insonderheit ist es sehr tändelhafft, wenn sich einige bey dem Frauenzimmer ein Affections-Bändgen zum Andencken ausbitten; es ist dieses Kindern in ihrer Kindheit oder Gymnasiasten auf Gymnasiis, als Leuten, denen man nachsagen soll, daß sie wohl zu leben wissen, anständiger. Manch qualificirt und ernsthafft Frauenzimmer würde denjenigen, der damit angezogen käme, gewaltig auslachen.
§. 26. Es ist nichts gewöhnlicher, als daß junge Leute, auf niedern oder höhern Schulen, oder auch wohl an andern Orten, ihre Selinden, Lisimenen, und wie sie weiter heissen, mit einer nächtlichen Mu- sic beehren. Wo dergleichen eingeführt, läst mans gelten, man muß aber nicht dencken, als ob diese Gewohnheit sich allenthalben in Fürstlichen gros- sen Residentien nachahmen lasse. Will ein Ca- valier einer Dame mit einer Nacht-Music aufwar- ten, so muß er vorher mancherley Umstände in Be- trachtung ziehen: Er muß überlegen, ob dergleichen in diesem oder jenem Orte eingeführt, ob die Dame eine grosse Liebhaberin von der Music, ob die Music so beschaffen, daß er hofft Ehre damit einzulegen, insonderheit aber, ob er versichert, daß solches mit ihrer Erlaubniß und Genehmhaltung geschehen werde.
Das
II. Theil. VI. Capitul.
inſonderheit iſt es ſehr taͤndelhafft, wenn ſich einige bey dem Frauenzimmer ein Affections-Baͤndgen zum Andencken ausbitten; es iſt dieſes Kindern in ihrer Kindheit oder Gymnaſiaſten auf Gymnaſiis, als Leuten, denen man nachſagen ſoll, daß ſie wohl zu leben wiſſen, anſtaͤndiger. Manch qualificirt und ernſthafft Frauenzimmer wuͤrde denjenigen, der damit angezogen kaͤme, gewaltig auslachen.
§. 26. Es iſt nichts gewoͤhnlicher, als daß junge Leute, auf niedern oder hoͤhern Schulen, oder auch wohl an andern Orten, ihre Selinden, Liſimenen, und wie ſie weiter heiſſen, mit einer naͤchtlichen Mu- ſic beehren. Wo dergleichen eingefuͤhrt, laͤſt mans gelten, man muß aber nicht dencken, als ob dieſe Gewohnheit ſich allenthalben in Fuͤrſtlichen groſ- ſen Reſidentien nachahmen laſſe. Will ein Ca- valier einer Dame mit einer Nacht-Muſic aufwar- ten, ſo muß er vorher mancherley Umſtaͤnde in Be- trachtung ziehen: Er muß uͤberlegen, ob dergleichen in dieſem oder jenem Orte eingefuͤhrt, ob die Dame eine groſſe Liebhaberin von der Muſic, ob die Muſic ſo beſchaffen, daß er hofft Ehre damit einzulegen, inſonderheit aber, ob er verſichert, daß ſolches mit ihrer Erlaubniß und Genehmhaltung geſchehen werde.
