn in Erforſchung der andern ihre Looße, zumahl bey Fremden und bey Hoͤhern, vor die er Ehrerbietung haben muß, noch weniger, wo er vermuthet, daß ihm eine gewiſſe Parthie nicht recht anſtaͤndig ſeyn moͤchte, ſein Looß gegen ein andres vertauſchen. Muß mancher eine unartige Frau Zeit ſeines Lebens am Halſe behalten, ohne daß er ihrer loß werden kan, ſo kan man ja auch wohl ein unartig Frauenzimmer ein paar Stunden an der Tafel als eine Nachbarin bey ſich haben. Es iſt einem hochmuͤthigen oder eigenſinniſchen Frauen- zimmer ſehr unanſtaͤndig, wenn ſie ein gewiß Looß austauſchet, da ſie etwan vermuthet, daß ſie dem Looße nach keinen recht anſtaͤndigen Cavalier zum Nachbar bekommen werde, weil er etwan nicht hoch genug characteriſirt, oder ſonſt nicht nach ih- rem Humeur, einem Cavalier aber, der den Dames dem Wohlſtand nach eine gleiche Hoͤflichkeit, ob- wohl bey ungleicher Hochachtung, ſchuldig, iſt die- ſes noch viel unanſtaͤndiger. §. 18. Hat man ſeine ſo genannte Frau bey der bunten A a 5

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 377. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/397>, abgerufen am 24.11.2024.