Das
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0404"n="384"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b"><hirendition="#aq">II.</hi> Theil. <hirendition="#aq">VI.</hi> Capitul.</hi></fw><lb/>
inſonderheit iſt es ſehr taͤndelhafft, wenn ſich einige<lb/>
bey dem Frauenzimmer ein <hirendition="#aq">Affections</hi>-Baͤndgen<lb/>
zum Andencken ausbitten; es iſt dieſes Kindern in<lb/>
ihrer Kindheit oder <hirendition="#aq">Gymnaſiaſt</hi>en auf <hirendition="#aq">Gymnaſiis,</hi><lb/>
als Leuten, denen man nachſagen ſoll, daß ſie wohl<lb/>
zu leben wiſſen, anſtaͤndiger. Manch <hirendition="#aq">qualifici</hi>rt<lb/>
und ernſthafft Frauenzimmer wuͤrde denjenigen,<lb/>
der damit angezogen kaͤme, gewaltig auslachen.</p><lb/><p>§. 26. Es iſt nichts gewoͤhnlicher, als daß junge<lb/>
Leute, auf niedern oder hoͤhern Schulen, oder auch<lb/>
wohl an andern Orten, ihre <hirendition="#aq">Selind</hi>en, <hirendition="#aq">Liſimen</hi>en,<lb/>
und wie ſie weiter heiſſen, mit einer naͤchtlichen <hirendition="#aq">Mu-<lb/>ſic</hi> beehren. Wo dergleichen eingefuͤhrt, laͤſt mans<lb/>
gelten, man muß aber nicht dencken, als ob dieſe<lb/>
Gewohnheit ſich allenthalben in Fuͤrſtlichen groſ-<lb/>ſen <hirendition="#aq">Reſidenti</hi>en nachahmen laſſe. Will ein <hirendition="#aq">Ca-<lb/>
valier</hi> einer <hirendition="#aq">Dame</hi> mit einer Nacht-<hirendition="#aq">Muſic</hi> aufwar-<lb/>
ten, ſo muß er vorher mancherley Umſtaͤnde in Be-<lb/>
trachtung ziehen: Er muß uͤberlegen, ob dergleichen<lb/>
in dieſem oder jenem Orte eingefuͤhrt, ob die <hirendition="#aq">Dame</hi><lb/>
eine groſſe Liebhaberin von der <hirendition="#aq">Muſic,</hi> ob die <hirendition="#aq">Muſic</hi><lb/>ſo beſchaffen, daß er hofft Ehre damit einzulegen,<lb/><hirendition="#c">inſonderheit aber, ob er verſichert, daß ſolches mit<lb/>
ihrer Erlaubniß und Genehmhaltung<lb/>
geſchehen werde.</hi></p></div><lb/><fwplace="bottom"type="catch"><hirendition="#b">Das</hi></fw><lb/></body></text></TEI>
[384/0404]
II. Theil. VI. Capitul.
inſonderheit iſt es ſehr taͤndelhafft, wenn ſich einige
bey dem Frauenzimmer ein Affections-Baͤndgen
zum Andencken ausbitten; es iſt dieſes Kindern in
ihrer Kindheit oder Gymnaſiaſten auf Gymnaſiis,
als Leuten, denen man nachſagen ſoll, daß ſie wohl
zu leben wiſſen, anſtaͤndiger. Manch qualificirt
und ernſthafft Frauenzimmer wuͤrde denjenigen,
der damit angezogen kaͤme, gewaltig auslachen.
§. 26. Es iſt nichts gewoͤhnlicher, als daß junge
Leute, auf niedern oder hoͤhern Schulen, oder auch
wohl an andern Orten, ihre Selinden, Liſimenen,
und wie ſie weiter heiſſen, mit einer naͤchtlichen Mu-
ſic beehren. Wo dergleichen eingefuͤhrt, laͤſt mans
gelten, man muß aber nicht dencken, als ob dieſe
Gewohnheit ſich allenthalben in Fuͤrſtlichen groſ-
ſen Reſidentien nachahmen laſſe. Will ein Ca-
valier einer Dame mit einer Nacht-Muſic aufwar-
ten, ſo muß er vorher mancherley Umſtaͤnde in Be-
trachtung ziehen: Er muß uͤberlegen, ob dergleichen
in dieſem oder jenem Orte eingefuͤhrt, ob die Dame
eine groſſe Liebhaberin von der Muſic, ob die Muſic
ſo beſchaffen, daß er hofft Ehre damit einzulegen,
inſonderheit aber, ob er verſichert, daß ſolches mit
ihrer Erlaubniß und Genehmhaltung
geſchehen werde.
Das
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 384. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/404>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.